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224 - Im Turm des Warlords

224 - Im Turm des Warlords

Titel: 224 - Im Turm des Warlords
Autoren: Ronald M. Hahn
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in der ganzen Stadt bekannt. Sie hat sich mit dem Gold in ein Etablissement eingekauft und es dann verstanden, ihre beiden Partner so gegeneinander auszuspielen, dass der Eklat einfach kommen musste.«
    »Keetje?« Ich empfand leichtes Erstaunen. Wenn ich an die magere Göre dachte, mit der ich in einem australischen Hafen aneinander geraten war, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass erwachsene Männer sich wegen dieser Rotznase gegenseitig an die Gurgel gingen.
    »Sie haben sich duelliert und umgebracht«, sagte Yann. »Und als sie dann in der Kiste lagen, hat Keetje einen Kontrakt präsentiert, in dem stand, sie hätten ihr für den Fall ihres Ablebens ihre Anteile an der Lokalität vermacht.«
    »Heiliges Kanonenrohr«, sagte ich, »das Balg ist doch höchstens siebzehn! Wie kann es da schon so durchtrieben sein?«
    Yann zuckte die Achseln. »Wenn der Wirt nicht übertreibt, hat sie den Speck inzwischen genau da, wo Männer ihn gern sehen. – Dass das Etablissement ihr allein gehören sollte, hat der Verwandtschaft ihrer toten Partner nicht behagt. Sie sind ihr heftig auf die Pelle gerückt und haben die Echtheit des Dokuments angezweifelt. Leider konnten sie nicht beweisen, dass es gefälscht war. Der adelige Herr, der diese Provinz verwaltet, hätte den Streit schlichten können…« Er deutete auf die Burgruine. »Aber leider ist er seit einem guten Jahr damit beschäftigt, seinen Herrn zu stürzen, nachdem dessen Schergen ihm die Burg unter dem Hintern angezündet haben.«
    Ich hatte das dumme Gefühl, dass dies noch nicht das Ende der Geschichte war. »Und?«
    Yann schaute mich erneut an. »Es gab bösartige Auftritte und Raufereien in der Öffentlichkeit… Die Verwandten der Toten haben Keetje aufgelauert und sie verprügelt. Daraufhin soll sie das Feld geräumt haben und bei Nacht und Nebel verschwunden sein.«
    Das sah nun überhaupt nicht nach der Nervensäge aus, die ich kannte. »Glaubst du das etwa?«, fragte ich.
    Yann schüttelte den Kopf. »Die haben ihr was angetan, Maddrax. Können wir das einfach so hinnehmen und zum Tagwerk übergehen – nach allem, was Keetje für uns getan hat?«
    ***
    Eins muss ich sagen: Yann hatte nicht nur in allgemeinmedizinischen Dingen etwas auf dem Kasten. Er verstand auch was von Psychologie.
    Welcher anständige Mensch beantwortet eine solche Frage schon mit einem Nein – zumal, wenn der andere recht hat?
    Eine Viertelstunde später schlugen wir uns durch die windigsten und finstersten Gassen der Insel. Wir kamen an den Rand der Stadt und drangen in ein aus gelben Lehmziegelbauten bestehendes Viertel vor. Ich fühlte mich an alte Sepiafotos aus dem Berlin der deutschen Kaiserzeit erinnert.
    Der Sturm umtoste die Häuser und wirbelte allerhand durch die Luft. Wir mussten laufend den Kopf einziehen, um nicht von tief fliegenden Brettern oder toten Tieren getroffen zu werden. Mutierte Bäume, die in Ansiraana reichlich wuchsen, warfen Massen von großformatigen Blättern ab, die uns raschelnd entgegen taumelten.
    In Hauseingängen und Toreinfahrten duckten sich diverse Vermummte, die ich für die Unterprivilegierten dieser Stadt hielt. Einige waren mit rostigen Säbeln bewaffnet, andere standen um Tonnen herum, in denen Feuer brannten, und wärmten sich die Hände an den Flammen. Der Sturm brachte eine Kälte mit sich, die für diese Breitengrade ungewöhnlich war.
    Hin und wieder musterten uns unter tief in die Stirn gezogenen Turbanen hervor dunkle Augen, in denen ich Intelligenz und drogenvernebelten Stumpfsinn erkannte. Bei manchen Menschen hatte ich das Gefühl, dass eine falsche Bewegung genügte, um sie zu einem Angriff zu provozieren.
    Eine eigenartige Aggressivität lag in der Luft. Mir war, als wären all die Leute, die mich aus den Toreinfahrten heraus musterten, die zu kurz Gekommenen dieser Welt; Menschen, die auf das falsche Pferd gesetzt hatten und sich nun fragten, wieso das Pech ausgerechnet sie ereilte. In manchen Augen glaubte ich eine unterschwellige Wut zu sehen, die man mit einem Wort zur Explosion bringen konnte.
    Nach x-maligem Abbiegen standen wir schließlich vor Keetjes Etablissement, dessen Adresse Yann vom Wirt der Taverne erfahren hatte. Die roten Laternen rechts und links vom Eingang erinnerten mich an einen Ausflug, der unsere Fliegerstaffel 2008 unter der Führung meines Bundeswehr-Pilotenfreundes Omar Ostwald nach St. Pauli gebracht hatte.
    Die abweisenden Visagen der mit Gesichtseisen verzierten Türsteher
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