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239 - An der Pforte des Hades

239 - An der Pforte des Hades

Titel: 239 - An der Pforte des Hades
Autoren: Mia Zorn
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konnte. Am frühen Morgen setzten sie ihren Weg fort. Nachdem sie einige Zeit über schroffe Felsenplatten gefahren waren, breitete sich vor ihnen die weite Ebene der Schneewüste aus. Sie funkelte und glitzerte im Licht der Sonne, die nur knapp über dem Horizont stand. Ein feierlicher Ausdruck lag auf Chachos Gesicht, als Sable den Schlitten auf das Schneefeld zog. »Willkommen in der Welt der großen Mamapacha!«, rief er seinen Begleitern zu.
    Und je weiter sie in die Welt der Mamapacha vordrangen, desto mehr lebte der Einsiedler auf. Er redete wie ein Wasserfall und seine Augen strahlten. Als sich Aruula zu ihm ans Steuer setzte, deutete er ständig auf den Boden oder in den Himmel. Dort wo andere nur Eis, Schnee und Wolken sahen, erkannte er unzählige Arten und Formen, die er jeweils in der Pachachao-Sprache benennen konnte. Es war ihm deutlich anzumerken, wie sehr er hier verwurzelt war und wie gut sie ihm tat, diese Welt der Mamapacha.
    Für ihr Nachtlager suchte Chacho einige Schneedünen aus, die ganz in der Nähe einer Spalte lagen. »Bleibt in der Nähe der Dünen und haltet euch von dem Spalt fern«, ermahnte er seine Gefährten.
    Sie schlugen ihr Lager auf. Es wurde eine Jurte errichtet, ein Lagerfeuer entzündet, gekocht und gegessen. Während Agat’ol sich rege an allem beteiligte, hockte Kor’nak abseits und machte ein finsteres Gesicht.
    »Willst du nichts essen?«, erkundigte sich Matt und deutete auf den Topf mit Suppe. Er hoffte, dass der Hydrit sein Schweigen endlich brach. Aruula hatte ihm berichtet, dass Kor’nak und Agat’ol sich unterhalten hatten, aber gegenüber den Menschen schwieg der Hydrit immer noch beharrlich.
    Fast angewidert schüttelte der Drachenmeister den Kopf.
    Vielleicht, überlegte Matt, war es seine Einstellung, die ihn daran hinderte, sich zu öffnen. Er wusste, dass viele Hydriten den Menschen gegenüber reserviert, ja abweisend eingestellt waren. Zum Glück war Agat’ol anders. Er hatte inzwischen davon erzählt, dass er die Menschen über Jahre hinweg studiert und dabei auch einige ihrer Sprachen gelernt hatte.
    Auch jetzt schaltete sich Agat’ol sogleich ein. »Die Kälte macht ihm zu schaffen«, entschuldigte er seinen Freund.
    Chacho warf Kor’nak einen besorgten Blick zu. »Dann wird er uns verhungern. Denn mit jedem Tag, den wir weiter ziehen, nimmt die Kälte zu. Außerdem werden wir ab morgen einen kräftigen Nordwind haben.«
    »Woher weißt du das?«, wollte Agat’ol wissen.
    »Ich bin ein Pachachao«, antwortete der Einsiedler und erzählte dem Hydriten ein wenig von seinem Volk.
    Nach und nach verebbten die Gespräche und irgendwann war nur noch das Atmen und Schnarchen der Gefährten zu hören.
    In der Nacht erwachte Matthew Drax unvermittelt und sah, dass das Lager von Chacho leer war. Matt vermummte sich bis unter den Haaransatz und trat vor die Jurte. Ein prächtiger Vollmond hing am Himmel und es war fast so hell wie bei Tag. Hinter den Schneedünen entdeckte Matt in der Ferne die Gestalt des Einsiedlers und beschloss ihm ein wenig Gesellschaft zu leisten. Beim Näherkommen sah er, dass Chacho in einem Kreis aus Steinblöcken kniete. Das sah nach einem Ritual aus und Matt wollte den Pachachao dabei nicht stören.
    Er wollte gerade umkehren, als Chacho ihn zu sich rief. »Ich habe die Göttin gebeten, uns sicher in die Risswelt zu bringen.« Er deutete in den Kreis, in dessen Mitte ein aus Schnee geformter Walfisch lag. Offensichtlich hatte der Einsiedler seiner Göttin auch ein Geschenk gemacht: Im Rücken des Schneefischs steckte das Marienamulett aus Chachos Höhle. »Und ich habe von Sable Abschied genommen.«
    Matt verstand nicht. »Wieso Abschied genommen? Wo ist er?«
    »Ich habe ihn fortgeschickt. Ab Morgen werden wir segeln. Wir werden schnell vorankommen. Schneller als ein Sebezaan laufen kann.«
    »Es ist schade, dass Sable nicht mehr mit uns reisen wird«, sagte Matt. »Ich werde ihn und seinen Schutz vermissen. Wird er bei deiner Höhle auf dich warten?«
    Chacho sah ihn ernst an. »Das wird er. Ich hoffe nur, er wartet nicht vergebens…«
     
    ***
     
    Wie Chacho vorausgesagt hatte, kam am nächsten Morgen Wind auf. Der Einsiedler wollte so bald wie möglich aufbrechen. Matt und Kor’nak übernahmen die Aufgabe, Schnee zu sammeln, um ihre Wasservorräte für die Weiterreise aufzufüllen. Denn, wie Chacho ankündigte, lag nun der gefährlichste Streckenteil vor ihnen. Sie würden in den nächsten beiden Tagen den Schlitten nur im
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