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205 - Das Zeichen der Ewigkeit

205 - Das Zeichen der Ewigkeit

Titel: 205 - Das Zeichen der Ewigkeit
Autoren: Stephanie Seidel
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lieben. Was hatte sie sich verzehrt nach ihm in den letzten viereinhalb Jahren! Wie viele Tränen hatte sie vergossen über den schrecklichen Verlust, und was hatte sie gelitten bei dem Gedanken, ihr Kind nie in den Armen halten zu können.
    Maddrax war ihr keine große Hilfe gewesen. Er hatte sich schnell mit dem Verlust abgefunden, und sein Einfühlungsvermögen in das Herz einer jungen Mutter war sehr begrenzt. Aruula dachte noch heute manchmal daran, mit welcher Selbstverständlichkeit er sie für die Suche nach Ann eingeplant hatte, dem Kind von Jenny Jensen. [4]
    Seiner Tochter.
    Vielleicht ist Daa’tan deshalb so auf Maddrax losgegangen, überlegte Aruula. Die beiden sind sich fremd, das spürt der Junge natürlich. Aber im Grunde liebt er seinen Vater, da bin ich sicher. Er braucht nur etwas Zeit. Das ganze Gerede von wegen »Oh, er hat ein Ei zertreten und eine Käferplage gebracht, Maddrax, der Erzfeind der Daa’muren!« ist so ein dummes Geschwätz! Das haben sie ihm eingetrichtert, diese widerlichen Kreaturen, damit Daa’tan seinen Vater als Mörder und Feind ihres Volkes ansieht!
    Die Barbarin schoss einen wütenden Blick auf Grao’sil’aana ab. Der ließ sich gerade von Victorius erklären, dass die vermeintlichen Sandhügel am Rand der Wüste eigentlich Felsen waren. Gebel, so hießen sie in der Landessprache. Sie bestanden aus relativ weichem, porösen Gestein.
    »Schaut euch das schwarze Pferd an«, begeisterte sich Daa’tan und wies mit dem Stab darauf. »Ich hatte mal einen weißen Hengst, den habe ich den Tuurks abgenommen. Aber der Schwarze da unten, der würde mir noch besser gefallen! He, da kommt noch ein zweites Pferd!«
    »Wahrscheinlich gibt es hier jede Menge. Wenn du möchtest, sehe ich mich nach einem für dich um, sobald wir am Ziel sind«, sagte der Daa’mure. Er klang wie ein väterlicher Freund, und er legte Daa’tan eine Hand auf die Schulter.
    Aruula kam die Galle hoch bei dem süßlichen Gesäusel. Sie wusste, dass es aufgesetzt war, und dass Grao’sil’aana bei Daa’tan punkten wollte. Gegen sie. Das konnte sie nicht einfach hinnehmen.
    »Warum machst du meinem Sohn leere Versprechungen?«, fragte sie spitz. Als die beiden sich erstaunt nach ihr umdrehten, zählte sie auf: »Erstens haben wir gar nichts Wertvolles, das man gegen ein Pferd eintauschen könnte. Zweitens: Wie soll es in die Wolkenstädte gelangen? Etwa hoch flattern?«
    »Du gönnst Daa’tan keine Freude!«, schnappte der Daa’mure. »Junge, tu dies nicht; Junge, tu das nicht, es ist zu gefährlich, zu heiß, zu kalt… Nur weil du ihm nicht verzeihen kannst, dass er den Primärfeind Mefju’drex angegriffen hat.«
    »He! Lass meine Mutter in Ruhe! Sie macht sich eben Sorgen um mich«, fauchte Daa’tan, und Aruula schenkte ihm ihr zärtlichstes Lächeln dafür.
    Sie war so stolz auf ihn! Groß und muskulös stand er da; mit langen schwarzen Haaren und Augen so grün wie ein junges Blatt. Er hatte dasselbe Grübchen am Kinn wie Maddrax, und seine Hände waren gut und kräftig.
    Doch sein Inneres war vergiftet. Das hatten seine Entführer bewirkt, allen voran Grao’sil’aana, der sich auch noch damit rühmte, Daa’tan aufgezogen zu haben. Ihm allein gab Aruula die Schuld daran, dass der Junge so aggressiv war, so grausam, und dass er plante, die Macht im Reich der Wolkenstädte zu übernehmen.
    Verfluchte Echsenkreatur! Aruula wandte sich dem Fenster zu. Sie wollte vermeiden, dass ihr Sohn den flammenden Hass bemerkte, den sie für den Daa’muren an seiner Seite empfand.
    Er hat meinem Jungen die Kindheit gestohlen! In welcher Einsamkeit muss Daa’tan gelebt haben, dass er sich nicht anders zu helfen wusste, als seinen eigenen Vater als Druckmittel einzusetzen? Nur damit ich ihm schwöre, ihn nie mehr zu verlassen! Als ob ich ihn nicht freiwillig begleiten würde auf seinem Lebensweg! Er ist doch mein Kind!
    Aruula wischte sich hastig über die Augen. Keine Tränen mehr! Sie wollte nicht mehr weinen; weder um den Vater, noch um den Sohn. Sie wollte stark sein und alles versuchen, um die beiden wieder zusammenzubringen. Der Einfluss des Daa’muren musste aufhören! War Grao’sil’aana erst aus dem Spiel, würde alles gut werden, und dann konnten Maddrax, Daa’tan und Aruula endlich das sein, was sie eigentlich von Anfang an waren.
    Eine Familie.
    ***
    »Siehst du das?«, fragte der Berba unruhig.
    »Ich bin nicht blind, Yussuf!« Nasrallah ben Kufri tastete nach dem feinen Tuch, das seitlich von
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