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263 - Von Menschen und Echsen

263 - Von Menschen und Echsen

Titel: 263 - Von Menschen und Echsen
Autoren: Michael M. Thurner
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zerbrach es, um gleich darauf wieder an Höhe zu gewinnen. Schreie der Angst tönten durch die Straßen, doch die Frauen erholten sich überraschend schnell von ihrem Schrecken. Sie jagten dem Lesh'iye einen weiteren Pfeilhagel hinterher, ohne ihn auch nur annähernd zu gefährden.
    Locke sie weg vom Dorf! , befahl Grao. Hin zum Hafen. Sieh zu, dass sie nur noch Augen für dich haben.
    Thgáan befolgte augenblicklich seine Anweisung. Mit einem überraschenden Schwenk zog er über einen der wenigen bewaffneten Männer hinweg und riss ihm ein Stück Fleisch aus der Schulter. Der schrille Schmerzensschrei ließ die Frauen noch grimmiger nachdrängen.
    Hermon hielt sich im Hintergrund. Die Unsicherheit war ihm anzumerken. Er war ein Maulheld. Er führte eine große Lippe und war stark, wenn er sich überlegen wähnte. Doch in dieser Situation, da es gegen einen vermeintlich stärkeren Feind ging, hielt er sich vornehm zurück.
    Grao näherte sich den Kriegerinnen von der Seite. Längst hatte er wieder seine menschliche Gestalt angenommen. »Hermon!«, rief er. »Warte auf mich!«
    Der Händler hielt inne, während die Frauen weiterliefen, von Kampfwut beseelt. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie beide allein waren und sich gegenüber standen. »Was willst du?«, fragte der Händler lauernd.
    »Wir müssen uns unterhalten.«
    »Ich wüsste nicht, warum. Und warum ausgerechnet jetzt? Wir haben nichts miteinander zu schaffen.«
    »Ich habe gesehen, was du mit Juneeda angestellt hast«, ließ Grao die Katze aus dem Sack.
    »Ach ja?« Hermon nahm das Schwert fester in die Hand und umkreiste ihn lauernd.
    »Ich werde dein Tun nicht länger dulden«, fuhr Grao fort.
    »Und wie willst du mich daran hindern?« Der Händler lachte laut.
    Grao nutzte den Moment und stürmte auf ihn zu, Bahafaas Schwert zum Hieb erhoben. Doch Hermon ließ sich nicht überraschen; er riss seine eigene Waffe zur Verteidigung hoch und parierte den Schlag, um mit atemberaubender Vehemenz selbst zum Angriff überzugehen.
    Hatte Grao geglaubt, Verwirrung und Angst seines Gegners ausnutzen zu können, so musste er erkennen, dass er sich getäuscht hatte. Hermon entpuppte sich als ein Meister des Schwertes - und er verfügte über großartige Reflexe.
    Stahl klirrte gegen Stahl, um gleich darauf von einer längeren Pause unterbrochen zu werden. Sie belauerten einander, suchten nach Fehlern in der Deckung des Gegners, fintierten, schlugen neuerlich zu.
    In weiter Ferne hörte Grao die Kriegerinnen vor Wut laut aufheulen. Nach wie vor waren sie mit der Jagd nach Thgáan beschäftigt. Niemand war im Dorf zurückgeblieben, niemand außer ihnen beiden…
    ... und Dykestraa.
    Die Erste Kriegerin musste zurückgekehrt sein, womöglich mit Hermon über unsichtbare Bande verbunden und von ihm zur Unterstützung angefordert. Mit einem Wutschrei auf den Lippen stürzte sie sich auf Grao; in letzter Not konnte er sich abrollen und dem tödlichen Schlag entkommen. Zwei Gegner, beide Meister mit dem Schwert, standen ihm nun gegenüber. Seine Taktik, so musste er sich eingestehen, war nicht aufgegangen.
    »Ich überlasse euch nun eurem Spielchen«, sagte Hermon und deutete eine Verbeugung an. »Gestattet, dass ich mich zurückziehe. Es ist hoch an der Zeit, dass ich diese Inseln verlasse.«
    Ein Lischetten-Schwarm kam aus dem Nichts herangeflattert. Die Tiere umgaben ihn wie eine Leibgarde. Oberkörper und Kopf verschwanden inmitten all des Geflirres; die unzähligen auf und ab schlagenden Flügel verwirrten Grao.
    Dykestraa kam erneut auf ihn zugestürmt. Er konnte ihren wuchtig gegen seine Hüfte geführten Seitenhieb parieren, musste aber zulassen, dass ihn die Kriegerin mit einer Schlagfolge immer weiter von Hermon abdrängte.
    Die Erste Kriegerin war eine wahre Meisterin im Umgang mit ihrer Waffe; darüber hinaus glänzte sie mit Präzision.
    Hatte er etwa an Kraft und an Reaktionsvermögen verloren, seitdem er diese Imitation eines Menschenleibs nutzte? Oder hatte er die natürlichen Grenzen seines Körpers erreicht?
    Schon musste Grao zurückweichen, fühlte er die Hiebe gefährlich nahe vorbeizischen. Die verschiebbaren Hautschuppen waren robust; er konnte Wunden wegstecken, die einen Menschen getötet hätten.
    Grao musste die Kriegerin überraschen. Er musste sie aus dem Gleichgewicht bringen, wollte er den Sieg davontragen.
    Er hielt in den Abwehrbewegungen inne. Dykestraas Augen glänzten. Sie drängte nach, fintierte wie erwartet - und hieb ihm die Klinge
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