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209 - Die fliegende Stadt

209 - Die fliegende Stadt

Titel: 209 - Die fliegende Stadt
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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unsere Provinz verschont.« Er verneigte sich leicht. »Ich darf noch einmal Euren großartigen Plan loben – leider mussten die Bauern aber besagte Felder opfern und hoffen nun auf Entschädigung.«
    Crella Dvill schlug ihre Hände mit Wucht auf die Leichtholzlatten des Konferenztisches, um den sich der Rat versammelt hatte. Ohne ihren Blick von den erschrockenen Gesichtern der Anwesenden zu nehmen, fuhr sie sich durch die weiß getünchten Zöpfe, die ihr wie wulstige Fangarme vom Kopf herabhingen.
    »Wir alle müssen den Gürtel enger schnallen!«, fertigte die Mistress den Sprecher ab. »Die Verluste sollten sich durch die höheren Erträge der restlichen Provinz ausgleichen lassen. Setzt eine Kommission ein, die das Korn und den Mais gerecht verteilt, und rekrutiert Zimmerleute und Woormreiter, die an der Nordgrenze helfen sollen, die Gehöfte wieder aufzubauen und den verbrannten Boden umzupflügen!«
    Hau Mikh stand wie immer ein paar Schritte hinter ihr und beobachtete stumm das gewohnte Donnerwetter. Die achtköpfige Delegation der Volksvertreter von Land und Stadt war ein Zugeständnis, das seine Herrin an ihre Untertanen machte, um den Anschein einer kaiserlich konformen und volksnahen Regierung zu wahren. Die Macht lag freilich einzig bei ihr.
    Und bei dieser Giftpanscherin Aspergina!, ergänzte Hau Mikh in Gedanken und fixierte die Voodoo-Priesterin, die an der Seite der Mistress saß und vor sich hinmurmelnd ihren Fetisch-Wedel schwang.
    Ein paar Federn und Haare an einem Stöckchen, Dreck im Gesicht und Narben am Körper, berauscht von der eigenen Medizin. Was für ein erbärmliches Bild. Nur Dummköpfe lassen sich von so einem billigen Schmierentheater beeindrucken. Diese selbst ernannte Mamissi kann mit ihren Beschwörungsformeln, dem Fugu-Gift, Krötenschleim und abgehackten Hühnerköpfen vielleicht einem einfachen Mann den Willen rauben, aber in die Zukunft sehen kann sie damit nicht.
    Hau Mikh wusste, dass Aspergina diejenige war, die Crella den Wahn von einem weißen Baby eingeflüstert hatte. Ein Trick, um die Mistress von sich abhängig und lenkbar zu machen. Ein intrigantes Spiel von ihr und diesem anmaßenden Ambassai, der sich in seinem geschniegelten Tsebra-Anzug für göttlich hielt.
    Wie sonst war es zu erklären, dass der Safaariman ausgerechnet hier im Osten am Laatron-See seine schaurige Zuchtstation betrieb?
    Andererseits bot Hau Mikh das Verlangen seiner Herrin nach allem, was weiß war, auch Vorteile; Möglichkeiten, sich selbst als treuer und gefügiger Diener zu beweisen, indem er sie mit dem versorgte, was sie begehrte.
    Wenn er sich weiterhin geschickt anstellte und die Intrigen der Priesterin und des Safaariman zu seinen Gunsten wandte, würde er am Ende der Sieger sein. Dann würde Crella Dvill seinen wahren Wert erkennen und ihn offiziell an ihre Seite stellen.
    Ein weiterer Wutausbruch der Herrin riss Hau Mikh aus seinen Gedanken. Nun ging es offenbar um die Belange der Stadt, denn ein anderer Volksvertreter hatte sich erhoben.
    »Wem meine Gesetze nicht passen, der kann gern unten in der Wildnis sein Glück versuchen!«, polterte die Mistress.
    »Und damit das Volk erkennt, wie ernst es mir damit ist, werde ich die Sprühtrupps eine Woche lang verdoppeln. Strahlend weiß soll meine Stadt erscheinen – zu Ehren von Kaiser de Rozier!«
    »Aber das Gesamtgewicht! Auf ein einzelnes Gebäude aufgetragen macht das Kalkpulver nicht viel aus, aber in diesen Mengen und Schichten…«, wagte einer der Delegierten einzuwenden.
    … könnte es die Tragkraft der Ballons bis zum Grenzwert belasten, beendete Hau Mikh im Stillen den Satz. Doch die Mistress hatte bereits entschieden. Lediglich die Kontrollen der Maschiinwarte sollten in kürzeren Abständen erfolgen, ansonsten ging sie unverfroren das Risiko ein, nur aus dem Wahn heraus, alles in Weiß zu halten. Bisher hatte ihr das Glück beigestanden.
    »Meine Staatiker haben mir versichert, dass die Belastungsgrenze noch lange nicht erreicht ist«, fertigte Crella den Volksvertreter ab. »Wenn es keine weiteren Fragen gibt…«
    Sie ignorierte zwei Hände, die sich nach oben reckten, und verließ ohne ein weiteres Wort den Saal. Hau Mikh sah in ihren Augen, dass es keinen Sinn haben würde, gerade jetzt um eine Leibgarde für den Weg durch die Stadt zu bitten. Die Bestellung an den Safaariman musste abgesendet werden, und dafür musste Hau Mikh zur südlichen Gondelstation – mit oder ohne Schutz.
    ***
    Gekleidet in Schnallenschuhe,
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