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209 - Die fliegende Stadt

209 - Die fliegende Stadt

Titel: 209 - Die fliegende Stadt
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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kroch er durch das Gewirr aus Beinen, erreichte den Holzbretterverschlag eines Fischhändlers, sprang auf und hastete davon. Fort vom Marktplatz, eine frisch geweißelte Häuserzeile entlang, über einen schaukelnden Verbindungssteg, eine Reihe schmale Stiegen hinab, an einem der Dampfkraft-Generatoren vorbei und schließlich eine Strickleiter hinauf zur Grenzplattform des südlichen Viertels.
    »Verdammtes Balg!« Hau Mikh lehnte sich schwer atmend an eine Zeltwand, stützte sich auf die Oberschenkel und spuckte aus.
    War die Kleine wirklich eines jener Kinder gewesen, die er durch den Gülleschlauch in den Abgrund geschickt hatte?
    Sicher, es gab Gerüchte über ihre sagenhafte Wiederkehr aus dem Totenwald, aber begegnet war er noch keinem. Und was hatte das Gerede über ihre Mutter zu bedeuten gehabt? Es wurden doch nur die Männer und ihre Nachkommen entsorgt.
    Hau Mikh nahm sich vor, die Hofgarde auf die vorlaute Göre anzusetzen. Wo eine Ratte war, waren noch mehr. Wer ihn angriff, hatte vielleicht als Nächstes die Herrscherin im Sinn.
    Hau Mikh biss die Zähne zusammen und richtete sich auf.
    Sein Auftrag!
    Wenn er versagte, ging es ihm erst recht an den Kragen. Er musste weiter zur Gondelstation, um den Boten zum Safaariman zu schicken. Der Fleischvorrat reichte höchstens noch für drei Tage. Also klopfte er den Dreck von der Kleidung, strich das zerzauste Haar seiner Perücke glatt, versicherte sich, dass er unbeobachtet war, und löste dann die drei Reservetaler aus der Zierborte seiner Kniebundhose – eigentlich sein privater Notnagel, doch das Opfer war weitaus einfacher zu ertragen, als den schmählichen Überfall beichten zu müssen. Für einen Gepaadenreiter würde es wohl nicht reichen, aber wenn er Glück hatte, würde sich ein Straußler finden – die waren auf ihren Laufvögeln fast genauso schnell.
    ***
    Der Abstieg hatte den ganzen Nachmittag bis in den Abend hinein gedauert. Rulfan schwitzte schlimmer als im Dschungel.
    Überall am Körper des Albinos hatte sich Ausschlag in Form von kleinen roten Kreisen gebildet. Er klagte über Kopf- und Gelenkschmerzen. Matt entschied kurz vor Anbruch der Dämmerung anzuhalten, und errichtete ein notdürftiges Lager.
    Die Ebene, auf die der Gebirgsabhang sie geführt hatte, glich auf den ersten Blick der Steppenlandschaft rund um den Uluru. Hier und da ragte ein kahler Baum in den Himmel. Dort, wo die Erde ausgetrocknet und aufgebrochen war, konnte Matt ins rotbraune Innere sehen. Eigentlich ein stimmiges Bild, das sich mit der Erinnerung an das Afrika des einundzwanzigsten Jahrhunderts deckte, wäre da nicht diese gewaltige Bergkette aus brodelnden Vulkanen gewesen, die sich am Horizont entlang zog.
    Rulfan lag unter dem provisorischen Dach aus Ästen und klapperte mit den Zähnen.
    Matt gab ihm einen Schluck aus dem letzten Wasserschlauch und entfachte ein Feuer. Er dachte an die Tage zurück, als er selbst unter Rulfans fürsorglicher Pflege auf der Krankenbahre gelegen hatte – im Zwiegespräch mit seiner Vergangenheit. [3] Viele Gesichter hatten ihn auf der Schwelle des Todes besucht; Gefährten, Freunde, Widersacher. Aber nur eine hatte schlussendlich vermocht, ihn zurück ins Leben zu holen: Aruula. Die Frau, die dieses fremde Jahrhundert lebenswert gemacht hatte und von der er bereits eine schier unendlich lange Zeit getrennt lebte. Nur ein kurzer Augenblick des Wiedersehens war ihnen beim Finder vergönnt gewesen. Dann hatte ausgerechnet ihr gemeinsamer Sohn sie erneut auseinander gerissen. Mit einer Grausamkeit und von solch maßlosem Hass erfüllt, dass Matt es nicht begreifen konnte.
    Wo mochten sie nun sein? Aruula, Daa’tan, sein Daa’muren-Begleiter und Victorius? Matt sah die Roziere in den abendroten Himmel entschwinden und schwang sich ihnen nach in die Lüfte. Er musste hinterher, sie einholen, bevor die Dornenranken den Turm überwucherten und das ganze Land in einen weitern hundertjährigen Schlaf stürzten.
    »Aruula, nein!« Mit einem Satz war Matt auf den Beinen.
    Die eine Hand am Blaster, die andere ausgestreckt, um das Traumbild seiner Liebe festzuhalten. Doch Aruula und das Luftschiff waren verschwunden und er fand sich im fremden Afra wieder.
    Matt schaute sich irritiert um, starrte einen Augenblick lang auf die Dunkelheit hinter dem glimmenden Feuer und musterte dann besorgt das Gesicht seines Freundes. Auch Rulfan war wach.
    Irgendwo vor ihnen im Dunkel knurrte Chira.
    Ein Rascheln. Scharren auf Sandboden. Matt half
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