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2284 - Die Fliegenden Rochettes

Titel: 2284 - Die Fliegenden Rochettes
Autoren: Unbekannt
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zuckte zusammen. „Bitte, echauffiere dich nicht, Liebes. Du kennst doch die Medien. Das nimmt sowieso niemand ernst."
    „Ach ja? Imberlock und sein Gottseibeiuns dürfen also verzapfen, was sie wollen?"
    „Derzeit schon, Schatz. Die Wahrheit ist immer die der Herrschenden, und die Geschichte wird von den Siegern geschrieben."
    Schlaue Sprüche, das hatte er drauf. „Ruf sofort an und beschwere dich beim Kundendienst!", forderte sie. „Damit sie nachforschen und herausfinden, dass wir seit Monaten keine Gebühren mehr zahlen?"
    „Hm."
    „Schau, Sirenchen: Offen kann momentan niemand gegen Imberlocks Kirche auftreten. Er und Gon-0 sind nun mal am Drücker; sie kontrollieren direkt oder indirekt die gesamte Exekutiv- und Medienmacht im Solsystem. Aber ich bin überzeugt, sie verrechnen sich. Wer glaubt, Terra einfach schlucken zu können, holt sich bald eine Magenverstimmung. Wir sind mit ganz anderen fertig geworden."
    „Du sicher nicht."
    Insgeheim gab sie ihrem Ehemann allerdings Recht. Die Terraner hatten schon viel überstanden, zuletzt die arkonidische Besatzung; nicht mal drei Jahrzehnte lag das zurück.
    Was Sirene so in Rage brachte, war Mattis Fatalismus. Dass er die Hände in den Schoß legte und so tat, als ginge ihn das alles nichts an.
    Er setzte seinen Dackelblick auf, bei dem sie nach all den Jahren immer noch weich zu werden drohte. „Jeder von uns sollte wissen, wo sein Platz ist", säuselte er eine seiner Lieblingsweisheiten. „Die einen, die dafür geschaffen sind, kämp" fen und organisieren an vorderster Front. Die anderen arbeiten ihnen zu, so gut sie können. Und wir, die für sonst nichts gut sind, versuchen wenigstens, sie bei Laune zu halten, ihnen für kurze Zeit Entspannung zu verschaffen. Das und nur das ist unsere Aufgabe."
    „Amen."
    Matti stand auf und legte seine Arme um sie. „Manchmal widere ich mich selbst an", sagte er leise. „Aber ich kann nun mal nicht aus meiner Haut. Wenn du lieber einen Helden statt einen Spaßmacher hättest, musst du dir einen anderen suchen."
    Sie erwiderte ganz kurz seinen Druck, dann schubste sie ihn unsanft weg. „Nachdem ich dir die besten Jahre meines Lebens geopfert habe? Bild dir das bloß nicht ein, du Clown. - Und jetzt geh und sieh nach dem Pinguin!
     
    10.
     
    Am nächsten Morgen erklärte Carlosch Imberlock den Gon-O-Kult zur terranischen Staatsreligion. Der feierliche Akt wurde von Neapel ins ganze Sonnensystem übertragen und darüber hinaus zu allen Welten, die über die Funk-Relais-Kette erreichbar waren.
    Babett verfolgte das Geschehen mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination. Sie musste zugeben, dass Imberlock verdammt gut aussah: fast zwei Meter groß, muskulös gebaut, dunkler Vollbart und ebensolche wellige, schulterlange Haare ... Wie fast immer bei seinen Auftritten trug er wadenhohe schwarze Stiefel und eine Overallkombi von derselben dunkelblauen Farbe wie seine fanatisch glühenden Augen.
    Furcht einflößend autoritär, aber auch sehr maskulin, dachte Babett. Und dabei ist er erst zweiundvierzig ...
    Das Medium des Gottes Gon-O stand auf einer schmucklosen Plattform, die an einem der Hänge des Vesuv errichtet worden war. Ein glutroter Umhang mit gelben, an Lavaströme gemahnenden Streifen umflatterte Imberlock. Er sprach in sonorem, eindringlichem Tonfall. „Meine Worte", begann er, „richten sich an alle Terraner, ob Menschen oder Nichtmenschen, Gläubige oder noch Ungläubige. Die Kirche Gon-Os lädt euch alle ein, mitzubauen an einer Zukunft, dermaßen reich an Heil und Glorie, wie es sich die Bewohnerinnen und Bewohner dieses Planeten nie zuvor erträumen durften."
    Die Kameras filmten Imberlock leicht von unten, sodass sein im Wind wehender Haarschopf mit den dunklen Wolken zu verschmelzen schien, die über dem Bergmassiv dahinzogen. Das Gegenlicht starker Schweinwerfer zeichnete eine Gloriole um sein markantes Haupt. „Dies ist ein großer Tag. Dies sind herrliche Zeiten, Zeiten des Wandels und des Neubeginns.
    Wir, die Jünger des einen und einzigen Gottes Gon-Orbhon, sehen längst nicht mehr den schlafenden Hünen mit dem Schwert vor uns, der uns alle in einen süßen Tod führen wird.
    Nein, meine Lieben, dieses Bild war unvollständig und verzerrt, und ich scheue mich nicht zuzugeben, dass selbst ich es nicht in seiner vollen Bedeutung begriffen habe. Bis heute."
    Babett horchte auf. Carlosch Imberlock schlug neue, von ihm nie gehörte Töne an. Was bezweckte er damit? „Jener Hüne, unser
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