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2594 - Begegnung der Unsterblichen

2594 - Begegnung der Unsterblichen

Titel: 2594 - Begegnung der Unsterblichen
Autoren: Frank Borsch
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Weiten des Universums Wesen gab, die einen ähnlich feinen Sinn für Grausamkeiten hatten wie die Vatrox.
    »Gehen wir!«, sagte Sinnafoch.
    Er klatschte in die Hände. Satwas Energiefessel löste sich von dem breiten Gürtel des Darturka. Sie war nun an Sinnafoch gebunden, allerdings nicht körperlich. Der Vatrox konnte sie mit einem Fingerzeig dirigieren. Der Fesselfeldprojektor nahm jede seiner Gesten auf und verstärkte sie nach Wunsch. Wenn es ihm beliebte, vermochte Sinnafoch sie mit einem Fingerschnippen an der Wand des Hangars zu zerschmettern oder sie ins Vakuum des Weltalls zu stoßen.
    Es beliebte ihm nicht.
    Sinnafoch führte sie in das Cockpit des Boots, verankerte ihre Fessel am Kopfende der Konturliege und startete.
    »Weißt du«, sagte er, als befänden sie sich auf einem gemeinsamen Ausflug, »dass in der Milchstraße eine Welt wie diese existiert?«
    Er deutete auf Yenter, in dessen Atmosphäre sie mit hoher Geschwindigkeit eintauchten. Ein goldener Schein legte sich über Meere und Gebirge, verursacht von der in der Reibungshitze aufglühenden Atmosphäre. »Sie heißt Oxtorne. Die Heimat Philips. Fünffache Normschwerkraft, Temperaturen zwischen einhundert Grad plus und einhundert Grad minus. Ein ungewöhnlicher Ort. Ich habe viele Leben gelebt, aber ein Ort wie Oxtorne ist mir kein zweites Mal untergekommen. Yenter ähnelt Oxtorne.«
    Es klang, als erinnere sich Sinnafoch an einen Ort, an den er sich zurücksehnte.
    Satwa schwieg, wünschte sich, dass es endlich vorüber war. Wünschte sich weit, weit weg. Sie passierten einen Mond. Er war knochenbleich. Die Krater malten ein Gesicht. Eine hässliche, höhnische Fratze, die sich über Satwa mokierte.
    Sie erreichten die Nachtseite. Sinnafoch wich einem mehrere Hundert Kilometer durchmessenden Sturmwirbel aus. Aus dem Orbit betrachtet, schien er ein Wattebausch, fragil und zerbrechlich. Doch der Eindruck trog. Die Instrumente zeigten Böen an, die über fünfhundert Kilometer in der Stunde erreichten.
    Der Vatrox verlangsamte den Flug, als sie ein Gebirge erreichten. Er ging tiefer, kreiste, fand schließlich ein Hochtal, dessen Boden einigermaßen flach war.
    Sinnafoch landete das Boot.
    Einige Augenblicke lang saß er schweigend da. Satwa mutete es wie eine Andacht an, als nehme Sinnafoch Abschied. Eine irrsinnige Idee. Wenn es für jemanden an der Zeit war, Abschied zu nehmen, dann für sie.
    »Philip wird bald aufwachen«, sagte er schließlich. »Gehen wir.«
    Sinnafoch führte sie an der Fessel in den Laderaum. Vorsichtig bugsierte der Vatrox den Tank mit dem Okrill hinaus.
    Die Luft war klar und kalt. Es war überraschend windstill. Ein herber Geruch lag in der Luft. Er musste von den Flechten kommen, die sich an die vom Wind blank gescheuerten Felsen klammerten.
    Sinnafoch schob den Tank, zog Satwa mithilfe der Fessel hinter sich her. Die Glieder des Okrills bewegten sich langsam. Aber diesmal nicht durch die Erschütterungen des Transports, die sich durch die Nährflüssigkeit auf ihn übertrugen, sondern aus eigenem
    An trieb. Philip machte langsame Schwimmbewegungen, angetrieben von einem wiedererwachten Instinkt.
    Etwa hundert Meter vom Boot entfernt hielt Sinnafoch an. In der Nähe rauschte ein Gebirgsbach, durchbrach die Stille. Einer der Monde des Planeten stand am Himmel, spendete fahles Licht.
    Sinnafoch beugte sich über die Steuerkonsole des Tanks, versicherte sich, dass die Vitalwerte des Okrills im Positivbereich waren. Er nahm eine Schaltung vor. Gluckernd sank der Spiegel der Nährflüssigkeit.
    Der Vatrox drehte sich um. Er zeigte auf einen großen, flachen Felsen in knapp zwanzig Metern Entfernung. »Geh zu dem Felsen!«
    Satwa gehorchte.
    »Dreh dich zu mir!«, rief Sinnafoch, als sie den Fels erreicht hatte.
    Sie tat es.
    Der Vatrox hatte den Strahler gezogen. Er hob ihn an, zielte und schoss.
    Satwa spürte einen harten Schlag an ihrem Handgelenk. Stechender, brennender Schmerz folgte. Sie sah an sich hinunter. Wo sich der Fesselfeldgenerator befunden hatte, war jetzt eine geschwärzte Wunde.
    Sinnafoch hatte den Generator zerschossen.
    Satwa war frei. Frei, um zu leiden und zu sterben.
    Trotzig hielt sie Sinnafochs Blick stand. Sie musste sterben. Aber in Würde.
    »Geh!«, rief Sinnafoch.
    Satwa rührte sich nicht.
    »Geh zum Boot! Cherubem ist instruiert.«
    Satwa blieb stehen. Sie würde sich Sinnafochs grausamem Spiel nicht beugen.
    Der Vatrox schoss. Der Energiestrahl bohrte sich vor ihren Füßen in den Fels.
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