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2578 - Das mahnende Schauspiel

2578 - Das mahnende Schauspiel

Titel: 2578 - Das mahnende Schauspiel
Autoren: Marc A. Herren
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der dicht stehenden Gäste waren gedämpft, als würden sie sich in einer heiligen Stätte

wähnen.
    Der Maskenträger sah sich nach Martus dem Kritiker um, konnte das krötenhafte Wesen aber

nirgends entdecken. Er bat Eroin Blitzer um Hilfe, der durch seine Körpergröße bedingt eventuell

bessere Chancen hatte, Martus zwischen den Beinen und anderer Gehhilfen der Anwesenden zu

erspähen.
    Blitzer nickte und sah sich um. Ob er Saedelaeres Auftrag auch befolgte oder nur einer

weiteren Diskussion aus dem Weg gehen wollte, blieb dem Maskenträger unklar. Eigentlich war es

auch einerlei. Er hatte für diese Streitereien jedenfalls nichts übrig.
    Der Terraner hörte sich diskret um. Wie nicht anders zu erwarten, drehten sich alle Gespräche

einzig um das in Kürze bevorstehende Schauspiel.
    Er blickte zur Decke. Das Modell der Weltraumbühne schwebte hoch über ihren Köpfen.
    Wie auf Kommando versiegten alle Unterhaltungen. Gebannte Stille breitete sich im Saal

aus.
    »Sie kommen!«, hauchte Vetri überflüssigerweise in sein linkes Ohr.
    Die Intensität des Lichts wurde geringer. Am anderen Ende des Saales teilte sich die Masse.

Zuerst nur ein schmaler Durchlass zwischen den Leibern, brach er bald zu einem breiten Korridor

auf. Saedelaere, Vetri und Blitzer wurden zurückgeschoben und fanden sich in der zweiten Reihe

wieder.
    Alle Köpfe und sonstigen Extremitäten, die irgendwelche nützlichen Sinnesorgane aufwiesen,

richteten sich auf die andere Saalseite.
    Vetris schlanke Finger schlossen sich um seine Hand. Über die empfindlichen Mento-Rezeptoren

seiner Handschuhe fühlte er, dass ihre Hand eiskalt war.
    Am Ende der Gasse schwangen breite Türflügel auf. Grelle Helligkeit stach daraus hervor.

Geblendet schloss Alaska Saedelaere die Augen. Als er sie wieder öffnete, bildeten sich im Weiß

des Lichtes fünf scharfkantige Umrisse ab.
    Tosender, tobender Applaus brandete auf. Die Besucher schrien, klatschten mit Händen,

stampften mit Füßen oder benutzten andere Extremitäten, insofern sie über welche verfügten.
    Die fünf Gestalten schritten langsam durch die Gasse, näherten sich Saedelaeres Standort.
    Er blinzelte verblüfft. Das Licht blendete ihn unangenehm. Aber je mehr körperliche

Einzelheiten er von den Mimen wahrnahm, desto stärker wuchs seine Bestürzung.
    Saedelaere hatte ihre Bilder bereits in den Gassen gesehen - ihrer physischen Präsenz hatten

diese Darstellungen allerdings nicht annähernd Tribut zollen können.
    Die vier Männer und die Frau glichen in ihrer Präsenz geradezu beängstigend den sieben

Mächtigen Ariolc, Kemoauc, Bardioc, Partoc, Lorvorc, Murcon und Ganerc.
    Hochgewachsen wie der Maskenträger, versprühten sie bei jedem Schritt ihr Charisma wie

brünftige Tiere Pheromone. Dabei wirkten sie aber bis in die letzte Geste edel und erhaben.
    Im Unterschied zu den sieben Mächtigen, bei denen einzig Ganercs kleinere Gestalt von dem

Idealbild großer, muskulöser und perfekt ebenmäßiger Körper abwich, wiesen die fünf Mimen

individuellere physische Ausprägungen auf.
    Orsen Tafalla, der die Gruppe anführte, erinnerte den Maskenträger an die perfekte

Verkörperung der alten shakespeareschen Figur des angeberischen, übergewichtigen und

überheblichen Trunkenbolds. Die Rolle des Kanzlers war ihm zweifellos auf den stämmigen Leib

geschrieben.
    Konträr dazu verkörperte Arden Drabbuh, die einzige Frau in der Gruppe, in einzigartiger Weise

Liebreiz und Eleganz. Das hochgeschlossene Kleid heuchelte Züchtigkeit, versprühte in seinem

engen Schnitt aber eine nur schwer zu ignorierende Erotik.
    Neben der stilisierten Schönheit ging der zierliche Gommrich Dranat, der als Einziger der fünf

den Eindruck erweckte, dass er sich nur mit Mühe zu diesem Auftritt in der Öffentlichkeit hatte

überreden lassen.
    Noser Netbura, der die Rolle des alten Königs spielen würde, wirkte fröhlich und aufgeräumt.

Mit einem Kelch in der Hand, aus dem dickflüssiger Wein schwappte, prostete er seinem Publikum

zu.
    Überragt wurden sie von der fünften Gestalt. Renyi Hemdebb, der den Boten der Hohen Mächte

geben würde. Er verkörperte die nicht mehr für möglich gehaltene Steigerung an Eleganz und

Großmut. Wie ein Wesen aus einer anderen Dimension ließ er sich leicht zurückfallen und winkte in

die Menge.
    Die Mimen verteilten sich über die gesamte Länge des Saales, worauf die Gasse der Besucher

zusammenschwappte. Trauben
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