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268 - Schritt in die Unsterblichkeit

268 - Schritt in die Unsterblichkeit

Titel: 268 - Schritt in die Unsterblichkeit
Autoren: Jo Zybell
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Vater des Kindes.«
    »Wer denn sonst?« Biggy runzelte die Stirn. Im Stillen rechnete sie nach: War es nicht Anfang September letzten Jahres gewesen, dass die Fischartigen Margot und Lara verschleppt hatten? Neun Monate war das her…
    »Das Kind kann überhaupt nicht von mir sein!«, blaffte Teller. »Ich wollte nie Kinder haben. Hab mich schon als junger Mann sterilisieren lassen, am Tag vor meiner ersten Hochzeit!«
    Biggy wich zurück. Sie sank in den Sessel vor dem Steuerruder und drückte den Wasserkrug an die Brust. Kaltes Entsetzen presste ihr die Brust zusammen. Sie dachte an ihre Mutter. Sie dachte an den Fischkadaver und die gefräßigen Aale im Hafen von Wellington.
    Stundenlang hockte Teller reglos in seinem Kapitänssessel. Kein Wort redete er mehr, starrte nur vor sich hin. Irgendwann schreckte Biggy aus einem Dämmerschlaf hoch - Teller stand an der Instrumentenkonsole. Er hatte die Verblendung abgenommen. Auf seinem Sessel lag eine Notfallaxt.
    »Was machst du da?«, fragte Biggy.
    »Ein Lüftungsschacht führt hier vorbei«, erklärte Teller. »Wenn man keine Platzangst hat, gelangt man durch ihn zu einem der Laderäume hinunter.«
    »Was willst du im Laderaum?«
    »Was werde ich schon im Laderaum wollen?« Er lachte bitter, griff nach der Axt und hob sie hoch. »Ich werde diesen Albtraum hier beenden. Ich werde die MOTHER NATURE versenken.«
    »Bist du übergeschnappt? Du weißt doch, dass sie schwimmen und tauchen können! Sie werden nicht sterben…«
    »Aber ich.«
    Biggy verschlug es zunächst die Sprache. Der Gedanke an Selbstmord war das Letzte, was sie ihrem vitalen Geliebten zugetraut hätte. »Aber ich will nicht sterben, Marc! Hörst du?«
    Wieder dieses bittere Lachen. »Du willst tatsächlich Stammmutter einer Monsterrasse werden?« Er arbeitete weiter.
    Das waren die letzten Worte, die sie wechselten. Biggy verbrachte die Wartezeit damit, ihrem Tagebuch ein paar Sätze anzuvertrauen. Vielleicht ihr letzter Eintrag, sie wusste ja nicht, wie die Fischartigen reagieren würden.
    Sie wartete, bis Teller sich in den Lüftungsschacht zwängte. »Gib mir die Axt«, klang es hohl aus dem Schacht herauf.
    Biggy griff sich die Axt, ging zur Tür und öffnete sie. Den Schlüssel steckte sie ein, den Riegel zerschlug sie mit einem Axthieb. Dann schritt sie mit weichen Knien zur Galerie und rief nach Margot. Die Deutsche tauchte unten auf der Treppe auf und sah herauf. Hinter ihr standen zwei Schuppenmonster.
    »Wir sind einverstanden«, sagte Biggy. Sie warf die Axt über die Balustrade. Polternd schlug sie unten im ehemaligen Salon auf. »Macht das Beiboot fertig. Denkt an Wasser, Proviant und Decken.«
    Später stand sie zwischen Margot und Lara an der Reling. Der Himmel war düster, die Schneeflocken schmutzig-grau. Schon zweihundert Meter entfernt von der MOTHER NATURE ruderte Teller aufs Meer hinaus. Bald verschwammen die Umrisse seines Bootes mit dem grauen Schleier der Flocken. Kapstadt war noch über vierhundert Seemeilen entfernt.
    ***
    Februar 2526
    Ich bin Alfonso Eduardo Derdugo Alvarez.
    Der Schatten tritt zwei Schritte zurück und betrachtet den Mann, den er zuletzt berührt hat. Der Versteinerte richtet eine unbekannte Waffe auf ihn, wie ein tapferer Kämpfer. Aber er wird den Abzug niemals betätigen. So wie sich auch die anderen nie mehr bewegen werden.
    Ich habe gerade die Kraft von sieben Lebendigen in mich aufgenommen. Ich bin stark.
    Er geht an der versteinerten Gestalt vorbei, steigt die Stufen hinunter, die aus dem Eisenvogel in einen Raum führen, der weder aus Holz, noch aus Stein, noch aus Zeltplanen besteht.
    Wie seltsam sie wohnen, die Lebendigen hier.
    Unten liegt einer am Boden, der noch vor wenigen Atemzügen ein Lebendiger gewesen ist. Der, den er als Vorletzten berührt hat. Der Schatten richtet das Wort an ihn, obwohl der Mann nie wieder etwas hören wird.
    Ich bin Alfonso Eduardo Derdugo Alvarez. Mutter schickt mich. Sie sagt, es gäbe viele Lebendige hier. Und sie ist hungrig, sehr hungrig. Nun, wir werden sehen.
    Der Schatten betritt einen Gang, einen ringförmigen Schacht. Er folgt seinem Verlauf. Lebendige stürmen ihm entgegen, schießen mit Lichtstrahlen auf ihn. Natürlich können sie ihm nichts anhaben. Diese Art Schatten kann man nicht töten, nicht einmal mit Licht.
    Der Geisterhafte berührt einen nach dem anderen und nimmt, was lebendig an ihnen ist, in sich auf. Zurück bleibt die Substanz, aus der auch Mutter besteht: Stein. Und je mehr Leben auf
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