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2394 - Hyperraum-Nomaden

Titel: 2394 - Hyperraum-Nomaden
Autoren: Unbekannt
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zu verschwenden. Spektrale Zeitlosigkeit herrschte vor, ein Zeichen, wie alt das Anwesen des Hohen Lenkers und seiner Familie schon war.
    Einst haben sie den Aufbau der Spektralen Inselstaaten mitbestimmt. Die Vorfahren der Kinnaird und Raqisse gehörten schon damals zu den Hohen Lenkern und Transfermeistern.
    Eine Wandelhalle mit vier Säulenreihen nahm ihn auf. Der Gleitmeister spürte die Nähe der Hausbewohner beinahe körperlich. Jede Säule strahlte ein 'herzliches Willkommen aus, ein lautloses Wispern in seinen Gedanken. Hätte er sich mit Gewalt Eintritt verschafft, wäre er von verborgenen Falltüren verschlungen worden.
    Er spürte Schwingungen, ungefähr im Dreißig-Hertz-Bereich. Sie ließen seinen Körper bis in die innersten Fasern erbeben.
    Gleichzeitig stiegen unbeschreibliche Glücksgefühle in ihm auf, begleitet von ehrfürchtigem Staunen. Verdutzt hielt er inne. „Ich bin zu spät, es ist schon vorüber."
    Tamenunt wandte den Kopf, schenkte ihm ein schüchternes Lächeln. „Du täuschst dich. Aber es ist bald so weit."
    Sie gingen schneller. Bogus Hallond atmete schwer und stützte sich auf das Antigravsystem seines Gewandes. Dem Pförtner schien die Eile nichts auszumachen. Er erteilte über Funk Anweisungen, holte Informationen ein, schaltete dann blitzartig von externer auf interne Kommunikation um.
    Jetzt geschieht es!, erkannte der Gleitmeister. Ich komme doch zu spät!
    Aber was bedeutete das schon für einen Sphero, der sich mit jedem Schritt stärker eingestand, dass er wenig Ahnung von dem hatte, was sich ereignete?
    Im Hause Hallond gab es keine Kinder.
     
    *
     
    Ein leises Wimmern wies ihm den Weg durch die Kammern. Vorhänge aus dicker Schattenseide verdeckten die Durchgänge.
    Ein einziger Lufthauch kann tödlich sein, rief der Gleitmeister sich in Erinnerung.
    In der vorletzten Kammer blieb Tamenunt zurück, reglos vor der silbernen Wand, mit der sein ebenso silberner Körper fast vollständig verschmolz. Nur das Gesicht schimmerte wie ein Relief daraus hervor, Augen, Nase, Mund - mit einem Ausdruck stiller Aufforderung und einer Bitte um Verzeihung.
    Wofür?
    Bogus Hallond würde das Wesen der Pförtner nie verstehen. In ihnen mischte sich die Funktionalität hochwertiger Roboter mit der stillen Emotionalität der Sphero, und auf diese Weise stellten sie ideale Mittler dar, nicht nur zwischen den Sphero und der technisierten Umwelt, sondern auch bei den Sphero untereinander und im Kontakt zu Assoziierten.
    In den Gemächern des Hauses Kinnaird vermittelte der Pförtner physische wie psychische Nähe, denn Tamenunt verkörperte die Sphero, wie sie früher einmal gewesen waren. Heute lebten sie eher wie ein Abklatsch ihrer einstigen Größe, scheu gegenüber Fremden, zurückhaltend untereinander.
    Wie lange noch?
    Der Gleitmeister stolperte über eine Teppichleiste, fing sich mühsam ab. Früher hatte er mit dem Gleichgewicht keine Probleme gehabt, erst in den letzten dreihundert Jahren. Er verstand es als Alterserscheinung, ein Anachronismus gewissermaßen. Sphero alterten über Hunderte und Tausende von Jahren, je nach Vitalität. Das waren Zeiträume, in denen sich die winzigen Veränderungen an Körper und Geist schwer messen ließen.
    Die Umstände bei der Geburt spielten eine große Rolle, wie alt ein Sphero wurde.
    Vor dem letzten Vorhang zögerte Bogus.
    Keinen Luftzug! Nicht einmal einen Hauch!
    Er wollte nicht schuld sein, wenn das Kind kränkelte oder starb. „Wer kommt?", erklang eine helle Stimme.
    Er nannte seinen Namen. Das Rauschen eines Gewands erklang, ein Sirren wie von Libellen in seinen sensiblen Ohren.
    Jemand schlug den Teppich zur Seite, dieses vollendete Gebilde aus gewebter Formenergie.
    Bogus sah in das Gesicht einer Medikerin. „Entschuldige, Schwester, ich habe mich verspätet. Wie geht es der Mutter und dem Kind?"
    „Sie sind beide wohlauf."
    Erleichtert faltete er die Hände und folgte ihr hinein. Der hintere Teil des Zimmers war abgetrennt. Vier Säulenroboter mit langen Schlagstöcken hielten Wache. Die Medikerin führte ihn bis an das Sichtfenster.
    Zaghaft warf Bogus einen Blick in die Wiege. Er suchte nach Schläuchen, Pumpen und dem energetischen Blasebalg des Beatmungsgeräts. All das fehlte.
    Nur das Kind lag da, eingewickelt in hellblaue Tücher. Es schlief friedlich.
    Bogus sah, wie sich der im Vergleich zum Kopf winzige Oberkörper gleichmäßig hob und senkte. „Ein gesunder Junge", sagte die Medikerin. Sie lächelte dabei traurig.
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