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2112 - Verschollen in Tradom

Titel: 2112 - Verschollen in Tradom
Autoren: Unbekannt
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sagte etwas, keiner wagte, sich zu rühren. Aber ich sah, dass sie nicht von Fesselfeldern gehalten wurden.
    Im nächsten Augenblick spürte ich, wie auch das Feld, das meinen Körper umschmiegte, von mir abfiel, sich einfach auflöste, als hätte es nie existiert.
    Der Sirt verließ den Raum wieder, kehrte kurz darauf mit einem weiteren Gefangenen der FESCO zurück, dem Wosliten, den Tratto fast getötet hätte, und dann ... mit Tratto selbst!
    Ich wäre am liebsten zu ihr gelaufen, um mich an ihr Fell zu kuscheln, die starken Muskeln ihrer Arme und Beine zu spüren, doch ich wagte mich nicht zu bewegen, genauso wenig wie die anderen.
    Wie ich später erfuhr, hatte man sie in einem anderen Zellentrakt eingekerkert.
    „Das ist die Letzte", sagte der Sirt. Seine Worte klangen guttural, aber dafür war nicht der Biopanzer verantwortlich.
    Die Silben kamen dem Folterknecht nur schwer über die Lippen. Das, was er uns mitteilen musste, schien er nur höchst widerstrebend sagen zu können, als sei es ihm zutiefst zuwider.
    „Ihr seid frei", fuhr er fort. „Kommandantin Inckaz hat in der Folter gestanden, dass ihr lediglich entführt und von den Piraten versklavt wurdet..." Mit einem Mal klang seine Stimme etwas freundlicher. „Kurz, bevor sie starb ..."
    Ich schloss die Augen und atmete tief ein.
    Also doch! Es gab Gerechtigkeit im Reich - und uns war sie endlich widerfahren!
    Nun würde alles gut werden. Ich würde nach Pombar zurückkehren und meinen...
    „Ein E'Valenter wird euch zu einem Polizeischiff geleiten. Folgt ihm! Ihr werdet Sivkadam sofort verlassen."
    Ich war der Erste, der es wagte, das Wort an den Sirt zu wenden, und auch der Einzige. „Wird man uns auf unsere Heimatwelten zurückbringen?", fragte ich.
    Der Sirt sah mich nur an.
    Der Blick seiner Augen war nicht zu deuten und gleichzeitig unmissverständlich.
     
    *
     
    „Wir sind unschuldige Bürger des Reiches!", flüsterte ich Tratto zu. „Und doch kommandiert man uns wie missliebige Anhängsel auf ein Polizeischiff der Valenter, statt sich anständig um uns zu kümmern."
    Sie antwortete nicht. Ihre Angst war zu groß, als dass sie auch nur ein Wort gesagt hätte.
    Der E'Valenter führte uns durch Gänge, die genau wie jene aussahen, durch die der Sirt mich in meine Zelle geschleift hatte. Doch im Gegensatz zu meinem ersten Gang auf Sivkadam kam es bei meinem letzten zu einer Begegnung, die mir weniger wie eine Ironie des Schicksals denn wie ausgleichende Gerechtigkeit erschien.
    Uns kam ein Trupp Valenter entgegen, der einen Gefangenen mit sich führte. Auch ihm ließ ein energetisches Fesselfeld nur die beschränkte Bewegungsfreiheit, die die Valenter ihm zugestehen wollten.
    Ich erkannte ihn sofort. Es war Deuter, der spitzfindige Dichterling.
    Deuter war nicht dumm. Reimer, Deutler oder wie auch immer er sich nannte - er erkannte, dass wir keine Gefangenen mehr waren, sondern in die Freiheit geführt wurden.
    „Pfeifer!", rief er, während die Valenter ihn im Stechschritt mit sich zerrten. „Pfeifer! Erinnere dich an mich! Ich habe dir kein Haar gekrümmt! Ich habe mich für dich eingesetzt! Ich habe dein Überleben gesichert! Ich habe dich nicht getötet! Ich habe dir nichts getan! Jetzt setz dich für mich ein! Tu etwas für mich, Pfeifer! Vergelte mir meine hoch stehende moralischethische Einstellung!"
    Ich würdigte ihn keines Blickes. Du hast mir Qualen bereitet wie kaum ein anderer, dachte ich. Du hast dich hinter deiner Anonymität versteckt, wolltest mich brechen. Es ist dir nicht gelungen. Ja, ich tue etwas für dich, Deuter. Dasselbe, was du für mich getan hast. Du hast mir nichts getan, und ich tue nichts für dich.
    Ich ging weiter, sah starr geradeaus. Deuter konnte sich in seinem Fesselfeld wenden, soviel er wollte, er konnte nur noch meinen Rücken sehen.
    Nicht mehr mein Brustgesicht. Und den Ausdruck der tiefsten Zufriedenheit darauf, so moralischethisch verwerflich sie auch sein mochte. Eines nackten Gefühls, weit entfernt von seinem erhobenen Zeigefinger und hochtrabendem Geschwafel, das nur ein Ausdruck der Verachtung für sämtliche Mitwesen war.
    Des Gefühls der Genugtuung. Auch wenn es womöglich negativ war, vielleicht sogar schlecht. Aber es erfüllte mich mit tiefster Befriedigung, dass Deuter der Deutler hier auf Sivkadam seinen Lehrmeister finden würde, der ihm an Kunstfertigkeit tausendfach überlegen war.
    Ich tat für ihn, was er für mich getan hatte.
    Er hatte mir nichts getan. Ich tat nichts für
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