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257 - Die Spur der Schatten

257 - Die Spur der Schatten

Titel: 257 - Die Spur der Schatten
Autoren: Jo Zybell
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und purem Überlebenswillen zurück. Reflexe und Tötungsinstinkte übernahmen das Ruder. Er zog den Kopf ein und drehte sich zur Seite, als Pups das abgebrochene Schwert nach ihm schleuderte. Es traf ihn an Oberarm und Schulter, doch Fletscher spürte keinen Schmerz.
    Blitzschnell bückte der junge Waldmann sich nach dem Schwert seines stöhnend am Boden liegenden Gefährten und schlug erneut zu. Kaum einmal blinzeln konnte Fletscher, so schnell ging das. Er wich dem Hieb aus, warf sich auf den am Boden liegenden Pieps und riss dessen schlaffen Körper hoch. Der nächste Hieb des Jüngeren durchschlug die Bauchdecke von Fletschers lebendem Schutzschild. Der Kahlkopf stieß den Sterbenden seinem Gefährten entgegen, sah Dampf von Blut und zerrissenem Gewebe aufsteigen.
    Fletscher holte aus und schlug mit seinem LP-Gewehr zu. Der Kolben traf Pups auf dem rechten Auge. Der junge Waldwilde schrie auf, taumelte zurück und ließ das Schwert sinken.
    Fletscher stieß Pieps' leblosen Körper beiseite und sprang den Jüngeren an. Der machte eine halbe Drehung, versuchte unter Fletschers Armen abzutauchen, doch der Kahlkopf bekam ihn von hinten zu fassen. Er hebelte ihm den Lauf des LP-Gewehrs unter das Kinn und gegen den Hals. Grimmige Zuversicht erfüllte ihn. »Ich hab dich, du Taratzenarsch! Mein schwarzer Liebling hat dich…!«
    Doch er hatte die jugendliche Kraft seines Gegners unterschätzt: Pups trat aus, rammte ihm den linken Ellenbogen in den Magen und fuchtelte blindlings mit seinem Schwert herum, bis er Fletscher am Ohr erwischte. Aus den Augenwinkeln sah der Major aus Leeds seine Ohrmuschel davonfliegen.
    Nun drangen erste Schmerzen durch das Adrenalin, das Fletschers Körper ausschüttete, und gleichzeitig ließ seine Kraft nach. Er begriff, dass er der wilden Gegenwehr des sich in seinem Griff Windenden nicht mehr lange würde standhalten können.
    Mit aller Macht riss er die Waffe an sich, doch es gelang ihm nicht, dem jungen Waldwilden das Genick zu brechen. Als er merkte, dass Pups sich jeden Moment befreien würde, zerrte er ihn zum Ufer und ließ sich dort samt seinem Gegner ins Wasser fallen.
    Pups schlug um sich, prustete, strampelte und wand sich - doch mit seinem ganzen Gewicht warf Fletscher sich auf ihn und drückte mit der Stirn den Schädel des Barbaren unter Wasser. Fletscher stöhnte und fluchte - und dann war es doch so weit: Der Körper des jungen Barbaren erschlaffte. Pups war ertrunken.
    Fletscher richtete sich auf den Knien auf. Er keuchte und prustete, jeder Atemzug tat ihm weh. Wunden brannten an seiner Schulter, auf seiner Brust, an seiner Schädelseite. So verharrte er Minuten lang. Sein Herz hämmerte ihm gegen Brustbein und Rippen, als wollte es ihm den Brustkorb sprengen.
    Irgendwann ließ er sich auf seine Fäuste nieder und kroch stöhnend und röchelnd und auf allen Vieren aus dem See. Sein Gewehr schleifte er am Schulterriemen hinter sich her. Es war stockdunkel inzwischen.
    Unter der Trauerweide warf er sich ins Ufergras, wälzte sich auf den Rücken und blieb einfach liegen. Seine Rechte umklammerte den Lauf seiner Waffe. »Mein schwarzer Liebling…«, stammelte er. »Ich liebe dich, Jenny, ich liebe dich, meine Göttin, mein schwarzer Liebling…« Er wusste nicht mehr, was er redete.
    Robin Fletscher blieb reglos liegen, bis er zu zittern begann. Da waren schon viele Stunden vergangen. Er war klatschnass und die Nachttemperaturen sanken weit unter zehn Grad Celsius. Ob er geschlafen hatte, vermochte er am nächsten Morgen nicht zu sagen. Irgendwie gelang es ihm schließlich, aufzustehen. Er zitterte am ganzen Körper.
    Es dauerte zwei Stunden, bis er seine Sachen zusammen gesucht hatte: seinen Tornister, das LP-Gewehr, die Felle und das letzte Schwert der toten Barbaren. Danach schleppte er sich in den Wald. Die Wunde um seinen freigelegten Gehörgang blutete noch immer. Jede Bewegung der rechten Schulter verursachte ihm stechende Schmerzen.
    Als sich die Sonne über den Wipfeln der Bäume erhob, setzte er sich auf eine Lichtung, verfluchte Pieroo und aß seine letzten Vorräte. Die Sonne benötigte zwei Tage, bis sie seine Kleider getrocknet hatte. Sein Serumsbeutel war leer nach diesen zwei Tagen und er musste sich Bucks Serumsbeutel anlegen. Auch das schaffte er irgendwie.
    Fletscher fand den Wildpfad, fand die Spur von Pieroo und Jenny. Das mobilisierte neue Kräfte in ihm und er schaffte es tatsächlich, weiter und immer weiter zu wandern.
    Der aus Leeds aufgebrochen
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