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224 - Im Turm des Warlords

224 - Im Turm des Warlords

Titel: 224 - Im Turm des Warlords
Autoren: Ronald M. Hahn
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Gilam’esh nahm ihm die Schmerzen des Tumors, der seit der Strahldurchquerung nicht weiter wucherte, und Yann erlaubte ihm, seinen Körper zu benutzen. Erst bei der Begegnung mit Nefertari hatte er sich uns offenbart.
    Yann zog es ebenso zum Marianengraben wie seine »Untermieter«: Sie hatten versprochen, den Tumor mit der hoch entwickelten medizinischen Technik ihres Volkes zu eliminieren. Und seinen Körper zu verlassen, sobald zwei Klone ihre Geister aufnehmen könnten.
    Auch ich setzte einige Hoffnung in die Behandlungsmöglichkeiten der Hydriten. Vielleicht war es ja möglich, mit ihrer Hilfe Daa’tan zu heilen und von den daa’murischen Dämonen zu befreien, die in seinem Geist wohnten…
    »Das sieht aber finster aus.« Aruula deutete hinaus.
    »Es ist ein Sturm«, sagte Yann.
    »Aber den Göttern sei Dank – er ist noch weit fort.« Aruulas Lächeln wirkte leicht gequält.
    »Das bedeutet gar nichts«, erwiderte Yann. »Stürme können ungeheuer schnell sein.«
    »Du verstehst es wirklich, einem Mut zu machen.« Aruula stand mit einem Seufzer auf und reckte sich. »Ach, wären wir doch nur…« Sie baute sich neben mir an der Luke auf und schlug mir mit der flachen Hand auf den Hintern, »irgendwo auf festem Boden.«
    Unser Zwischenziel, Ansiraana, war eine Hafenstadt an der Nordspitze der Insel. Dort lebte eine wortgewandte junge Dame namens Keetje. Ich hatte sie auf dem Schiff von Yanns Bruders kennen gelernt, auf dem sie als Blinder Passagier mitgefahren war. Ursprünglich hatte sie Yann töten wollen: Sie hielt ihn für den Mörder ihrer Mutter. Der Seher hatte sich von diesem haarsträubenden Vorwurf entlasten können. Seither waren Keetje und er die besten Freunde.
    Gewesen. Denn unter Gilam’eshs Einfluss hatte Yann sein Versprechen gebrochen, zu ihr zurückzukehren, und war stattdessen mit zur Wolkenstadt Wimereux gereist. Nun plagte ihn das schlechte Gewissen, und die anderen hatten seinem Wunsch zugestimmt, auf der Reise nach Gilam’esh’gad noch einmal nach Keetje zu sehen und sich von ihr zu verabschieden.
    Ich schaute hinaus. »Es ist ja nicht mehr weit.«
    »Lasst euch bloß nicht täuschen«, unterstützte Yann meinen Versuch, Aruula die Furcht zu nehmen. »Der Sturm ist schon verdammt nahe.«
    »Was heißt ›verdammt nahe‹?«, erkundigte sich Aruula.
    Der Sturm fing an, unser Gefährt zu schütteln.
    » Zu nahe.« Yann hüstelte. »Mir wäre es recht, wenn jemand anders das Ruder übernehmen könnte. Ich fühle mich noch lange nicht so beschlagen in Sachen Aeronautik, als dass ich…« Er verstummte und schaute mich verlegen an.
    Ich wollte das Ruder gerade übernehmen, da kam mir Aruula zuvor. »Lass mich das machen«, sagte sie, schob Yann aus dem Pilotensitz, schaute sich kurz um und legte die Hände auf das Ruder. Ich ließ sie mit einem flauen Gefühl im Magen gewähren.
    Ein Ruck ging durch das Luftschiff. Yann verlor die Balance und flog gegen die Wand. Doch es waren nicht Aruulas Flugkünste, die ihn in diese Lage gebracht hatten: Der Sturm versuchte uns zu packen. Die Gondel schaukelte hin und her.
    »Die erste Bö.« Ich knirschte leise mit den Zähnen.
    Aruula rief »Festhalten!«, dann sackten wir wie ein Stein in die Tiefe – zum Glück einer nur wenig steinigen Landschaft entgegen. Mein Magen tat einen Satz.
    Und als wäre dies ein Signal gewesen, ging es richtig los.
    Titanenfäuste packten unsere kleine Gondel und droschen sie wie einen Tennisball voran. Der Sturm heulte wie ein Hyänenrudel. Der Himmel schwärzte sich, und als ich einen Blick ins Freie warf, schien das längst hinter uns befindliche Meer einen Satz zu machen, als wolle es uns vom Himmel fegen.
    Voraus sah es nicht unbedingt besser aus: Wir rasten, scheinbar unaufhaltsam, einem steinigen Grund entgegen, auf dem ich uns schon zerschellt und mit gebrochenen Knochen liegen sah.
    Doch dann übernahm ein Aufwind die Regie, und während ich noch berechnete, wie ich es am klügsten anstellen sollte, dem vor Schreck totenbleichen Yann entgegen zu springen, der mir einen Arm entgegen reckte und dabei fortwährend »O je, o je« murmelte, wurden wir wieder in die Luft gehoben. Da der Sturm uns gefährlich in die Tiefe drückte, waren die Baumwipfel, die er peitschte, nur noch fünf bis zehn Meter unter uns.
    Weniger angenehm war der Anblick der Gebäude und Türme, auf die wir gleich darauf zufegten. Eine Ortschaft? Nein, eher ein Gut. Dass wir nicht die Einzigen waren, die sich Sorgen um ihren Fortbestand
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