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2124 - In der Zwielichtzone

Titel: 2124 - In der Zwielichtzone
Autoren: Unbekannt
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dahinter knirschten.
    Es geht um Sekunden!, dachte Bre. Ich habe keine andere Wahl! Sonst ist sie tot!
    Bre warf jegliche Rücksicht über Bord. Sie sprang auf und einen Schritt zurück, holte mit dem rechten Fuß aus und trat zu. Ihr Magen zog sich zusammen, als sie das laute, hässliche Knirschen hörte, mit dem Ava Kattums Kiefer brach.
    Die schwergewichtige Psychologin fing an zu zucken, ihr Körper wurde wie von einem Krampf geschüttelt, doch Bre bezweifelte, dass sie den Kieferbruch überhaupt wahrnahm oder irgendwelchen Schmerz verspürte. Sie war keine Fachärztin, ging jedoch davon aus, dass in Kattums gesamtem Körper ihr noch unerklärliche nervliche Fehlreaktionen auftraten.
    Bre kniete neben Ava nieder. Ihr war klar, dass sie höchstwahrscheinlich im Begriff stand, einen schwerwiegenden Fehler zu begehen, doch sie sah keine andere Möglichkeit, das Leben der Psychologin zu retten.
    Sie zögerte kurz, schlug auf ihr Armbandfunkgerät. „Stationsfrequenz!", rief sie, und als eine grüne Diode aufleuchtete: „Hier spricht Bre Tsinga! Ich brauche sofort Mediker und Medorobs in Ava Kattums, Büro! Sofort!"
    Sie überlegte nur einen Sekundenbruchteil. „Und Sicherheitskräfte!", fügte sie dann hinzu. „Invasionsalarm!"
    Dann achtete sie nichtmehr auf das Allzweck-Armbandgerät. Sie ergriff mit beiden Händen Ober- und Unterkiefer der mittlerweile wie irrwitzig zuckenden Frau, schaute in den heftig blutenden Mundraum, schrie leise auf und griff in die Mundhöhle, versuchte voller Verzweiflung, eine schwarze, blasige Substanz von Ava Kattums Zuge zu kratzen.
    Das Funkgerät hielt den Kanal geöffnet. „Ich brauche Mediker!", schrie Bre. „Und wo bleiben die Sicherheitskräfte?"
    Bre kratzte und kratzte und kratzte, doch für jedes klebrige Bläschen, das sie von der Zunge entfernte, schienen zehn neue zu sprießen, und sie kratzte und kratzte ...
    Es ist zu spät! Was immer Ava Kattum da aus ihrem Zahn gelöst und zerbissen hat, es hat ihren Blutkreislauf längst erreicht! Und dann spürte sie es. „Medorobots in Ava Kattums Büro!", brüllte sie, und sie kratzte, doch ihr Tastsinn schien auf einmal nachgelassen zu haben, im nächsten Augenblick gar nicht mehr vorhanden zu sein, und sie spürte ihre Hände nicht mehr und auch nicht die Arme, die Schultern ...
    Bre Tsinga wusste, was geschah. Und sie war überzeugt, richtig gehandelt, keinen Fehler gemacht zu haben. Es hatte keine Alternative gegeben.
    Das Kontaktgift, das sie soeben von Ava Kattums Zunge gekratzt hatte, klebte nun an ihren bloßen Fingern und drang durch die Haut auch in ihren Körper ein ...
    Die Taubheit breitete sich von den Schultern in ihre Brüste aus, in den Bauch, den Hals, den Kopf ...
    Ich hätte das Kontaktgift nie und nimmer berühren dürfen, dachte sie. Und: Welche Wahl habe ich gehabt? Hätte ich Ava einfach sterben lassen sollen?
    Es war ganz seltsam. Sie spürte, wie ihr Herz zu schlagen aufhörte, doch sie empfand nicht den geringsten Schmerz. Es wurde dunkel um sie, doch diese Dunkelheit brachte eine Wärme und Behaglichkeit mit sich, die sie seit Jahren vermisst hatte.
    Sie flüsterte einen Namen, den Namen des Mannes, den sie wirklich liebte oder zumindest hätte lieben können, und sie dachte: Es ist ein Trost für mich, dass mein letzter Gedanke dir gilt. Ich würde deinen Namen auch aussprechen, aber ich habe nicht mehr die Kraft dazu...
    Doch das spielte keine Rolle mehr. Denn sie starb.
    Und sie dachte an den Mann und empfand nur noch Ruhe und Frieden und Glück.
    Zwischenspiel 3:. Blumen wachsen aus der Sonne Der Mann, der sich Monkey nannte, betrachtete nachdenklich die eine halbe Lichtwoche entfernte Sonne Shewai'shin, die inmitten der Zentrale der CISCAL von mehreren Hologrammen in unterschiedlichen Vergrößerungs- und Fehlfarbabstufungen dargestellt wurde. Es handelte sich dabei ausnahmslos um Bilder der Hyperortung, die die Sonne zeigten, wie sie in diesem Augenblick war, und nicht um die der Realortung, die ein Licht empfing, das immerhin schon dreieinhalb Tage alt war.
    Er betrachtete die Sonne nun schon seit einer geraumen Weile, eher unablässig als immer wieder, und allmählich sah er Dinge darin.
    So wirkten die Energieeruptionen, die er in der Korona ausmachte, der sein besonderes Interesse galt, auf ihn nun wie Blumen, die plötzlich aufblühten, in Sekundenbruchteilen ihre volle Pracht entwickelten und dann einfach wieder in sich zusammenfielen, als würden sie in der Gluthitze verdorren.
    Keine
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