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2578 - Das mahnende Schauspiel

2578 - Das mahnende Schauspiel

Titel: 2578 - Das mahnende Schauspiel
Autoren: Marc A. Herren
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Höhe und prüft seine

Arbeit, indem er mehrmals ruckartig an den Fellen zerrt.
    Die Nähte halten.
    Er bindet die umgeschlagene Kante an den Rahmen seiner Konstruktion. Dann spannt er die Häute

über die beiden hinteren Seile und schlägt mit dem flachen Stein drei weitere Pflöcke an

vorgebohrten Stellen in den Boden.
    Den Rest der Kanten beschwert er mit flachen Steinen, die vom Ufer des nahe gelegenen Flusses

stammen.
    Dabei hat er tunlichst vermieden, dem Flusslauf zu weit zu folgen. Den Anzug der Vernichtung,

der hinter der Flussbiegung an einem einsamen Baum hängt, will er nicht sehen. Zu schmerzlich

hallen die Erlebnisse auf dem Planetoiden in ihm nach.
    Saedelaere weiß, dass er den Anzug wieder besuchen wird - und wenn es nur zu dem Zweck wäre,

den in einem der klobigen Handschuhe versteckten Sternsaphir zu holen.
    Der Terraner ergreift den Rahmen seines Zeltes, zieht zuerst sanft, dann ruppiger daran. Die

Konstruktion hält.
    Um die Haut, die er vor den Eingang seiner neuen Behausung hängen will, wird er sich später

kümmern.
    Sein Werk erfüllt ihn mit Stolz.
    Wann hat er zuletzt etwas mit seinen eigenen Händen hergestellt? Etwas Reales, wie ein Zelt

aus Tierhäuten, Faserseilen und Ästen?
    Alaska Saedelaere muss unter seiner Maske schmunzeln.
    Etwas Reales?
    Nichts, was er im Reservat sieht, spürt, schmeckt, hört oder riecht, ist existent - jedenfalls

nicht im herkömmlichen Sinne.
    »Aber ist es das je?«, murmelt er.
    Alaska Saedelaere wischt den Gedanken beiseite.
    Er nimmt das Hemd, das er auf den zusammengefalteten SERUN gelegt hat, und wischt sich den

Schweiß von der nackten Brust.
    Dann setzt er sich hin, lehnt sich vorsichtig an den Rahmen seines Zeltes.
    Die Sonne scheint wie immer.
    Alaska Saedelaere wartet auf die Rückkehr der Enthonen, die er seit dem Begräbnis ihrer

Schwestern nicht mehr gesehen hat.
    Zum ersten Mal fühlt er sich dabei zufrieden.
    Zufrieden mit sich und der Welt.
    *
    »Alraska?«
    Die Stimmen dringen so leise an sein Ohr, dass er sie einige Dutzend Herzschläge lang als

Produkt seiner Fantasie abtut.
    »Alraska?«
    Saedelaere öffnet die Augen. Sie sind verklebt.
    Verwirrt hebt er die Maske an und wischt sich über die Augen.
    »Alraska?«
    Saedelaere richtet sich auf. Die Sonne steht unverrückt an dem ihr zugewiesenen Platz in

dieser zeitlosen Welt.
    Er sieht sich um.
    Das Nomadendorf liegt verlassen da. Woher kommen die Stimmen?
    Erst in diesem Augenblick bemerkt er die Ungeheuerlichkeit, die sich in ihnen verbirgt. Es

gibt nur eine Person, die ihn kontinuierlich »Alraska« nennt: Eroin Blitzer, der Commo'Dyr des

LEUCHTKRAFT-Beibootes ROTOR-G, der ebenfalls federführendes Besatzungsmitglied des Mutterschiffes

ist.
    Aber kein Zwergandroide - jedenfalls wenn es nach Saedelaeres Theorie geht - hat die

Möglichkeit, in das Enthonen-Reservat zu gelangen.
    Dazu kommt, dass Saedelaere nicht eine, sondern mehrere Stimmen hört. Wenn er sich nicht

täuscht, sind es deren drei.
    Blitzer, Vierauf und Lind?
    Der Maskenträger dreht sich um seine Achse. Woher kommen die Stimmen?
    Er nimmt das Hemd, streift es sich über den Kopf. Den schweren SERUN legt er sich erst einmal

über die Schulter. Dann geht er in die Richtung, die ihm logisch erscheint.
    »Alraska! Hier drüben!«
    Der Terraner verlässt die Zeltsiedlung. In der staubigen Ebene erblickt er drei weiße Punkte,

die sich bewegen. Der zaghafte Wind führt einen leisen Duft nach Pfeffer und Zwiebeln mit

sich.
    Saedelaere weiß nun, was ihn erwartet.
    Mit ruhigen Schritten geht er auf sie zu. Seine improvisierten Ledersandalen wirbeln kleine

Staubwölkchen auf.
    Drei Spielkarten sind es, die ihn erwarten.
    Herz-Neun, Herz-Zehn und Herz-Sieben.
    Mit zahnstocherdünnen Beinchen hüpfen sie auf und nieder, während sie ihm mit ihren ebenso

fragilen Ärmchen zuwinken.
    Auf der oberen Kante jeder Spielkarte sitzt ein faustgroßer runder Kopf, den im Falle der Zehn

ein zusammengefalteter Papierhut schmückt.
    Die kleinen Gesichter drücken Freude, Leid und Gelassenheit aus.
    »Endlich«, sagt Herz-Neun gequält.
    »Endlich!«, jubelt Herz-Zehn.
    »Wir hätten auch länger gewartet«, meint Herz-Sieben.
    »Eroin Blitzer sendet euch?«, sagt Alaska Saedelaere. Es ist mehr eine Feststellung als eine

Frage.
    »Oh ja!«, blubbert Zehn überglücklich. Die Karte nickt so heftig, dass ihr der Hut fast vom

Kopf fällt.
    Neun verzieht das Gesicht. »Weshalb immer diese
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