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2105 - Zuflucht auf Jankar

Titel: 2105 - Zuflucht auf Jankar
Autoren: Unbekannt
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Hauptsache war, dass sie ihm keine Ambitionen auf die junge Artgenossin unterstellten.
    Er prallte gegen den Türrahmen. Die empfindliche Wurzelholzverkleidung knirschte. Kattisch grub die Krallen in das weiche Holz.
    „Wohin gehen wir?", kam es ihm über die Schnabelspitze.
    „Die Sitzung des Ghadbuuls, des Hohen Rates, beginnt in einer halben Jankar-Stunde", sagte Vellki Otis laut. „Hast du deinen Terminplan vergessen, Sem?"
    Sem war der ehrenhafte Titel eines jeden Handelsherrn. In den Gehörgängen unter Kattisch Melchyas Kopfgefieder klang das Wort an diesem Morgen aber fast wie ein Fluch. Übergangslos spürte er das Gewicht des gesamten Tafelbergs auf sich lasten. Das Rauschen des Wassers draußen auf der Piste widerte ihn an.
    Vellki fuchtelte mit den vierfingrigen Händen vor seinem Kopf herum. „Ich stütze dich", schlug sie vor.
    Er lehnte ab. Mit ausgestrecktem Arm hielt er sie auf Distanz.
    Die Silhouette der Barklays tauchte in seinem Blickfeld auf. Er fixierte die Tür des Pulsator-Luftkissenboots. Sie verschwamm zu einem undeutlichen Fleck.
    Kattisch Melchya strauchelte. Er wäre der Länge nach hingeschlagen, wenn seine Assistentin ihn nicht aufgefangen hätte. Obwohl sie erst wenige Tage bei ihm arbeitete, stand unverbrüchlich fest, dass er mit ihr die richtige Wahl getroffen hatte. Vellki Otis konnte man zu allem gebrauchen.
    Aber ehe er darüber nachdenken konnte, sein Sippennest mit einem herrlichen Palastanbau zu vergrößern, wurde ihm erneut schwarz vor Augen.
    Er stöhnte. Ein schrilles Pfeifen entweichender Luft begleitete den erneuten Zusammenbruch. Die muskulösen Beine rutschten unter ihm weg. Den Aufprall am Boden spürte er nicht, wohl aber den süßen Atem der Assistentin.
    „Die frische Luft tut dir gut, Sem. Du musst tief durchatmen."
    Sein Kopf schlug unregelmäßig gegen den Boden. Sein Körper zuckte und wogte. Die Beine ragten in die Luft, baumelten hin und her. Stöße trafen sein Becken. Es brachte ihn vollends aus dem Konzept.
    Undeutlich erkannte er Vellki Otis. Sie stand zwischen seinen Beinen und zerrte an ihnen.
    Die Erkenntnis holte ihn in die Wirklichkeit zurück - teilweise wenigstens. Er fuhr auf.
    „Bist du von Sinnen?", schrie er sie an. „Wie kannst du es wagen, mich so zu behandeln? Du gibst mich der Lächerlichkeit meines Nestes und des ganzen Volkes preis!"
    Erschrocken ließ sie ihn los. Seine Füße und die Unterschenkel prallten hart auf den Boden. Der Schmerz stach bis hinauf in den Bauch.
    „Es tut mir Leid. Aber du musst in dein Fahrzeug, egal wie."
    „Das kann ich auch allein."
    Seine Sinne klärten sich weiter. Die Kaimauer und das Boot lagen keine zehn Yabaal entfernt.
    Steif stolzierte er darauf zu. Die Assistentin hielt sich an seiner Seite, aber in respektvollem Abstand.
    Gemeinsam erreichten sie die Barklays. Vellki öffnete ihm die Tür. Mit dem gewohnt eleganten Hüpfer gelangte er hinein, verlor das Gleichgewicht und fiel zwischen die Passagiersitze.
    „Oje, die Große Mutter ruft mich heim ins Ewige Nest!", klapperte er leise.
    Die Körperhaltung der Assistentin konnte er von seiner Position aus nicht erkennen. Aber er hörte den Spott in ihrer Stimme.
    „So ist das eben, wenn man die ganze Nacht durchgesoffen hat."
    Durchgesoffen! Keinen Tropfen Gärstoff hatte er angerührt, seit Monaten nicht. Ein Handelsherr, der seine Sippe in die Zukunft führen wollte, brauchte Tag und Nacht einen klaren Kopf.
    Die Primitivität ihrer Wortwahl ließ auf kein gutes Nest schließen. Kein Wunder, dass Otis weitab der Hauptstadt in den Küstensümpfen Jankas lag.
    Sollte er sich bei seiner. Auswahl der Assistentin wider Erwarten geirrt haben?
    Er wischte den Gedanken an einen peinlichen Irrtum zur Seite.
    „Hilf mir!", forderte er sie auf. „Ich stecke fest."
     
    *
     
    Das Luftkissenboot jagte über die Piste auf den Steilhang zu. Die Plana und der Palast mit seinen Spiraltürmen und Palastzinnen blieben zurück. Durch das Dachfenster sah Kattisch Melchya den Rand des Plateaus; dort oben lag der Großteil der Stadt. In den steil abfallenden Schrunden führte der Kanal aufwärts. Jedes Mal im richtigen Augenblick die Kurve zu kriegen war eine Meisterleistung des Piloten.
    Für den heutigen Morgen zweifelte der Handelsherr aber, dass es ihm gelingen würde.
    „Wie viel Zeit bleibt uns?", fragte er.
    „Eine Viertelstunde."
    Das schafften sie nie. Es sei denn ...
    Mit den vierfingrigen Händen griff er in die Tastatur und schaltete die
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