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284 - Augen der Ewigkeit

284 - Augen der Ewigkeit

Titel: 284 - Augen der Ewigkeit
Autoren: Oliver Fröhlich
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Archaebakterien -«
    »Stopp! Ersparen Sie mir Ihr dämliches medizinisches Geschwätz. Erklären Sie es mir gefälligst so, dass ich es verstehe.«
    Wenn die Attacke Dr. Cormand getroffen hatte, zeigte er es nicht. »Sie leiden an einer extrem seltenen Form der Krankheit.«
    »Und das heißt? Die Therapie würde bei mir nicht greifen?«
    »Zumindest nicht diese Art. Es bedürfte noch erheblich mehr an Forschung und Tests, um die Therapie auf Ihre Bedürfnisse auszurichten.«
    Milan runzelte die Stirn. Verstand er das richtig, was Cormand ihm da gerade verkaufen wollte? »Aber es wäre möglich?«
    »Ja.«
    »Warum in Gottes Namen weigern sie sich dann?«
    »Weil die nötigen Forschungen in eine völlig andere Richtung gingen und nur Ihnen zugutekämen. Die Wissenschaftler sind nicht bereit, die Hoffnung von Tausenden… ach was, von Millionen anderer Patienten zu enttäuschen, nur um einem - Ihnen! - helfen zu können.«
    »Wie viel?«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Rufen Sie im Institut an. Sagen Sie denen, ich bin zu einer großzügigen Spende bereit. Wie viel muss ich zahlen, dass sie weitermachen? Zwei Millionen Euro?«
    Cormand schüttelte den Kopf. »Das wäre keine Spende, sondern Bestechung. Aber es geht nicht um Geld. Die Projekte werden mit umfangreichen Beihilfen der EU finanziert.«
    »Fünf Millionen!«
    »Tut mir leid, nein.« Der Arzt senkte die Stimme und fuhr in aufrichtig traurig klingendem Tonfall fort: »Um ehrlich zu sein, habe ich in Ihrem Namen sogar schon zehn Millionen angeboten. Sie lassen sich nicht umstimmen.«
    »Weil sie ihren Geldgebern von der EU berichten müssen und es nicht verantworten können«, brauste Milan auf. Was tue ich hier eigentlich? , fragte er sich im gleichen Augenblick. Versuche ich wirklich, die Forscher aus ihren Verpflichtungen freizukaufen? Auf Kosten zahlloser Patienten, die all ihre Hoffnungen in die neue Therapieform setzen?
    Doch er konnte nicht aufhören. Schließlich hatte auch er Hoffnungen gehegt. Warum sollte er der Einzige sein, der sie aufgeben musste?
    »Sagen Sie denen, ich finanziere die komplette Forschung, wenn sie für mich arbeiten.«
    In Cormands Augen zeigte sich der Hauch eines empörten Ausdrucks. Doch dahinter versteckte sich noch etwas, das Milan nur allzu gut kannte: Gier. »Nein! Wie ich Ihnen sagte: Es geht nicht um Geld. Es geht um wissenschaftliche Ethik. Es tut mir aufrichtig leid, aber ich fürchte, Sie müssen sich damit abfinden: Sie werden erblinden!«
    Ein Schluchzen erklang von der Tür her.
    Sophie Milan, Rogers Ehefrau, stand einen Schritt im Salon und hatte die letzten Sätze mit angehört. »Nein«, hauchte sie. »Sagen Sie, dass es nicht wahr ist.«
    Und plötzlich schien dieses kleine Persönchen zu explodieren. Sie rannte auf Dr. Cormand zu und trommelte mit den Fäusten auf seinen Brustkorb ein. »Sagen Sie, dass es nicht wahr ist! Sagen Sie es!«
    Roger Milan wollte dem Arzt zu Hilfe eilen, doch es war nicht mehr nötig. Denn nur Augenblicke später sank Sophie auf die Knie, schlug die Hände vors Gesicht und begann bitterlich zu weinen.
    ***
    Gegenwart, 2526
    Auch wenn sie von der Koje, auf der sie saß, nicht ins Cockpit sehen konnte, bemerkte Victoria doch, dass der Amphibienpanzer anhielt. Nur Augenblicke später betrat Matthew Drax den Mittelteil des Panzers und gähnte herzhaft.
    »Warum halten wir?«, fragte die Ex-Queen.
    »Weil ich vor Müdigkeit nicht mehr geradeaus schauen kann. Ich mach mir nur noch rasch ein Tässchen Tee, dann verkriech ich mich für ein paar Stunden ins Bett.«
    Victoria fluchte in sich hinein. Sie hatte gehofft, sie kämen schneller voran. Der Wunsch - nein: das Verlangen! -, nach Osten zu ziehen, wurde immer drängender. Doch ihr war auch klar, dass sie nicht allzu großes Tempo fordern konnte, wenn sie nicht auffallen wollte.
    Sie beschloss, die Pause anderweitig zu nutzen, und stand von der Koje auf. »Gut. Dann werde ich mir draußen die Beine vertreten, wenn du nichts dagegen hast.«
    »Was sollte ich dagegen haben?«
    Victoria verließ PROTO durch die hintere Luke. Schnurstracks marschierte sie auf den Wald zu und ging etliche Meter hinein. Sofort nahm das durch die Wolken ohnehin schon getrübte Abendlicht noch stärker ab. Nach einigen Schritten entdeckte sie einen großen Felsbrocken.
    Sie wandte sich noch einmal um. Als sie den Panzer von hier aus noch sehen konnte, war sie beruhigt und ließ sich auf dem Felsen nieder.
    Es dauerte nicht lange und sie versank in einer Art Trance.
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