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2394 - Hyperraum-Nomaden

Titel: 2394 - Hyperraum-Nomaden
Autoren: Unbekannt
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Kinnaird war ratlos und mutlos, aber dann ging er doch und nahm sich einen Gleiter, um die letzte Reise des Kindes vorzubereiten, auf das er sich so gefreut hatte.
     
    *
     
    Erilyn Shirde war wieder auf den Beinen, körperlich wie seelisch. Sie hielten einander an den Händen, gingen hinauf zur Plattform und stiegen in den Gleiter.
    Zwischen den Sitzen ragte ein Schiffchen auf, ein Gebilde aus Salzkristallen, das Morian seinem toten Kind gebaut hatte. Es besaß die Form eines Weltraumseglers, mit an den Rumpf gezogenen Sonnenpaddeln, ein Gefährt, für die Reise in die Unendlichkeit gedacht. Hinter den Kristallen zeichnete sich undeutlich der mumifizierte Körper des Winzlings ab.
    Der Transfermeister erkannte es inzwischen als symptomatisch, dass er immer wieder mit dem Tod konfrontiert wurde, nie mit dem Leben. Zuerst Bogus Hallond, dann Kaith Odonnue, jetzt das eigene Kind, das nie einen Namen besitzen würde. „Augenstern", stand auf dem Kissen, auf das er den zerbrechlichen Körper gebettet hatte. Wenn das Schiffchen ins Jenseits segelte, brauchte das Kind wenigstens einen Seelennamen. Ein alter Aberglaube vielleicht, aber wenn ihnen etwas half, dann der Glaube an die Vergangenheit. Der Glaube daran, dass die Anakonen noch existierten und ihnen erneut helfen konnten.
    Morian flog bis zum Zentrum des Lebensmeeres, wo er auch seinen Vorgänger der Ewigkeit übergeben hatte.
    Gemeinsam trugen die beiden Sphero das Schiffchen zum Ausgang und setzten es in das Wasser. Anschließend ließ Morian den Gleiter ein wenig aufsteigen. Sie blieben und sahen zu, wie die Strömung die kleine Barkasse aus Salz davontrug, dem Horizont entgegen und in die untergehende Sonne hinein..
     
    9.
     
    Gegenwart: Immentri zaudert
     
    Etwas schleuderte ihn davon, weg von dem Albtraum, durch die Mauer hinaus in das Gras. Er wollte sich abfangen, aber sein Körper schien eingefroren. Wie ein verrosteter Roboter kam er dich in diesem Moment vor. Dann lichtete sich das Dunkel, und er konnte wieder sehen. Er stand noch immer auf dem Dach des Spektralen Turms vor der Sitzgruppe aus gehauenem Stein, in der die beiden Toten saßen. Sie glänzten ebenso nass wie er.
    Immentri Luz bewegte sich, und es schmatzte unter seinen Sohlen.
    Dicke schwarze Regenbänke zogen immer schneller und hektischer dahin. Sie wichen lockerer Bewölkung und schließlich Dunstschichten. Nach Bruchteilen eines Augenblicks strahlte die Sonne von einem makellos grünblauen Himmel...
    Du hast die Nacht über hier gestanden!
    Irgendwann hatten sich seine Finger von dem Mnexion-Stirnkreis gelöst, vermutlich waren sie nass geworden und abgerutscht.
    Er war wieder zu sich gekommen.
    Er musterte den Reif, den der Tote ihm noch immer entgegenstreckte, als wolle er ihn auffordern, das Gebilde an sich zu nehmen. Der Stirnkreis mit dem eingeschlossenen Psi-Quant gehörte dem wohl wichtigsten Sphero der letzten Jahrzehntausende. Und er enthielt die ganze Geschichte der Sphero bis weit zurück in die Zeit nach dem Bau der Spektralen Inselstaaten. Vor allem aber enthüllte er die Geschehnisse aus der Zeit vor 55.000 Jahren, als die Sphero sich auf die Suche nach dem Überleben gemacht hatten.
    Eine Suche, die vielleicht anders verlief, als sie es sich gewünscht hatten.
    Immentri Luz glaubte nicht, dass die Sphero ausgestorben waren. Sie hatten Vitogh'Farien aufgegeben, aber es gab noch etliche andere Welten in den elf Sonnensystemen des Inneren Kreises. Und es gab die bewohnten Systeme weiter draußen, in denen die anderen Völker lebten. Der Aktivierungswächter hielt es durchaus für möglich, dass sie die Ereignisse bei den Sphero gar nicht mitbekommen hatten.
    Wieder ertappte er sich dabei, wie er den Reif anstarrte. „Nein!", sagte er laut. „Er gehört mir nicht. Wenn ich ihn nehme, stehle ich dir deine Seele."
    Den Toten schien das nicht zu beeindrucken. Er streckte ihm das Gebilde weiterhin auffordernd entgegen.
    Immentri war kein Sphero. Er kannte die aktuelle Lage nicht, vermochte nicht zu entscheiden, wie er sich verhalten sollte.
    Gut, der Schleier, der bisher über der Erinnerung des Aktivierungswächters gelegen hatte, war fortgezogen. Endgültig.
    Alles Wissen, das über so lange Zeit blockiert gewesen war, jetzt stand es ihm wieder zur Verfügung.
    Nach 55.000 Jahren terranischer Zeitrechnung war er aus diesem Sarg gekrochen in eine Welt, die er nicht kannte.
    Wer konnte schon sagen, ob nicht drinnen im Turm Sphero warteten und seine Loyalität prüften?
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