Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
224 - Im Turm des Warlords

224 - Im Turm des Warlords

Titel: 224 - Im Turm des Warlords
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
eines dieser Teile geworden war.
    Es handelte sich um einen antiken Colt Python, ganz offenbar ein Sammlerstück. De Rozier hatte es selbst von einem fremden Fürsten überreicht bekommen, sich aber nie für die Waffe erwärmen können, wie er mir gestand. Die Griffschale war aus dunklem Nussholz, das Metall sehr gepflegt.
    Der Python galt zu meiner Zeit – wie sich das anhörte! – bei Waffenfans als Legende und wurde vielfach als der beste Revolver aller Zeiten angesehen. Er kam 1955 auf den Markt, war aber schon seit der zweiten Hälfte der Achtzigerjahre technisch veraltet. Überall in Amerika setzten die Polizeigewerkschaften durch, dass die Beamten mit modernen halbautomatischen Pistolen ausgestattet wurden – hauptsächlich wegen der Magazinkapazität, die beim Colt Python nur sechs Schuss betrug.
    Seitdem wurde er vorwiegend als Wettkampfwaffe benutzt, und wie gesagt: Solcher Art war auch das Exemplar, das mir der Kaiser schenkte, zusammen mit einem passenden Holster und einigen Dutzend Patronen, die ich teils in einem kleinen flachen Hartschalentornister, teils in meiner Beintasche mitführte.
    Zum Glück brauchte ich keine meiner kostbaren Patronen an die Vögel zu vergeuden: Als ich die Waffe hob, schlug das Wetter so radikal um, dass ich fast in die Gondel zurückgedrängt worden wäre: Ein plötzlicher Windstoß fegte mir entgegen, sodass ich mich mit einer Hand am Rahmen festhalten musste.
    Seine Majestät hatte mir das Luftschiff zu treuen Händen überlassen – mit der Bitte, es pfleglich zu behandeln, nach Möglichkeit heil zurückzubringen und es im Falle eines unvermeidlichen Verlustes zu vernichten, damit es nicht in die Hände von Feinden fiel, die es vielleicht missbrauchten, um die Wolkenstädte anzugreifen.
    Über Madagaskar verdunkelte sich der Himmel. Die bisher disziplinierte fliegende Armada löste sich mit ängstlichem Gekrächze in ihre Bestandteile auf. Der nächste Windstoß war so schweinekalt, dass mir der Atem stockte. Mir wurde etwas klar: Ein Sturm war im Anmarsch. Wir mussten runter.
    Während die Vögel sich zerstreuten, verdunkelte der Himmel. Der Wind zerrte an meinem Haar. Ich steckte die Waffe ins Holster und schloss die Luke. Meine Gefährten – zumindest die sichtbaren – warfen mir fragende Blicke zu. Aruula, die in der Hängematte gelegen hatte, um für die Spätschicht frisch zu sein, schüttelte den Kopf. Ich wusste, was sie mir sagen wollte: Seit ich mit dir zusammen bin, hab ich noch keine gefahrlose Minute erlebt.
    Yann Haggard, am Steuer, zuckte die Achseln. Er war schnell von Begriff und Bruder eines Kapitäns, auf dessen Kahn Rulfan und ich von Australien nach Afrika gelangt waren. Auf der bisherigen Reise hatte ich viel Zeit mit ihm im Cockpit verbracht, um ihm die Gerätschaften und die Lenkung der Roziere näher zu bringen.
    Die Strecke, die wir bewältigen mussten, hätte einen einzelnen Piloten überfordert. Darum übte ich auch mit Aruula und hatte bereits erstaunliche Fortschritte mit ihr erzielt. Ihre Angst vor dem Fliegen schien sie auf der unfreiwilligen Reise von Australien nach Afrika endlich überwunden zu haben.
    Yann litt an einem Hirntumor, der sein linkes Auge weiß verfärbt und die Sehkraft des rechten auf unheimliche Weise verändert hatte. Dass er keine Schmerzen mehr litt, verdankte er zwei in ihm nistenden hydritischen Geistern, die für sein Wohlbefinden sorgten und gelegentlich auch seine Handlungen beeinflussten: Gilam’esh und E’fah, die sich Nefertari nannte.
    So weit ich verstanden hatte, war sie in dieser Rolle vor über dreitausend Jahren die Gattin Ramses II. gewesen, der als Pharao über Ägypten herrschte. Nach dessen Tod war sie von ihrem eigenen Sohn bei lebendigem Leibe in einen Sarkophag gesperrt worden; ich war also nicht der Einzige hier, der ein gespaltenes Verhältnis zu seinem Nachwuchs hatte.
    Gilam’esh dagegen hatte ungleich länger ausharren müssen: gefangen im Zeitstrahl, der vom Mars zur Erde führte und in den er bei seinem organischen Tod geflüchtet war. Dort war ich ihm begegnet, als ich Pilatre und Yann durch den Strahl führte. In seinem über dreieinhalb Milliarden Jahre gewachsenen Wahnsinn hatte Gilam’esh meinen Körper übernehmen wollen, um aus dem Strahl zu fliehen. Nachdem ich ihm erfolgreich entkam, schnappte er sich Yann.
    Glücklicherweise hatte der Kontakt mit dem Seher dem uralten Geistwanderer geholfen, seinen Wahnsinn zu überwinden. Danach lebten er und Yann in seltsamer Symbiose:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher