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207 - Weg eines Gottes

207 - Weg eines Gottes

Titel: 207 - Weg eines Gottes
Autoren: Christian Schwarz
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wieder ins Abseits geraten.)
    Mul’hal’waak schwieg und dachte nach. Er konnte die Einwände des Namenlosen nicht einfach beiseite schieben, dazu waren sie zu stichhaltig. Vielleicht war es tatsächlich besser, mit den Wawaas weiterzureisen und den Clan durch Sklaven und Jägernomaden wieder aufzufüllen.
    ***
    Yao stand auf der Terrasse seines Hauses. Er stemmte die Fäuste gegen das gusseiserne Geländer, das die Terrasse halbkreisförmig umgab. Sein Blick wanderte über das grüne Tal hinweg die gemächlich ansteigende Flanke des Papa Lava hinauf. Hunderte von flachen, in der Morgensonne weiß glänzenden Häusern drängten sich an der Talsohle entlang der breiten Straße oder duckten sich an den dicht bewachsenen Hang, der zum Teil bizarre Formen auf wies. Lavaart nannten die hier lebenden Huutsi das.
    Den jungen Mann mit dem Körper eines Modellathleten und dem kurzen krausen Haar interessierte die Lavaart, in der die Huutsi darum wetteiferten, neue Tierformen zu erkennen, heute nicht. Die Adern auf seinen Handrücken traten hervor, als er immer wieder unbewusst den Handlauf des Geländers knetete. Voller Sorge starrte er abwechselnd auf die mächtigen, lang gezogenen Fabrikgebäude weiter oben am Hang und auf die dicken schwarzen Wolken, die seit heute Morgen aus dem Rachen des Vulkans stiegen, breite Felder am Himmel bildeten und immer wieder die Sonne verdunkelten. Man brauchte keine große Einbildungskraft, um das wutentbrannte Gesicht Papa Lavas darin zu erkennen. Die Tiere benahmen sich seltsam. Auch die Erde hatte vor einer Stunde leicht gezittert, einen winzigen Moment nur, aber doch deutlich wahrnehmbar.
    »Ist es so weit?«, flüsterte Yao. »Kommt nun Papa Lava, um uns alle zu vernichten? Hat er endlich gemerkt, wie es um die Schleusen steht?«
    Yao schlüpfte in seine beste Hose, streifte ein Hemd über und legte den Waffengürtel mit der Pistool und den verschiedenen Messern an. Im Laufschritt bewegte er sich über die schmalen steinigen Wege, die sich kreuz und quer über den Hügel zogen. Er war barfuß, wie fast immer.
    Fünf Minuten später erreichte er das unter großen Bäumen stehende Haus des Schamanen, vor dessen Tür zwei mächtige Geisterpfähle mit eingeschnitzten Fratzen standen. Heftig pochte Yao gegen die Tür. »Koroh, mach auf. Ich muss mit dir reden. Es ist dringend.«
    Im Haus wurden Geräusche hörbar. Koroh streckte seinen Kopf aus der Tür. »Ah, der Erste Maschiinwart, natürlich. Ich hätte es mir denken können. Wo brennt es dieses Mal?«
    Yao fasste ihn an der Hand und zerrte ihn halb ins Freie. Niemand anderes als er hätte sich das erlauben dürfen. »Wo es brennt, Koroh?« Er deutete auf die Rauchwolken. »Hast du heute Nacht zu viel Beel-Kraut gekaut? Ist dein Verstand vernebelt? Du siehst doch auch, was hier vorgeht.«
    Der Schamane rückte die rundum laufende Federkrone zurecht, die Yaos ungestüme Attacke etwas außer Form gebracht hatte. Seine gutmütigen Augen musterten den gut einen Kopf größeren Freund, während seine Hände die Kette aus Crooc-Zähnen hielten, die ihm seine Nichte Elloa zum dreißigsten Geburtstag geschenkt hatte. »Ich sehe ein paar Rauchwolken. Und? Die gab es schon öfters. Das ist wahrlich kein Grund zur Sorge. Papa Lava lässt einfach etwas Druck ab.«
    Yao fasste den Schamanen an den Schultern. »Doch, Koroh, ich mache mir Sorgen. Die Schleusen sind in einem miserablen Zustand. Man hätte sie längst reparieren müssen. Papa Lava hat sich geschüttelt, das verschlimmert ihren Zustand noch. Glaub mir, es geht nicht mehr lange gut. Dann kommt es hier zur Katastrophe. Wenn Papa Lava die Schleusen beiseite fegt, wird das kein Huutsi überleben.«
    »Ja, ja, das hast du mir schon oft erzählt. Ich kann’s langsam nicht mehr hören.«
    Yaos Blick wurde stechend. »Koroh, Freund. Du musst mir dringend ein Gespräch mit dem König verschaffen.«
    Der Schamane drehte sich und starrte nun ebenfalls auf den Vulkan. Der leichte Wind spielte mit seinem knöchellangen roten Gewand und brachte den Geruch von Schwefel mit. »Du willst ein Gespräch mit Twaa? So dringend hast du es noch nie gemacht. Es ist dir wirklich Ernst, nicht wahr?«
    »Es muss sehr schnell etwas geschehen.«
    »Vielleicht. Hm. Ich könnte es sicher tun, doch ein Gespräch mit dem König wird dir nichts nützen. Und weißt du warum, Yao? Hör gut zu, denn ich verrate dir jetzt ein gut gehütetes Geheimnis. Twaa war gewiss ein großer König, aber jetzt ist er nichts weiter als
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