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2112 - Verschollen in Tradom

Titel: 2112 - Verschollen in Tradom
Autoren: Unbekannt
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Reglosigkeit abschüttelte und sich plötzlich wieder im Griff ihrer Gliedmaßen wand.
    Fast verdutzt, als wisse sie nicht, wieso sie ihn wie eine Puppe in die Luft gehoben hatte, ließ sie ihn einfach los. Er prallte hart auf den Boden und blieb wimmernd liegen.
    Langsam drehte sie sich zu mir um.
    Und nicht nur sie.
    Ich hatte den Eindruck, dass sich die Blicke aller Besatzungsmitglieder in der Zentrale auf mich richteten.
    Inckaz griff zu ihrer Waffe.
    Ich verfluchte mich. Hätte ich doch die andere Wahl getroffen! Hätte ich die Kommandantin und alle anderen doch mit in den Tod genommen!
    Ich wusste, was mich nun erwartete.
    Die sofortige Exekution wegen Ungehorsam und Insubordination.
    Was sollte ohne mich aus Tratto werden? Der schnelle, schmerzlose Tod wäre auch für sie die bessere Alternative gewesen.
    Ich schloss mit dem Leben ab.
     
    *
     
    „Er... er hat uns alle gerettet! Wir verdanken ihm unser Leben ..."
    Ich wusste nicht, wer das gesagt hatte. Meine Sinne waren ausschließlich auf Inckaz konzentriert. Ich sah die Waffe in ihrer Hand und das Funkeln in ihren Augen.
    Es war ein anderes Leuchten als gerade eben noch. Keins des Wahnsinns, sondern eins des nackten Zorns. Einer Wut, die sie sehr oft zu einer Tat des Wahnsinns trieb.
    Kommandantin Inckaz zögerte. Konnte sie großmütig über meine Insubordination hinwegsehen, ohne das Gesicht zu verlieren? Den Respekt ihrer Brückenbesatzung?
    „Ohne ihn wären wir jetzt tot", sagte Majjak, ihr Stellvertreter.. „Wir haben Glück gehabt. Es ist schon schlimm genug."
    Er richtete den Blick auf den Boden. Überall lagen Leichen, die meisten verstümmelt. Einige Offiziere warfen sich hin und her, schrien und kreischten jämmerlich, schlugen um sich oder verstümmelten sich selbst. Sie hatten den Verstand verloren und würden ihn niemals zurückbekommen. Sie waren die Nächsten, die sterben würden. Getötet von ihren eigenen Kumpanen, weil sie nutzlos waren, nur noch eine Belastung.
    Falls ich nicht vor ihnen starb, weil Inckaz mich in ihrem Zorn einfach erschießen oder zerreißen würde.
    Inckaz steckte die Waffe ein und lachte bellend auf. „Glück?", brüllte sie. „Ihr lebt noch, weil ich erkannt habe, was in dem kleinen Pombaren steckt. Weil ich ihn zum Hilfspiloten gemacht habe!"
    Niemand widersprach ihr. Der Blutrausch war von allen abgefallen und schien lediglich tiefer Erschöpfung gewichen zu sein.
    Inckaz drehte sich zu mir um. „Nicht wahr, kleiner Pfeifer? Nicht wahr?"
    „Ja", sagte ich. Und pfiff. Ich pfiff um mein Leben. Und ich pfiff gut.
     
    *
     
    Es war widerwärtig, aber einige der Piraten behandelten mich von diesem Tag an großmütig wie eine Art Freund. Es sprach sich herum wie ein Lauffeuer. Alle wussten, dass lediglich meine Initiative sie gerettet hatte.
    Sie trieben keine Scherze mehr mit mir. Schlugen mich nicht mehr, teilten mir keine niedrigen Arbeiten mehr zu, nur um mich zu quälen.
    Sogar Deuter kam zu mir und ließ mir seine Gnade zuteil werden. „Ich glaube, wir können auf unsere nächste Sitzung verzichten", sagte er. „Und vielleicht auch auf die übernächste und die darauf."
    Ich zeigte es ihm nicht, doch meine Erleichterung war überwältigend. Und gleichzeitig schämte ich mich sehr dafür.
    Ich hegte nicht den geringsten Zweifel daran, hätte ich etwas gesagt, vielleicht auch nur eine Andeutung fallen lassen, die Piraten der FESCO hätten mich sofort zu einem der Ihren gemacht. Ich spürte die Versuchung, dachte an die Erleichterungen, die mir diese Beförderung bringen würde.
    Aber ich vergaß keine Sekunde lang meinen Hass. Dass ich mich in Gefangenschaft befand, die erste sich bietende Gelegenheit nutzen würde, um die Flucht zu ergreifen und die Mannschaft der FESCO ans Messer zu liefern.
    Und ich dachte daran, dass all das vielleicht eine Prüfung war, die Anguela mir auferlegte. Dass ich aus alledem vielleicht gestärkt hervorgehen würde, wie ein neuer Pombare, der dann endlich seine wahre Aufgabe, seine wahre Erfüllung finden würde.
    Doch der Zweifel nagte weiterhin an mir.
    Anguela, dachte ich, wie kannst du mir so etwas antun ?Wie kannst du deine Schutzbefohlenen solchen Qualen, derart schrecklichem Leid aussetzen? Es gibt keine Götter neben dir, und deine Wege sind unergründlich, aber mir kommen sie ungerecht vor. Anguela, wie kannst du nur so grausam sein?
    Die Atempause des etwas geringeren Leids währte nur wenige Tage. Sie endete mit dem Geräusch, mit dem alles begonnen hatte.
    Mit
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