Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2418 - Der Entropische Zyklon

Titel: 2418 - Der Entropische Zyklon
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
lautet der Auftrag, den Doktor Indica mir gab", hörte ich die Antwort des Roboters durch das Rauschen eines Wasserfalls, der nichts anderes als das Blut in meinen Ohren war.
    Erneut spürte ich den Sog in meinem Kopf. Diesmal war er um ein Vielfaches stärker als draußen vor dem Wald.
    Konnte jenes saugende Ungeheuer, das in Wirklichkeit ein Raumschiff mit vermutlich gigantischen Projektoren war, spüren, dass es irgendwo auf dieser Welt ein klein bisschen von seiner Lieblingsspeise gab? Oder handelte es automatisch und saugte jeden Planeten ab, der auf seinem Weg lag?
    Ich versuchte mir in Erinnerung zu rufen, wie ein Sporenschiff in etwa ausgestattet war. Ich brachte die Details nicht mehr zusammen. Nicht einmal die Größe fiel mir ein. Als ich Augenblicke später darüber nachzudenken versuchte, ob Sporenschiffe alle gleich groß waren, versagte auch hier die Erinnerung.
    Noch immer hämmerten die Bilder in mein Bewusstsein, die der Wald mir schickte. Nach und nach verloren sie an Konturen und Farbe, und nach einer Weile versiegten sie schließlich ganz, als habe jemand den Wasserfall abgedreht.
    Auch meine Gedanken versiegten.
    Ein einziges Bild sah ich noch: es zeigte den Wald, dessen Bestandteile sich unter dem Sog dicht an den Boden schmiegten und sich im Untergrund festkrallten, bis die Wurzeln quietschten. Ohne ein kleines Stückchen Orientierung wäre der Kontaktwald völlig hilflos gewesen. Aber da existierte in seiner Mitte ein einzelner winziger Fixpunkt, ein Anker aus Vitalenergie, an dem er sich mental festhielt in diesem treibenden, alles verlierenden Chaos, das über Kalifurn hinwegbrandete.
    Ich merkte noch, wie ich blind tastete, um den hellen Punkt zu finden, der sich ganz in meiner Nähe befinden musste.
    Vom Suchen wurde ich müde. Ich spürte noch die Woge, die mich verschlang, dann war nur noch Dunkelheit.
     
    *
     
    „Eine Stunde", sagte Deco-2. „Nicht länger."
    Benommen setzte ich mich auf. Der Zeitraum meiner Bewusstlosigkeit erschien mir kurz im Vergleich mit dem, was ich mitgemacht hatte. Vom Kontaktwald ganz zu schweigen.
    Ich fühlte mich wie gerädert.
    Der Chip in der Schulter war zwar nicht mehr heiß, aber er pochte mit dem Pulsschlag in der Halsader um die Wette. Als ich den Kopf bewegte, tanzten bunte Kreise vor meinen Augen. Wenn es noch eines Zeichens bedurft hätte, in welchem Zustand ich mich befand, dann wäre es das gewesen.
    Ich lauschte in mich hinein. Ich sah keine Bilder, aber ich hörte ein leises mentales Säuseln, ähnlich wie ein Raunen des Windes zwischen den Bäumen.
    Der Wald lebte. Allerdings würde er wohl deutlich länger brauchen als ich, bis er sich von dieser Belastung erholt haben würde. Aber er lebte, und darauf kam es an. Jahre, Jahrzehnte vielleicht.
    Ich atmete erleichtert durch.
    Es war vorbei.
    Der Entropische Zyklon war über das Kal-System hinweggefegt, oder, anders ausgedrückt, das Raumschiff, das den Zyklon erzeugte, war weitergeflogen auf seiner Bahn.
    Ich betastete meine Gliedmaßen. Alles war noch an dem Platz, wo an dem es sein sollte. Ich erinnerte mich an die letzten Eindrücke vor der Bewusstlosigkeit und ließ meinen Blick suchend über die Lichtung schweifen.
    Du bist noch nicht Herr über deine Sinne!, meldete sich der Extrasinn.
    Nanu? Du existierst noch?
    Was dachtest du?
    „Du brauchst ein Entkrampfungsmittel", meldete sich der Medo des Anzugs.
    „Ich komme mir vor wie ein Versuchskaninchen." Nach mehreren Injektionen jetzt noch die Chemobombe als Nachtisch. „Wieso überlässt du das nicht dem Aktivatorchip?"
    „Das dauert zu lange. Auch er muss sich erst erholen."
    Diesem Argument des positronischen Systems hatte ich nichts entgegenzusetzen.
    Wieso glaubst du, ich sei noch nicht Herr über meine Sinne?, erkundigte ich mich beim Logiksektor.
    Weil du den winzigen Anker suchst.
    Er steckt in deinem Körper.
    Der Aktivatorchip! Er hatte dem Wald als Orientierung gedient. Das erfüllte mich mit einem Gefühl der Zufriedenheit. Der Wald hatte mich vor dem Tod bewahrt und ich hatte mich durch den Chip ein bisschen erkenntlich zeigen können.
    Ich wollte aufstehen, aber es ging nicht. Meine Beine trugen mich nicht.
    Also öffnete ich eine der Taschen meines Schutzanzugs, nahm einen Konzentratriegel heraus und ließ den Helm sich öffnen. Genüsslich begann ich auf dem Riegel zu kauen. Dann ging ich hinüber zu der Liege mit dem toten Oahm’Cara.
    Sein Körper war mit Hunderten Blättern bedeckt, als wolle der Wald ihm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher