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2284 - Die Fliegenden Rochettes

Titel: 2284 - Die Fliegenden Rochettes
Autoren: Unbekannt
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„Sei nicht albern, Mädel. Und foppe auch mich alten Narren nicht. Ich bin schon lächerlich genug."
    „Du bist überhaupt nicht lächerlich!
    Und ich meine es ernst."
    Er ging nicht darauf ein. „Muss mich sputen", sagte er, klemmte das Vetkit unter den Arm und schob sich an ihr vorbei zur Tür. „Du hast ja gehört, was die Herrin befohlen hat.
     
    2.
     
    Mattis Angetraute empfing ihn mit einer Tirade der Stärke sieben Komma drei auf der nach oben offenen Rochette-Skala. Selbstverständlich gab sie ihm die Schuld an der Diarrhöe des Imperatorpinguins oder - wie er ihn wissenschaftlich korrekt nannte - Sphericus gaumaroli. „Kein Wunder, dass die Tiere krank werden", zeterte Sirene, „bei dem billigen Syntho-Müll, den wir an sie verfüttern müssen. Aber das bisschen Geld, das wir einnehmen, wird ja sofort für den Krempel in Schweber Zwölf hinausgeworfen!"
    Matti überhörte die ungerechtfertigte Unterstellung. Seine Göttergattin wusste so gut wie er, dass er sich jeden Galax, den er in sein Hobby investierte, vom eigenen, ohnehin sehr bescheiden bemessenen Gehalt absparte. Buchstäblich vom Mund: Manchmal würgte er dasselbe Syntho-Zeug hinunter wie der Pinguin und die anderen Viecher.
    Er verzichtete auch auf das Argument, dass er den Streichelzoo nie gewollt hatte. Schon als Junge hatte er immer von einem „klassischen" Zirkus geträumt, von der traditionellen, uralten, puren Artistenkunst. Technischen Schnickschnack lehnte er in diesem Zusammenhang ebenso ab wie tierquälerische Dressurnummern. Doch gegen den Streichelzoo, mit dem ihn Sirene eines Tages überrumpelt hatte, stand Matti auf verlorenem Posten.
    Ihn schauderte, als er an das Zwischenergebnis der Buchhaltung dachte. Unglaublich, aber leider wahr: An manchen Tagen brachte die peinlich winzige Menagerie mehr ein als beide Vorstellungen zusammen. Stadtkinder liebten nun mal kleine, knuddlige Tiere, und trotz seines Widerwillens musste Matti zugeben, dass Sirene ausgesucht originelle Exemplare erworben hatte. Sogar der senile, cholerische Mini-Krokogator - Caiman peymanensis, natürlich - fand seine hysterisch grölenden, halbwüchsigen Fans. Und jedes Mal wieder, wenn sie in eine neue Stadt kamen, stürzten sich die Medienleute nicht etwa auf den Jongleur, die Equilibristen oder den weltweit einzigartigen Trapezakt, sondern auf das Lötiparden-Baby - Hybridus schicho -, das so schrecklich entzückend gähnen konnte. Banausen. „Hörst du mir eigentlich zu, Matti di Rochette?"
    „Aber natürlich, Liebes."
    „So. - Was habe ich gerade gesagt?"
    „Ohm ... Dass alles halb so schlimm wäre, wenn ich endlich einmal meinen schlaffen Hintern in Bewegung setzen und mit mehr Nachdruck Sponsoren keilen würde?"
    Sirene beäugte ihn misstrauisch.
    Er hatte also richtig geraten. Nun, in der letzten Woche waren ihre drei derzeitigen Lieblingsthemen im prozentualen Verhältnis von 43 zu 36 zu 21 durchgekaut worden, und er hatte auf die höchste Wahrscheinlichkeit gesetzt. „Ganz genau", keifte sie weiter. „Wie oft soll ich es noch sagen? Um mehr Publikum anzulocken, müssten wir mehr Werbung machen - wofür uns das Geld fehlt, weil zu wenig Leute kommen!"
    Circulus vitiosus, dachte er automatisch. Der alte Teufelskreis, der noch jedem Schausteller zugesetzt hat.
    Sirenes Mandelaugen funkelten. Sie war immer noch hübsch, nur sehr verhärmt. Und frustriert, weil aus ihrem gemeinsamen Traum ein bitterer Kampf ums tägliche Überleben geworden war. Vielleicht hatte sie ja sogar Recht, wenn sie ihm vorwarf, dass er neben dem Zirkus einer zweiten Leidenschaft frönte. Obwohl er das von Anfang an klargestellt hatte. „Herr Matti aber", schimpfte sie prompt, „trifft sich ja lieber mit anderen Spinnern als mit potenziellen Geldgebern. Und er steuert Wien an und nicht etwa Moskau, wo sie verrückt nach Zirkus sind. Weil sich in Wien besonders viele von diesen Spinnern herumtreiben!"
    Nun widersprach er doch. „Wir sind hierher gereist, weil die Bewohner der Mittelmeer-Region circensische Vorführungen mindestens so sehr lieben wie die Menschen in Asien.
    Wien lag ganz einfach auf dem Weg - und wir sparen Geld."
    „Sparen Geld, sparen Geld! Pah! Allein, dass unsereins keine Subventionen mehr erhält - ha!
    Was ist denn das für ein Gemeinwesen, das nur noch gemein ist und nicht mehr den Gemeinsinn fördert, sprich: uns?"
    „Homer G. Adams hat die Subventionen zeitlich befristet ausgesetzt, um Kapazitäten frei zu haben, die nach der
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