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2280 - Exil der Orakel

Titel: 2280 - Exil der Orakel
Autoren: Unbekannt
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häretisches Gedankengut an einem Ort außerhalb Cain-Orakelstadts im Klaren werden."
    Der Triumph in der Stimme des Obersten war unüberhörbar, als die Mehrheit der versammelten Patriarchen Beifall flappte.
    Alles, was Bort an diesem Abend gesagt hatte, würde dazu führen, dass sich die wenigen Sympathisanten seiner Ideen von ihm abkehren mussten. Ein Schota-Magathe, der sich einem derartigen Gefühlsausbruch hingab, war keinesfalls geeignet, das Wort im Kreise der wichtigsten Patriarchen zu ergreifen.
    Müde robbte Bort Leytmark zum Großen Grat, um sich wortlos in den Abgrund zu werfen. Er hatte versagt.
    Erst als er in das kühle Nass tauchte, wurde ihm klar, dass es der Oberste gezielt auf diese Bloßstellung angelegt hatte.
    Die kleine Provokation am Korallenriff; die herausfordernden Blicke während seiner Ansprache; die absichtlich konservativ ausgelegten Litaneien - dies alles hatte nur dazu gedient, das in Bort kochende Temperament zum Vorschein zu bringen und ihn in aller Öffentlichkeit bloßzustellen.
    Und er hatte brav mitgespielt, war dem alten Intriganten ein folgsames Opfer gewesen.
    Cain-Orakelstadt war ein Wunderwerk der Natur.
    Mit nur geringfügiger Einflussnahme durch die Schota-Magathe war im Lauf der Jahrtausende eine unterseeische Stadt am Stock der Insel Perfetaur entstanden, die zwei Tagesreisen vor dem Festland des Kontinents Fairan aus dem Khalischen Ozean stach.
    Die riesigen Höhlen mochten das Resultat vielfältiger Gasblasenbildung während eines Vulkanausbruchs auf dem Eiland gewesen sein. Das schwefelhaltige Gestein und die mineralhaltigen Ablagerungen, an denen besonders die Kinder gerne knabberten, stützten diese Theorie hinlänglich. Aber sie besaß für die Schota-Magathe - wie die meisten Wissenschaften - keinen Nutzwert. In mancher Hinsicht waren Borts Artgenossen außerordentlich pragmatisch ausgerichtet. Es reichte für sie zu wissen, dass das Höhlensystem bis in alle Ewigkeit Sicherheit, behagliche Temperaturen, fruchtbare unterseeische Nahrungsanbauflächen, köstliche Salzhaltigkeit des Wassers, phosphoreszierende Flächen und sonnenbeschienene Ruhebänke bot. Nahezu 80.000 der 100.000 Schota-Magathe Baikhal Cains lebten hier in gut gegliederten Verbünden, Gruppen, Gehegen und Großfamilien. „... und auf das alles müssen wir verzichten, weil du wieder mal den Rüssel nicht halten konntest!", fuhr ihn Kentiloy wütend an. „Vierzig Tage in der Provinz, ohne Bequemlichkeit, stets unterwegs, mit quengelnden Kindern am Hals, die zu allem Überdruss deine Jähzornigkeit geerbt haben. Wenn du einen Grund gesucht hast, dich von mir zu trennen, hättest du es auch einfacher haben können ..."
    „Aber nein, mein Zuckerflösselchen ..."
    „Es hat sich ausgeflösselt, du Riesensaibel! Ach, hätte ich nur auf meine Mutter gehört, als sie mir abriet, deine Gehegin zu werden ..."
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, unterbrach Bort Leytmark sie: „Wir können deiner Mutter in der Persson-See gerne einen Besuch abstatten. Die Gelegenheit wäre günstig, und ..."
    „Nein, alles, nur das nicht!"
    Seine Gehegin versteifte abrupt und streckte die zarten, kleinen Hände abwehrend von sich. Das Verhältnis zwischen Tochter und Mutter, die in einer kleinen Kolonie der Schota-Magathe nahe dem Westkontinent Eyari lebte, war alles andere als harmonisch zu nennen. „Ich dachte nur", blubberte Bort leicht amüsiert. „Was hältst du davon, wenn wir stattdessen die Küste entlangreisen?"
    „Humm ..." Seine Gefährtin gab sich ein wenig zögerlich, doch ihre Augen leuchteten. Die Küste... ganz in der Nähe jenes Ortes, an dem sich der Heilige Berg befunden hatte. Bort wusste nur zu gut, dass Kentiloy wie so viele seines Volkes wie magisch von der Ausstrahlung des Heiligen Berges angezogen wurde, ungeachtet aller Grausamkeiten, die dort seitens der Kybb begangen worden waren. Einer jener verkommenen Vorteile der ach so bequemen Politik der Nichteinmischung, wie Bort fand.
    Kentiloy flappte zögerlich mit der Schwanzflosse. Sie stimmte seinem Vorschlag letztendlich zu.
    Gut so. Damit hatte er die so launische Gehegin dort, wo er sie haben wollte.
    Borts schlechte Laune nach der Niederlage am Großen Grat war längst verflogen.
    Die Verbannung, die für viele der konservativen Patriarchen eine arge Strafe bedeutet hätte, empfand er im Gegenteil als Erleichterung. Ein wenig Zeit abseits des täglichen Einerleis würde ihm helfen, den Kopf frei zu bekommen und seine Gedanken neu zu
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