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205 - Das Zeichen der Ewigkeit

205 - Das Zeichen der Ewigkeit

Titel: 205 - Das Zeichen der Ewigkeit
Autoren: Stephanie Seidel
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Platz.
    »Mossari!«
    Es geschah so plötzlich, so vollkommen unerwartet, dass selbst die erfahrene Kriegerin zu spät reagierte. Aruula saß noch auf den Steinen und runzelte verwundert die Stirn, da waren sie schon heran.
    Sie kamen aus der Dunkelheit – pechschwarze Männer ohne ein Fleckchen Weiß auf der Haut. Ihre Augen reflektierten kein Licht, diese unheimlichen gelben Augen mit den Doppelpupillen. Man sah nur das Blitzen von Schwertern. Und das Ergebnis.
    Ein Arm fiel zu Boden, ein Kopf. Blut spritzte. Die unbewaffneten Städter versuchten zu fliehen, alle zugleich.
    Chaos brach aus. Schwarze flankten mit erhobenen Schwertern über die Trümmer. Die Städter rannten nach links, nach rechts, um ihnen zu entkommen. Was im Weg war, wurde rücksichtslos niedergetrampelt, Kinder und Alte eingeschlossen.
    Aruula hatte das Schwert schon in der Hand, sprang auf, wollte helfen. Sie fluchte, als sie mit ihrer ungewohnten Bekleidung an den Steinen hängen blieb. Der zarte Stoff riss – wenigstens etwas Gutes –, und sie schwang die Waffe.
    »Daa’tan!«, schrie sie, während ihre Klinge einen anspringenden Mossari stoppte. Er fiel, sie ergriff sein Schwert, warf es Hadban zu. »Daa’tan! Bring die Kinder in die Taverne! Fackeln aus! Tür zu!«
    »Das hat keinen Zweck!«, rief Hadban. Er kämpfte erstaunlich gut, hieb und stach sich den Weg frei zu Aruula. Er rief noch etwas, aber es wurde von den schreienden Städtern übertönt.
    Mitten im Gedränge formte sich ein freier Platz, wie eine Insel. Ein kleines Mädchen stand dort, reglos und stumm vor Angst. Verbissen schlug sich Aruula zu ihm durch. Wenigstens dieses eine Leben wollte sie retten.
    Die Barbarin bemerkte einen Mossari mit blutverklebtem Haar auf dem Kopf. Sie hielt es für eine Perücke, wegen der weißen Schläfenlocken. Doch dann tauchte ein Zweiter auf, der Befehle bellte wie ein Anführer. Weiches langes Frauenhaar wehte über seine Schultern herab, von einem blutigen Ansatz umgeben, und Aruula erinnerte sich, wo sie die eingeflochtenen Strähnen darin schon einmal gesehen hatte: auf dem Kopf einer Sklavin beim brennenden Schiff.
    »Wudan!«, keuchte sie entsetzt.
    Plötzlich formierte sich die Menge. Irgendwo außer Sicht musste etwas geschehen sein, das die Städter durchdrehen ließ.
    Sie flohen wie eine verängstige Yakk-Herde, kamen als lebende, kreischende Wand heran. Genau auf Aruula zu.
    »Rette dich!«, brüllte Hadban und griff nach ihrem Arm.
    Aruula sah das kleine Mädchen, das immer noch schreckensstarr da stand. Jeden Moment würde die Menge es überrennen. Die Barbarin riss sich los, spurtete auf das Kind zu. Schon hatte sie es erreicht, ging in die Hocke, um die Kleine zu umfassen. Da entdeckte sie der Mossari mit dem Frauenskalp und hetzte mit hoch fliegendem Schwert näher.
    Wen würde er töten? Aruula oder das Kind?
    »Niemanden«, sagte die Barbarin kalt und hieb ihm beim Aufrichten mit aller Macht den Schwertgriff unters Kinn. Die Kopfhaut der armen Sklavin löste sich von seinem Schädel, als der Mossari zusammenbrach.
    Er musste ein Anführer sein, denn als die Schwarzen ihn fallen sahen, stürmten sie brüllend los. Alle gelben Augen konzentrierten sich auf Aruula.
    »Lauf! Bei allen Göttern: lauf!«, rief Hadban stöhnend, als die Barbarin nahte. Er hatte sich vor den fliehenden Städtern auf einen Trümmerbrocken gerettet. Aruula hob das Kind in seine ausgestreckten Hände und rannte davon, in die Nacht.
    Irgendwo hinter ihr erscholl der Ruf: »Amentu!«, und da war ein Hauch von Zögern in der Luft, gefühlte Angst. Aruula betete, dass Grao’sil’aana die Lupagestalt angenommen hatte, vor der sich die Mossari fürchteten. Doch sie wagte nicht sich umzudrehen. Fort, nur fort!
    Es ging alles so furchtbar schnell. Füße folgten Aruula, viele Füße. Ob sie Freund oder Feind gehörten, konnte sie nicht sagen. Sie rannte die Straße hinunter, fort von der Taverne, auf dunkle Häuser zu. Aruula roch den Nil, glaubte Ruderschlag zu hören, sah die Positionslichter eines vorbeiziehenden Schiffes.
    Der Fluss war eine Meile entfernt, und doch schien er zum Greifen nah. Es war die Nacht, die diese Sinnestäuschungen hervorrief; die arabische Nacht mit ihrer Blütenschwere und dem sonnenwarmen Sand.
    Aruula fand einen Hauseingang, glitt lautlos hinein. Es war stockdunkel dort. Einen Moment lang presste sie die Stirn ans Gemäuer, lauschte ihrem heftigen Puls. Atmete.
    Das Mossarischwert sang beim Herunterkommen, nur deshalb
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