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275 - Licht und Schatten

275 - Licht und Schatten

Titel: 275 - Licht und Schatten
Autoren: Jo Zybell
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ihn. Dann strebte er mit den beiden wie leblos wirkenden Körpern der Wasseroberfläche entgegen.
    So entging ihm die huschende Bewegung tief unter ihm; dort, wo das Steinwesen zwischen die Korallen gesunken war.
    ***
    Bahafaa schlich hinter den sieben Schattenartigen her, von Busch zu Busch, von Mulde zu Mulde. Die Sorge um Hermon trieb sie voran und ließ sie die Gefahr missachten. Viel zu nachlässig suchte sie ihre Deckung aus, viel zu nahe kam sie den unheimlichen Schattenwesen. Doch die bewegten sich so zielstrebig der Westküste entgegen, dass sie nicht einen Blick hinter sich warfen.
    Schließlich standen sechs von ihnen auf dem Dünenkamm vor dem Strand. Der siebte - der ungeschlachte Hüne - stapfte noch auf halber Höhe der Düne und mühte sich mit dem Sand. Er schien Bahafaa weniger schattenhaft als die anderen, weniger durchsichtig auch und behäbiger.
    Bahafaa lag hinter einem Erdhaufen, auf dem Strandastern wuchsen, und beobachtete die Unheimlichen. Kaum hatte der Grobschlächtige wieder zu ihnen aufgeschlossen, liefen sie auch schon auf der anderen Hangseite der Dünen zum Strand hinab.
    Bahafaa wagte sich nun aus ihrer Deckung, rannte zu den Dünnen und stieg den Sandhang hinauf. Oben angekommen, sah sie die Schatten an drei versteinerten Jungkriegern vorbei zur Wasserlinie gehen. Etwas abseits lag ein Ruderboot in der Brandung. Hatte Bahafaa schon der Schrecken über die erstarrten Leichen der drei Halbwüchsigen sprachlos gemacht, so brach sie jetzt in Tränen aus, als sie die beiden versteinerten Fischer im Boot erkannte.
    Die Schattenartigen kümmerten sich nicht um die Statuen. Sie spähten aufs Meer hinaus zu ihrem Schiff… und warteten. Worauf, wusste Bahafaa nicht zu sagen.
    Auf einmal blitzte grelles, türkisfarbenes Licht vom Schiff aus über das Meer und in den Abendhimmel hinauf, raste in alle Himmelsrichtungen davon. Bahafaa schloss geblendet die Augen. Das Rauschen und Tosen der Brandung schwoll schlagartig an. Als sie die Augen wieder öffnete, war die Abendluft voll mit blauem Licht.
    Und draußen auf dem Meer gewann das dunkle Schiff plötzlich an Kontur. Die vormals durchsichtige Bordwand wurde massiv, die Segel knatterten hörbar im Wind. Und auch die Schatten am Ufer waren mit einem Mal keine Schatten mehr, sondern, wie es schien, Menschen aus Fleisch und Blut!
    Aber nur für wenige Sekunden.
    Dann erlosch das Licht, ein zweites, rötliches glühte unter Wasser auf - und die Karavelle wurde zu einem blauen Flirren. Einen Lidschlag lang glaubte Bahafaa ihre Konturen zu sehen, wie mit blauen Strichen in die Luft gezogen. Auch die sieben Schatten am Strand vergingen, verwandelten sich in blaues Flirren und lösten sich rasend schnell in nichts auf.
    Das Licht verglühte, das Tosen und Rauschen verebbte, das Meer beruhigte sich. Stille kehrte ein.
    Bahafaa kniete zitternd auf dem Dünenkamm. Das Meer lag friedlich unter dem Abendhimmel. Das Rot der untergehenden Sonne spiegelte sich in ihm. Eine laue Windböe fuhr von Osten her in Bahafaas Haar. Nach und nach begann ihr Verstand wieder zu arbeiten.
    Hatte sie geträumt? Hatte es nie ein Schattenschiff und schattenartige Fremde gegeben?
    Bahafaa rieb sich die Augen und stand auf.
    Etwas bewegte sich im Ruderboot, und auch unten am Strand. Halb betäubt und ohne wirklich zu wissen, was sie tat, stolperte sie die Düne hinunter.
    Im Ruderboot erhob sich ein Fischer, bückte sich nach dem zweiten und half ihm vom Bootsrand auf die Beine.
    Am Strand bückte sich ein kräftig gebauter Jungkrieger in den Sand und zerwühlte ihn. Die beiden hinter ihm blickten sich um, als würden sie etwas suchen.
    Bahafaa begriff nun gar nichts mehr. Sie lief zu den jungen Männern und starrte sie an wie Erscheinungen.
    »Wo ist mein Schwert, verdammt noch mal?«, knurrte der junge Heißsporn, und einer der anderen fragte: »Wo sind die Schatten? Gerade eben waren sie doch noch da!«
    Bahafaa wusste nicht, was sie ihnen antworten sollte. So hob sie nur die Schultern als Geste der Ratlosigkeit.
    Einer der Krieger deutete aufs Meer hinaus. »Was bei Orguudoo… Warum geht die Sonne im Westen auf?«
    »Sie geht nicht auf, Dummkopf«, sagte Bahafaa. »Sie geht unter.« Das Herz schlug ihr im Hals, denn sie hatte etwas gesehen, was die drei jungen Männer bislang noch nicht entdeckt hatten: Keine hundert Schritte vom Strand entfernt war Grao aus den Wogen aufgetaucht - in seiner Echsengestalt. Er zerrte etwas Schweres durch die Wellen hinter sich
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