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2280 - Exil der Orakel

Titel: 2280 - Exil der Orakel
Autoren: Unbekannt
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ebenfalls mit alten Sitten brechen. Junge Mitglieder unserer ehrwürdigen Versammlung, deren Barthaare noch nicht einmal getrocknet sind und die dennoch meinen, das Land gewaltsam aus dem Ozean hebeln zu müssen."
    Goth Dungear drehte seinen hinfällig gewordenen Körper mühsam zur Seite, vollführte eine Rolle, bedachte mehrere der Anwesenden scheinbar rein zufällig mit einem Blick.
    Das alte Walross war nahezu blind. Gleichwohl schien es zu riechen oder zu spüren, wo Bort sich befand. Sein strenger, blinder Blick strich gerade über seinen Leib besonders lange und aufmerksam hinweg.
    Der junge Patriarch beherrschte sich, wie er selbst meinte, mustergültig. Er konnte der offensichtlichen Herausforderung ohne Probleme widerstehen. Lediglich seine Schwanzflosse klopfte leise über den Stein seiner Ruhekuhle.
    Goth rollte in die Sitzstellung zurück und blies bedächtig Nasenschleim in ein breites Muschelgefäß vor ihm. „Es bedarf schon eines besonders anrüchigen Skeptikers, der Worte anzweifeln wollte, die bis in alle Ewigkeit festgeschrieben worden sind: Wir, die Schota-Magathe, stehen für Stabilität. Für stetig gleich bleibendes Leben. Für die Nichteinmischung in die Geschehnisse im Sternenozean. Für die Doktrin der Unsichtbarkeit. Für die Wünsche und Befehle unserer Herrin!"
    Wie ein hohles Echo klang es, als die Patriarchen die Worte des Obersten wiederholten: „Stabilität ... Nichteinmischung ... Unsichtbarkeit..."
    Reflexartig sprach Bort Leytmark mit, folgte den suggestiven Worten des Alten.
    Generation um Generation musste diese Floskeln wie Muttermilch in sich aufgesogen haben.
    Lange dauerte es, für seinen Geschmack viel zu lange, bis er sich selbst aus dem hypnotisierenden Singsang reißen konnte. Unwillig und zornig über seine eigene Schwäche, wälzte er sich herum, stieß seine Nachbarn an und sorgte so dafür, dass die endlosen Wiederholungen eine kleine Störung erfuhren. Wellenförmig und nicht mehr zu stoppen breitete sich Unruhe aus.
    Mit ihm als Epizentrum.
    Kein Seebeben konnte schlimmer sein als die plötzliche Aufmerksamkeit, die er dadurch erfuhr. Die Litanei wurde endgültig abgebrochen, aller Blicke richteten sich auf ihn. Stumme Anklage konnte schmerzhafter sein als die stärksten Flossenschläge.
    Doch erregte er nicht genau jenes Interesse, das er wünschte, um seine Ideen und Vorstellungen unter den Patriarchen zu verbreiten?
    Unsicher schwebte er hoch, eine halbe Körperlänge vielleicht. Sollten sie ihn anstarren, diese ignoranten Fettrösser, diese trägen Schwabbelbäuche, diese ... diese ... „Ihr verharrt in geistiger Unbeweglichkeit", jaulte er schrill und drehte sich um die eigene Achse, „während sich die Welten im Sternenozean im Aufruhr befinden! Ihr beruft euch auf jahrtausende alte Bräuche und Gesetze, die in diesen Tagen keine Gültigkeit mehr besitzen! Ihr missachtet alle Hinweise der Veränderung! Gebt vor, nur durch Unsichtbarkeit den Willen Carya Andaxis erfüllen zu können. Folgt den Worten eines alten, halb ausgetrockneten Sturrüssels, der nicht mehr zwischen geraspeltem Süßholz und salzigem Wasserfarn unterscheiden kann ..."
    Bort verhielt in der Luft und brach seine Brandrede abrupt ab. Wurde sich bewusst, was er gesagt hatte.
    Na bravo. Wieder einmal hatte er es geschafft.
    Er hatte buchstäblich alle Patriarchen gegen sich aufgebracht. Sein verfluchtes Temperament war erneut mit ihm durchgegangen! Überall, wohin er blickte, begegnete er nun Misstrauen, offener Ablehnung, ja sogar unverhülltem Abscheu.
    Warum, bei den Schutzherren, hatte er sich dazu hinreißen lassen, den Obersten persönlich anzugreifen und zu verunglimpfen?
    Er ließ sich schwer zu Boden plumpsen und schüttelte müde den Kopf über seine Dummheit. „Ich werde diese Worte deiner jugendlichen Unerfahrenheit zuschreiben", sagte Goth Dungear mit sanftem Blubbern. „Ich verstehe, dass du es keinesfalls böse meinst. Ich werde auch die Beleidigungen, die mir persönlich galten, vergessen ..."
    Ha, schön wär's! Der Alte würde sie ihm bis in alle Ewigkeiten vorhalten. Wenn etwas bei ihm funktionierte, dann war es sein nahezu eidetisches Gedächtnis. „... aber das Funktionieren unserer Gesellschaft hängt in höchstem Maße von den moralischen Vorgaben unserer Herrin ab, die du mit einem einzigen Flossenschlag überschwappen willst. Ich gebe dir, deiner Gehegin und eurer Brut eine Nachdenkfrist von ... vierzig Tagen. In dieser Zeit solltest du dir über dein
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