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284 - Augen der Ewigkeit

284 - Augen der Ewigkeit

Titel: 284 - Augen der Ewigkeit
Autoren: Oliver Fröhlich
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um ein Raumschiff gehandelt hatte. Matt vermutete, dass der Vorfall mit den Marsianern der Mondstation zusammenhing, zu denen seit Februar dieses Jahres der Kontakt abgerissen war. Deshalb waren sie nun auf dem Weg zur Absturzstelle - um zu ergründen, was passiert war, und eventuelle Überlebende zu suchen.
    Obwohl es erst Nachmittag war, herrschte wegen der dicken Wolkendecke draußen ein gespenstisches Zwielicht. Der Regen prasselte auf PROTO ein und man verstand drinnen kaum noch sein eigenes Wort. Zu allem Überfluss war die Gegend extrem waldreich, sodass Matt nicht annähernd das aus dem Panzer holen konnte, was in ihm steckte.
    Matt gähnte so heftig, dass er seine Kiefergelenke knacken hörte.
    »Soll ich fahren?«, bot sich Xij an. »Dann kannst du dich etwas hinlegen.«
    Der Mann aus der Vergangenheit grinste. »Du machst dich zwar gut als Fahrschülerin - aber bei dieser Witterung und diesen Sichtverhältnissen lieber nicht.« Anfangs hatte er sie bestenfalls den Motor starten lassen, aber da sie sich als lernbegierig erwiesen hatte, durfte sie inzwischen auch ab und zu ans Steuer. »Solange du nicht den Führerschein der Klasse XXL bestanden hast, bleibt dein Fahrlehrer schön an deiner Seite!«
    »Bräuchte ich da nicht eher die Klasse F?«
    Matt zuckte zusammen. Da war es wieder, dieses Wissen aus der Zeit vor dem Kometen, über das Xij offenbar verfügte. Aus seinen Jahren in Berlin wusste er, dass es sich bei F um die deutsche militärische Führerscheinklasse für Kettenfahrzeuge handelte. Doch woher wusste Xij davon? Sie zu fragen hatte keinen Sinn, da die junge Frau so gut wie nichts über ihre Vergangenheit verriet.
    »Also gut, dann übernimm mal«, lenkte Matt ein. »Aber ich lass dich nicht aus den Augen!«
    Wieder grinste Xij und streckte ihm die violette Zunge entgegen.
    Eine gute Stunde später hörte der Regen von einer Sekunde auf die andere auf. Im ersten Moment kam die plötzliche Ruhe im Panzer Matt unnatürlich vor.
    Kurz darauf betrat Aruula das Cockpit. Offenbar hatte sie sich von den Leiden der Überfahrt erholt, auch wenn sie noch immer ein bisschen blass um die Nase wirkte.
    »Alles klar da hinten bei euch?«, fragte Matt.
    Aruula winkte nur ab und versuchte sich an einem Lächeln. »Natürlich. Ich war nur etwas müde. Wo sind wir gerade?«
    Matt rief auf einem der Bildschirme eine Landkarte auf. Sie zeigte das Europa vor dem Einschlag von »Christopher-Floyd«, sodass er sich selbst erst orientieren musste. Unter anderem hatte sich die Erdachse verschoben. Also drehte Matt die Anzeige ein wenig im Uhrzeigersinn, bis es etwa den aktuellen Gegebenheiten entsprach. Dann versuchte er sich all die Küstengegenden wegzudenken, die sich das Meer zurückgeholt hatte. Er zoomte in die Karte hinein und zeigte auf einen Punkt in Belgien. »Ungefähr hier.«
    Im gleichen Augenblick rann ihm ein Schauer über den Rücken. Sein Finger ruhte nur knapp links neben Brüssel. Oder Bryssels, wie man es heutzutage nannte.
    Eine unangenehme Erinnerung kam in ihm hoch. In seinem ersten Jahr in dieser postapokalyptischen Welt war er mit Aruula in eine Siedlung am Fuße des Atomiums gekommen. Seine Gefährtin hatte sich kurz zuvor eine Blutvergiftung zugezogen und schwebte zwischen Leben und Tod. Da traf es sich gut, dass in dem Kugelgerüst die Nachfahren einer Gruppe von Ärzten lebten, die die Bryssler als Heiler verehrten. Doch schnell musste Matt feststellen, dass sie ihr medizinisches Wissen verloren hatten. Das hinderte sie jedoch nicht daran, den Kranken ihre Kunst angedeihen zu lassen - und diese dabei versehentlich mit der Pest infizierten. [2]
    Matt hatte die verseuchten Heiler und die Dorfgemeinschaft zwar vor dem Schlimmsten bewahren und die Pesterreger vernichten können, dennoch zog es ihn nicht mehr in diese Gegend zurück. »Ich habe gerade beschlossen, dass wir einen kleinen Umweg nehmen«, sagte er. »Wir halten uns südlich und biegen erst später in östliche Richtung ab.«
    »Warum?«, wollte Xij wissen.
    »Wir hatten vor einigen Jahren hier in der Gegend eine unangenehme Begegnung mit Pestviren. Die möchte ich nicht wiederholen.«
    »Die Pest wird von Bakterien verursacht, nicht von Viren.«
    »Von mir aus. Trotzdem kann mir Brüssel gestohlen bleiben. Ich übernehme das Steuer.«
    Auf der weiteren Fahrt wanderten Matts Gedanken immer wieder zu Xij. Was war das Geheimnis der jungen Frau? War sie ebenfalls eine Zeitreisende, die der Strahl der Hydree in die Zukunft geschleudert
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