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2298 - Bericht eines Toten

Titel: 2298 - Bericht eines Toten
Autoren: Unbekannt
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umgekehrt gewesen? Oder vielleicht doch ganz anders? Ich wusste es nicht mehr, jetzt, da der dunkle Schlamm verschwunden war, in dem sich mein Bewusstsein gesuhlt hatte. „Gedulden?", polterte Bull. „Du bist gut! In jeder Minute, die verstreicht, sterben da oben Terraner, und du willst uns auf später vertrösten? Verdammt, versuch es noch mal!"
    Reginald Bulls Gesichtsfarbe hatte fast das Rot seiner Haare angenommen. Seine Wut war mir verständlich, doch ich war noch schwach, so schwach ...
    Man hatte mich einst geschaffen, um ein Sporenschiff zu kommandieren. Ich war dazu ausersehen gewesen, ein Mächtiger zu sein, doch das war nie eingetreten, und nun war ich gar ein Ohnmächtiger. Wie sollte ich den Terranern helfen? Sollte ich Funkbotschaften an die Titanen richten? Was würde das bewirken, solange Satrugar noch Kontrolle ausüben konnte?
    Vor allem, solange die Kybb für ihren Gott Gon/O kämpften, das spirituelle Zentrum ihrer Kultur?
    Es war für mich - für Gon-Orbhon! zu spät. Bis ich die Lage unter Kontrolle bringen konnte, falls mir das überhaupt möglich sein sollte, war Rhodans Flotte vernichtet. „Beruhige dich, Bullos. Dein Brüllen bringt uns nicht weiter. Niemandem ist geholfen, wenn Gon-Orbhon sich übernimmt. Wenn wir ihn verlieren, war alles umsonst."
    Ich sah zu dem Haluter hoch. Seine rot glühenden Augen und die laute, tiefe Stimme schienen das Gegenteil von dem auszudrücken, was er sagte.
    Meine Gedanken klärten sich zusehends. Ich wusste ganz genau, was ich getan hatte und wie die Lage im Solsystem einzuschätzen war. Selbstvorwürfe waren im Augenblick unangebracht und würden nur noch mehr wertvolle Zeit kosten. „Es gibt eine Möglichkeit", sagte ich und streckte die Hand aus. „Ich brauche deine Hilfe, Gucky. Stelle Körperkontakt mit mir her. Du bist ein Mutant, genau wie ich, und ich brauche deine mentale Kraft als Unterstützung."
    Das Pelzwesen schwebte zu mir heran und zog seine schwarze Nase kraus. „Du bist ein Mental-Dislokator ... und ich soll deine Psi-Fähigkeit verstärken, wie es zuvor Satrugar getan hat?"
    „Es gibt keinen anderen Weg. Vertrau mir. Ich verfüge wieder über meinen eigenen Willen und weiß, was zu tun ist! Ich werde versuchen, mit deiner Hilfe die Herrschaft Satrugars über die Kybb-Kommandanten zu brechen. Es ist die letzte Chance, dieses Sonnensystem vor dem Untergang zu bewahren."
    „Du willst ..." Bull prallte zurück. „Weißt du, worauf du dich da einlässt, Kleiner? Wenn er dich übernimmt..."
    „Das muss ich wohl oder übel riskieren." Der Ilt sah mich an. „Es geht um unsere Heimat und unsere Freunde, die mir sehr viel bedeuten. Wenn ich auch nur den Hauch eines falschen Gedankens bei dir spüre, werde ich dich töten." Er sprach leise, doch ich wusste, dass er es genauso meinte, wie er es sagte. Seine Augen verrieten es mir.
    Der Mausbiber sank neben mir zu Boden. „Für die Freunde."
    Er ergriff meine Hand, und die Kraft floss.
    Plötzlich war alles fast so wie früher.
    Ich besaß wieder schier unermessliche Kräfte und spürte die Wesen in diesem Kosmos. Ich konnte sie leiten, ihnen Gedanken einflößen und sie glauben machen, ich sei alles. Ein Kunstgeschöpf, perfekt und unsterblich, bemüht, der Milchstraße eine Moral zu bringen, aus1 der Frieden erwuchs.
    Doch wohin hatte mein Weg mich geführt?
    Auch ein Gon-Orbhon machte Fehler, und ich musste einige davon korrigieren.
    Fragmente einer Chronik Erst als ich das Stöhnen hörte, wurde mir klar, dass ich nicht tot war. Ich öffnete die Augen und sah mich um. Im schwachen Licht der Notbeleuchtung konnte ich kaum etwas erkennen.
    Das gequälte Geräusch kam von Harinta. Sie lag zwei Meter von mir entfernt auf dem Boden, blutete aus einer Schnittwunde an der Stirn. Aber sie lebte, sonst hätte sie nicht stöhnen können.
    Dieser lapidare Gedanke war für mich wie eine Offenbarung.
    Die Luft war stickig. Wahrscheinlich waren die Umwälzsysteme der Lebenserhaltung ausgefallen, genau wie sämtliche Instrumente in der Zentrale. Die Holos waren erloschen, die Arbeitsstationen dunkel. Ich spürte ein heftiges, allgegenwärtiges Vibrieren; das gesamte Schiff schien unter unnatürlichen Schwingungen zu erzittern. Irgendwie schaffte ich es, mir keine Gedanken über die Ursache zu machen.
    Mir wurde klar, dass die FRANCISCO DE ORELLANA einen schweren Treffer abbekommen hatte. Wahrscheinlich lebten wir nur noch, weil die Hauptzentrale sich exakt im Schiffszentrum befand, am Übergang von
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