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270 - Hinter dem schwarzen Tor

270 - Hinter dem schwarzen Tor

Titel: 270 - Hinter dem schwarzen Tor
Autoren: Christian Schwarz
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der Grazie an! Diese Frau versteht keinen Spaß. Übergebt die versiegelte Depesche und fliegt weiter nach Norden. Mehr müsst ihr nicht tun.«
    »In Ordnung.« Matt grinste jungenhaft. »Dann packen wir mal zusammen und fahren zu der Parchella . Ich würde gern am Spätvormittag aufbrechen, dann schaffen wir noch ein gutes Stück bis zur Dämmerung.«
    ***
    Epilog
    Der nächtliche Sturm peitschte die Wellen der Alanta-See zu immer höheren Gebirgen und ließ weiße Schaumkronen auf ihnen tanzen. Tote Augen starrten durch die Regenböen, die der eisige Westwind fast senkrecht vor sich her trieb, zur Küste Portugals hinüber. Ein paar vereinzelte Lichter hatten die Kraft, sich ihren Weg durch die tobenden Gewalten zu bahnen und als verwaschene Flecken in der Finsternis zu schimmern.
    Langsam, fast gemächlich zog die schwarze Karavelle am ehemaligen Lisboa vorbei in Richtung Norden. Der heutige Name der Stadt interessierte die unheimliche Besatzung nicht; ebenso wenig wie die Brecher, die das Schattenschiff immer wieder seitlich trafen. Regungslos standen die Gestalten an der Reling oder hingen in den Wanten. Denn das Schiff fuhr so ruhig, als bewege es sich auf glatter, windstiller See. Es dachte gar nicht daran, den Gewalten als Spielball zu dienen, sondern glitt unbeirrt durch die kochende Wasserhölle, die sich vor ihm auftürmte.
    Ein zufälliger Zeuge, vielleicht ein Fischer aus Lisboa, hätte weitere grauenhafte Dinge wahrgenommen. Zum Beispiel, dass die Brecher Schiff und Besatzung nicht wirklich überspülten, sondern durch sie hindurch zu gehen schienen. Zum Beispiel, dass das Meer auch dort sichtbar war, wo der Leib des Schiffes es eigentlich hätte verdecken sollen. Dass die Segel so schlaff herabhingen wie bei einer Flaute und dass nicht eine Laterne an Deck der schwarzen Karavelle leuchtete. Und schließlich, dass das halb materielle Schattenschiff trotzdem deutlich zu sehen war, da es auf einem dunkelroten Leuchten dahinzugleiten schien. Es befand sich am Bug knapp unter der Wasseroberfläche und pulsierte in regelmäßigen Abständen. So, als habe das Schiff ein Herz, das außerhalb des Leibes schlug. Und zwar in einem Takt, den allein Orguudoo vorgab.
    Plötzlich kam Bewegung in die schattenhafte Crew. Vor vier Monden waren sie zu neunt gewesen; nun waren es nur noch acht, denn einer der ihren war mit einem fliegenden Gefährt verschwunden und nicht wieder aufgetaucht. Die finsteren Gestalten wanderten zum Bug hin, wo sie sich über dem Leuchten versammelten. Die schwarze Karavelle hatte sie gerufen. Dann hörten sie die sanfte, schmeichelnde Stimme in ihren Köpfen. Ein Seufzen der Erleichterung ging durch die Schatten, denn Mutter hatte schon länger nicht mehr zu ihnen gesprochen.
    Wir ändern die Richtung. Ich spüre einen neuen Glanz an der Westküste Italias. Ein sehr starkes Signal, das uns neue Nahrung verspricht und uns wieder kräftigen wird. Capitán, bring uns auf Kurs!
    Eine der Gestalten erklomm den Decksaufbau an Achtern und kurbelte am Steuerrad. Die schwarze Karavelle beschrieb einen eleganten Bogen und bewegte sich, auch jetzt wieder den Naturgewalten zum Trotz, nach Süden, in Richtung der Straße von Gibraltar.
    Obwohl es noch Tage dauern würde, bis sie das Ziel erreichten, war nicht zu erwarten, dass Mutter das Signal verlor. Einmal darauf geeicht, folgte sie ihm unbeirrt, bis der Glanz der Opfer auf sie übergehen und sie kräftigen würde…
    ENDE
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