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286 - Der körperlose Herrscher

286 - Der körperlose Herrscher

Titel: 286 - Der körperlose Herrscher
Autoren: Michelle Stern
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Fernes Klackern und eine sanfte Wellenbewegung schwappten zu ihnen herein.
    Quart'ol fuhr herum. »Was ist da los?«
    »Das große Licht der Grotte.« Mer'ol schwamm zum Ausgang der Höhle. »Es gibt einen Angriff. Mit dem Licht rufen sie alles, was schwimmen kann, zur Verteidigung.«
    »Gilam'esh!« Quart'ol erstarrte. Er hatte einen Augenblick lang vergessen, warum er gekommen war. Das Treffen mit Mer'ol hatte ihn abgelenkt.
    Mer'ol sah ihn mit großen Augen an. »Gilam'esh ist gekommen?«
    Quart'ol verschwendete keine Zeit mit Erklärungen. Er stieß sich aus der Höhle und kraulte auf den Herd der Unruhe zu. Im Zentrum der Stadt war eine Schlacht im Gang, die mit jedem Schwimmzug lauter wurde.
    »Gilam'esh«, klackte Quart'ol erneut, schoss um ein Kuppelgebäude - und sah die Übermacht von Mar'os-Jüngern, die Gilam'esh und seine Truppe eingekreist hatte. Der Prophet verteidigte sich heldenhaft, aber er befand sich in einer auswegslosen Situation. Gleich fünf Mar'osianer drangen auf ihn ein.
    Quart'ol starrte verzweifelt zu dem Freund hin. Er schwamm weiter, auch wenn er sich selbst damit in Gefahr brachte.
    Sie waren von einer vollkommen anderen Situation ausgegangen. Von Sar'kirs Anwesenheit und einem politischen Kalkül. Wie hätten sie wissen sollen, dass ein grausames Steinwesen die Throngrotte von Neu-Martok'shimre besetzt hielt? Er musste Gilam'esh retten.
    »Warte!« Mer'ol packte seinen Arm. »Bleib bei mir! Es ist zu spät. Du kannst Gilam'esh nicht helfen. Nicht in dieser Schlacht. Es sind zu viele.«
    Quart'ol hielt inne. Seine Gedanken klärten sich. Mer'ol hatte recht. Aber was half das? Er war davon ausgegangen, Gilam'esh im Notfall befreien zu können, wenn Sar'kir ihn als politischen Gefangenen nahm. Was, wenn das Steinwesen den Geistwanderer töten ließ? Seine Motive waren unergründlich und das Handeln dieser fremdartigen Kreatur nicht vorhersehbar.
    Quart'ols Sichtfeld verschwamm vor seinen Augen. Er war in einen Albtraum geraten und er wusste nicht, wie er daraus wieder erwachen sollte. Hilflos musste er ansehen, wie ein Mar'os-Jünger mit Dreizack Gilam'esh niederschlug und ihn mit sich zerrte…
    ***
    Setz mich ein! Mutter spürte, wie sie vor Aufregung vibrierte. Ihr Körper wurde von warmen Wellen durchpulst, während sie durch E'fahs Augen sah und das wunderschöne bionetische Geschöpf erblickte, das ihr gehören… nein, mehr noch: das Teil von ihr werden würde!
    Quesra'nol wollte zur Stele schwimmen, doch sie stoppte ihn. Nein! E'fah wird das tun!
    Mit gesenktem Kopf verharrte der Hydree. In seinen Gedanken herrschte das Chaos. Ahnte er, was gleich mit ihm passieren würde? Nun, sollte er nur. Sie würde verhindern, dass er etwas gegen sie unternehmen konnte.
    E'fah hob sie samt der kunstvoll bearbeiteten Platte von der Stele und ging auf die prachtvolle Spinne zu, die in einem zarten Braunorange glimmte. Die Beine waren eingeknickt, sodass der kugelförmige Rumpf nur einen Meter über dem Boden schwebte. Langsam - Schwimmstoß um Schwimmstoß - kam sie der bionetischen Spinne entgegen. Dabei ließ sie Quesra'nol nicht aus ihrem geistigen Griff. Der Hydree unterschätzte sie. Sie wusste, dass er ihr schaden wollte, auch wenn sie nicht sagen konnte, wie. Aber das spielte keine Rolle mehr. Quesra'nol war bald Geschichte.
    E'fah schwamm zu der Öffnung im Rumpf und kippte die Platte vorsichtig, damit Mutter auf die richtige Position sinken konnte.
    Ein Taumel aus Gefühlen, der sie selbst überraschte, erfüllte sie. Es war, als habe die Verbindung mit den Hydriten sie verändert und empfänglicher für die Empfindungen von organischen Lebewesen gemacht. Sie sank in das bionetische Material, das sich weich und sicher anfühlte. Es gab ihr Vertrauen und Geborgenheit.
    Ein eigener Körper. Endlich. Meine Zeit als körperloser Herrscher ist vorbei.
    Sie lenkte ihre Gedanken in das bionetische Material. Zuerst spürte sie nichts, dann erkannte sie etwas, das wie ein schwacher Wille war. Mehr ein Vorbewusstsein als ein Bewusstsein, aber es war ausreichend, um es zu unterwerfen.
    Hoch , befahl Mutter herrisch und die Spinne begann unter ihr zu rucken. Es funktionierte!
    Sie lenkte ihren Gedankenstrom durch das bionetische Material und fand das Interface, das sie mit dem Auge der künstlichen Kreatur verband. Vor ihr baute sich ein verschwommenes Bild auf, das schärfer wurde, je mehr sie sich konzentrierte.
    Sie spürte, dass die Kontrolle Kraft kostete. Es würde auf Dauer unmöglich
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