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205 - Das Zeichen der Ewigkeit

205 - Das Zeichen der Ewigkeit

Titel: 205 - Das Zeichen der Ewigkeit
Autoren: Stephanie Seidel
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seinem Turban herunter hing, und zog es über Mund und Nase. »Beachte das fliegende Ding nicht! Es zeigt kein Interesse an uns, und ich möchte, dass das so bleibt.«
    »Aber es könnte dem Schatten gehören.«
    »Ich bitte dich! Der Mann ist viel zu klug, um ein derart auffälliges Transportmittel zu benutzen. Denk mal zurück, wie lange es gedauert hat, bis wir endlich wussten, wann er welche Orte bereist. Und womit!« Nasrallah zog den Zarak herum.
    »Komm, es wird Zeit.«
    Daa’tans Augen glänzten, während er zusah, wie die beiden Hengste den Gebel verließen. Der Schwarze war klar überlegen; er sprang schaukelnd die sandige Schräge hinunter, während der Braune mehr auf dem Hinterteil rutschte, als dass er lief. Kaum hatte der Schwarze flachen Boden erreicht, streckte er sich und flog in raumgreifendem Galopp davon.
    Schnell wie der Wind, mit wallender Mähne. Daa’tan nickte anerkennend. Das war wirklich ein schönes Tier!
    Aber noch schöner – nein: unvergleichlich schöner! – war die Situation an Bord der Rozière. Daa’tan war überzeugt, dass Victorius sein Schicksal akzeptiert hatte. Also brauchte er sich nicht weiter um den Prinzen zu kümmern und konnte es stattdessen unbeschwert genießen, die beiden Menschen an seiner Seite zu haben, die ihm am meisten bedeuteten. Gut, der eine davon war kein Mensch, sondern ein Daa’mure. Doch das änderte ja nichts an Graos Position.
    Lehrmeister, Freund, Gefährte, das war Grao’sil’aana. Als der Wandler in Ausala den Finder besiegte, hätte er die Möglichkeit gehabt, mit seinem Volk ins Weltall aufzubrechen.
    Er tat es aber nicht. Er blieb bei Daa’tan, und die Daa’muren verließen den Planeten ohne ihn. Das war doch ein großer Liebesbeweis, oder? Wer machte so etwas schon?
    Also ich nicht, sagte sich Daa’tan, und er meinte, was er dachte. Er war ja durchaus bereit, Grao die eine oder andere Gefälligkeit zu zeigen. Aber alles hatte seine Grenzen, und die begannen allerspätestens dort, wo der Planet aufhörte. Ich würde doch meine Mutter nicht zurücklassen!
    Daa’tan drehte sich flüchtig nach ihr um. Aruula stand am Seitenfenster und blickte hinaus auf das fremde Land. Sie war so schön! Und so klug! Nicht so klug wie ich, aber das erwartet auch keiner. Sie ist unter Barbaren aufgewachsen, und deren Intellekt ist nicht im Ansatz vergleichbar mit dem meines Umfelds, den Daa’muren!
    Trotzdem, und das stellte er mit diebischem Vergnügen fest, konnte sich seine Mutter durchaus gegen Grao behaupten. Die beiden gerieten ständig aneinander, hauptsächlich wegen ihm, und er liebte jeden Moment davon! Aruula und der Daa’mure waren genau die Art von Eltern, die sich jedes Kind wünschte: Wenn der eine etwas verbot, brauchte man nur den anderen darüber zu informieren; schon bekam man, was man wollte.
    Sie passen so gut zusammen, dachte Daa’tan. Klar fand er es blöd, dass seine Mutter ihn umsorgte, als wäre er ein Fünfjähriger. Er konnte es auch nicht leiden, wenn Grao den allwissenden Patriarchen gab. Doch das Gesamtpaket war ein Stück Normalität, wie sie der Neunzehnjährige bisher nie erlebt hatte, und er stürzte sich darauf wie ein Verhungernder. Hier an Bord der PARIS durfte Daa’tan einmal Kind sein, Verantwortung abgeben, sich einfach lieben lassen. Und er wurde geliebt. Besonders von seiner Mutter. Aruula hatte es sich angewöhnt, ihm jeden Abend eine Geschichte zu erzählen, ein Kapitel aus ihrem bewegten Leben. Es gefiel ihm zwar nicht, dass darin meistens Mefju’drex die Hauptrolle spielte, aber er hörte trotzdem gerne zu.
    Sie hat eine so schöne Stimme! Wenn sie erst aufhört, dauernd von dem Kerl zu reden, der inzwischen hoffentlich in den Dornen erstickt ist, werde ich mal mit Grao sprechen.
    Vielleicht schaffe ich es ja, die beiden zusammenzubringen.
    Dann wären wir endlich das, was wir von Anfang an hätten sein sollen. Eine Familie!
    Gegen Mittag erreichte die PARIS den Anfang des Deltas, und aus der Vielzahl kleiner Flüsschen wurde ein einziger mächtiger Strom. Der Nil kam hier schnurgerade aus Süden und lag genau unter ihrem Bug. Beide Ufer waren begrünt; im Westen begann hinter Palmenhainen und vereinzelten Feldern die Unendlichkeit der Wüste. Gegenüber sah es ähnlich aus, nur zeichnete sich dort in diesiger Flimmerferne der Umriss einer Stadt ab. Einer alten Stadt, von jener Sorte Mensch erbaut, die beim Aufschlag des Wandlers vor fünfhundert Jahren ihr Ende fand.
    »El Kahira«, sagte Victorius und
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