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2284 - Die Fliegenden Rochettes

Titel: 2284 - Die Fliegenden Rochettes
Autoren: Unbekannt
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Frühlingswetter; die Sonne schien, die ersten Bäume blühten, die Vögel zwitscherten - und dennoch schien der Ertruserin, als läge über alldem eine schwere, feuchte, stinkende Decke, die jede Lebensfreude unter sich erstickte.
    Es sollte Tempel der Depression heißen, nicht Degression, dachte sie bitter.
    Terra stand unter Schock. Auf der Erde regierte die Angst. Dem Gott Gon-Orbhon und Carlosch Imberlock, seinem Propheten, war es spielend leicht gelungen, die Gruppe Sanfter Rebell zu zerschlagen, bevor sie noch nennenswerte Aktivitäten setzen konnte.
    Auch Picco und sie waren damals gar nicht erst zu dem Treffen gegangen. Mutigere, die es dennoch wagten, wurden binnen Stunden ausgehoben, abgeurteilt und hingerichtet.
    Zum einen übernahm Gon-0 offenbar die von früher bekannten Anführer und Kontaktpersonen, wodurch sein Prediger Kenntnis von den Vorgängen im Untergrund erhielt.
    Zum anderen nutzten eifrige - und eifernde - Jünger jede Gelegenheit, verdächtige oder auch nur unliebsame Zeitgenossen bei den Behörden anzuschwärzen.
    Dieses gemeine Denunziantentum erschütterte Gertraudis fast am meisten. Und obwohl sie das niemals laut geäußert hätte, gewann sie den Eindruck, dass die Wiener jenen „Unsport" mit ganz besonderer Leidenschaft betrieben. .„Ihnen hat auch schon wieder wer vernadert", sagte der dünne Polizist, als er zusammen mit seinem korpulenten Kollegen im Zirkus auftauchte, wie inzwischen fast täglich. „Bedaure, aber wir müssen jeder Anzeige nachgehen. Wenn wir bitte nochmals ein Auge in die Personalwohnräume werfen dürften?"
    Die Durchsuchung währte pro Kabine genau drei Sekunden. Nur bei Picco hielten sich die Inspektoren und bekennenden Terra-Nostalgiker Gro Ebner und Supan Cic länger auf, allerdings aus Sorge um die Gesundheit des Plophosers. „Jegerl, der ist schiach beinander", stellte Cic in seinem besten angelernten Gründungszeitwienerisch fest, nachdem er das halb nackt auf der Couch schnarchende Wrack erblickt und vergeblich zu wecken versucht hatte. „Angesoffen wie ein Häuseltschick. Der wirft aber hoffentlich heute Nachmittag nicht mit Essbesteck?"
    Gertraudis seufzte. „Nein, seine Nummern mussten aus dem Programm gestrichen werden. Wir sind momentan schon froh, wenn er wenigstens ab und an so weit bei Sinnen ist, dass er feste Nahrung zu sich nimmt."
    „Warum setzts ihm denn nicht den Spiritus ab?"
    „Das versuchen wir ohnehin, aber er schafft es immer wieder, sich etwas zu besorgen. Dazu reicht's leider noch. Und wir sind einfach zu wenige, um pausenlos auf ihn aufzupassen."
    „Sollen wir ihn mitnehmen und in die Ausnüchterungszelle sperren?"
    Gertraudis überlegte. „Nein, danke, das würde auch nichts bringen. Sobald er auf freiem Fuß ist, trinkt er sich erst recht wieder besinnungslos."
    Außerdem wusste sie Picco trotz allem lieber hier als in den Händen den Obrigkeit. Cic und Ebner waren zwar nett und wie die meisten niedrigen Chargen frei von Beeinflussung durch Gon-O, aber mittelfristig durfte man in diesen Tagen niemandem vertrauen.
    Dos ist ja das Furchtbare. Selbst wir fangen schon an, uns gegenseitig zu beargwöhnen.
    Allein, wie sich Babett und Sirene manchmal anstarren ...
     
    15.
     
    „Jetzt nicht!", rief Matti, nachdem sie zum dritten Mal geklopft hatte.
    Babett trat trotzdem ein.
    Ihr Geliebter schrak vom Schreibtisch hoch. „Ich sagte doch... Oh, du bist es."
    „Ach, du Armer! Immer noch Buchhaltung oder schon wieder?"
    „Sowohl als auch. -Babettchen, bitte, ich ..."
    Sie trat zu ihm und küsste ihn innig, bis er sie, um Atem ringend, von sich schob. „Mein Portable hat schon wieder Aussetzer", sagte sie augenzwinkernd. „Aber mein Gehirn nicht."
    Babett hockte sich auf den Schreibtisch und schlug die Beine übereinander. Die Netzstrümpfe aus goldenem Pseudo-Carit hatten alles verschlungen, was sie noch an Barem besessen hatte. „Hast du es ihr gesagt?"
    „Was? Wem? Wieso? - Oh. Nnein." Seine Erregung steigerte sich sekündlich. Schön, dass er so heftig auf sie reagierte. „Wäre es dir lieber, wenn ich das für dich mache? Ich kann verstehen, dass es dir nicht leicht fällt, deiner Noch-Frau zu ..."
    „Babett!" Er fasste sie um die Schultern. „Sieh mich an und hör mir zu."
    „Ich mag das, wenn du so streng bist."
    Seine Finger waren wie Schraubzwingen. „Ganz langsam, zum Mitschreiben: Mit uns beiden, das wird nichts. War nie und kann auch nie was werden. Worin auch immer du dich verrannt hast - schlag es dir aus
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