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245 - Geisterstadt Washington

245 - Geisterstadt Washington

Titel: 245 - Geisterstadt Washington
Autoren: Mia Zorn
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plötzlich ein Insekt mit einem knackenden Geräusch gegen die Scheibe flog: Als ob sie erschräken, wichen die Stängel zurück. Ihre Kugeln leuchteten zitronengelb auf.
    Verdutzt wandten sich die Gefährten dem Insekt zu. Es hatte die Größe einer Libelle und versuchte mit seinen winzigen Krallen an der Scheibe Halt zu finden. Dabei flatterte es aufgeregt mit seinen durchscheinenden Flügeln.
    »Sieht aus wie eine fliegende Eidechse«, bemerkte Matt und kniff die Augen zusammen, um sich das Tierchen genauer anzuschauen. In diesem Moment kam wieder Bewegung in die Flamingopflanzen.
    Ein Zittern durchlief die Gewächsstauden. Als ob sie sich formieren wollten, lösten sich einzelne Stiele aus ihrem Geflecht. Die Haare ihrer Kugeln stellten sich auf und wechselten wieder die Farbe.
    Dann schnellten die Stängel vorwärts. Ihre inzwischen blutroten Kugeln klatschten gegen die Scheibe. Eine von ihnen erwischte das Eidechseninsekt; reglos klemmte es nun zwischen Pelzkopf und Fensterglas.
    Bevor Matt und Aruula überhaupt erfassen konnten, was da vor sich ging, sonderte die Flamingoblüte blitzschnell einen zähflüssigen, durchsichtigen Saft aus. Wie ein in Säure getauchtes Stück Fleisch löste sich das Flattertier vor ihren Augen in seine Bestandteile auf. Innerhalb weniger Sekunden war von ihm nichts weiter übrig als ein hässlicher gelblicher Fleck, der von der Scheibe troff.
    »Reizendes Gestrüpp«, bemerkte Matt trocken und richtete sich auf. Plötzlich erschien ihm diese Umgebung mehr als feindselig. Sein Blick glitt wieder über die aufgewühlte Erde, das Flamingodickicht und die aufragenden Baumriesen dahinter. Diese Landschaft hatte etwas Unwirkliches an sich. Jeder Halm, jedes Blatt, jeder Ast wirkten wie aus einer künstlichen Masse geformt. Selbst das Licht, das auf ihnen lag, schien nicht von dieser Welt zu sein. Als ob jemand einen gewaltigen Spot eingeschaltet hatte, stachen die Umrisse von Strauch, Baum und Flechten unnatürlich scharf aus dem natürlichen Raum hervor.
    So sehr es Matt auch reizte, diesen rätselhaften Ort genauer zu untersuchen, so sehr war das Schauspiel der Flamingopflanzen ihm Warnung genug, es zu unterlassen. Er hoffte Antworten auf diesen Dschungel von den Menschen in Waashton zu erhalten. Die Stadt lag rund fünfzig Kilometer entfernt; sicher hatte man dort das Auftauchen des fremden Dschungels bemerkt. Also besprach er sich mit Aruula und navigierte ihren Gleiter kurze Zeit später über die Baumkronen des Urwaldes.
    Dabei folgte er der dunklen Linie der Schneise. Je näher sie dem lichteren Dschungelrand kamen, desto deutlicher war der grünliche Belag auf der verbrannten Erde zu erkennen. Und als sie den Rand des Dschungels überflogen, bot sich ihnen ein überraschendes Bild: Wie abgeschnitten endete hier zwar die Schneise, doch die grünliche Spur setzte sich weiter nach Osten fort. Kurz entschlossen ließ Matt ihren Gleiter sinken, um das phosphoreszierende Grün genauer zu begutachten.
    »Hörst du das?« Aruula hob den Kopf. »Ein seltsames Pfeifen… es kommt immer näher.«
    Matt lauschte. Außer den Motorengeräuschen des Gleiters hörte er nichts. Auch die Monitorbilder der Außenkamera deuteten auf nichts hin, was Geräusche verursachen würde: unter ihnen eine ockerfarbene Sandfläche, über ihnen zerklüftete Wolken, die nach und nach einen blauen Himmel freigaben. Seitlich von ihnen der Dschungel… Matt stutzte und zoomte den Ausschnitt näher heran. Eine rabenschwarze Wolke löste sich dort aus den Bäumen.
    In einer Pfeilformation bewegte sie sich in rasantem Tempo auf sie zu. Das war es also, was Aruulas feine Sinne wahrgenommen hatten. Matt konnte nicht erkennen, was es war, das sich ihnen da näherte. Aber die Zielstrebigkeit, mit der das Gebilde sie ansteuerte, ließ nichts Gutes ahnen. Mit wenigen Handgriffen ließ der Commander ihr Gefährt wieder aufsteigen und legte den Beschleunigungshebel um.
    Doch schon hatte die schwarze Wolke sie erreicht. Von einem auf den anderen Augenblick umhüllte sie den Gleiter mit Dunkelheit. Gleichzeitig setzte ein Ohren betäubender Lärm ein. Als ob tausend Messerklingen über die Außenhaut des Gleiters kratzen würden. Dann stoben aus dem wolkenartigen Dunkel kleine Geschosse und prasselten gegen die Scheibe. Jetzt erst erkannte Drax, dass es sich um die Eidechseninsekten handelte. In einem Millionenheer griffen die Biester den Flieger an. Das Warum blieb ihm ein Rätsel, genauso wie diese eigenartigen Tiere
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