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205 - Das Zeichen der Ewigkeit

205 - Das Zeichen der Ewigkeit

Titel: 205 - Das Zeichen der Ewigkeit
Autoren: Stephanie Seidel
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zeigte dabei auf die Skelette der Wolkenkratzer. Sie überragten deutlich die Flugbahn der Rozière, waren teilweise noch verglast.
    Unheimlich sahen sie aus. Schweigende Kolosse, ein ganzes Heer davon, alle mit leeren Augenhöhlen.
    »Warum haben die Leute ihre Häuser übereinander gebaut?«, wollte Aruula wissen. »Es gibt doch genug Platz hier!«
    »Das verkürzt die Laufwege.« Victorius lächelte, wurde aber gleich wieder ernst, weil Daa’tan ihn nachdenklich ansah.
    »El Kahira, das klingt ganz anders als die Namen der Wolkenstädte!«
    »Es… äh… ist ja auch keine Wolkenstadt.« Victorius strich nervös über seine rosafarbene Perücke. »Folgendes: Im Küstengebiet leben nur Hilfskräfte und Zuwanderer. Wir haben die alten Ortsbezeichnungen beibehalten, um deutlich zu unterscheiden zwischen dieser Gegend und so großartigen Städten wie unserer Metropole Wimereux-à-l’Hauteur.«
    Daa’tan nickte zufrieden.
    Aruula mischte sich ein. »Wohnen hier viele Menschen, Victorius?«
    Der Prinz wandte sich ihr zu. »Als der Komet… ich meine: der Wandler abstürzte, lebten in El Kahira fünfzehn Millionen Menschen. Ein paar Hunderttausend haben den direkten Aufprall überstanden, doch sie sind in den Folgejahren fast alle gestorben. Die Einzigen, denen selbst eine solche Katastrophe nichts anhaben konnte, waren die da.« Victorius zeigte auf ein Randgebiet der Stadt. Aruula schien interessiert, und so lenkte er die PARIS ein Stück weit dorthin, damit sie es besser sehen konnte.
    Ein riesiges Feld. Tausende kleiner, staubiggrauer Rechtecke darauf, aus massivem Stein. Alle in Reih und Glied, wie mit dem Lineal gezogen. Niemand zu sehen. Totenstille.
    »Das ist ein Friedhof«, erklärte Victorius. »Er stammt aus einer vergessenen Zeit, und in den Tagen vor Kristofluu haben hier die Ärmsten der Armen gewohnt. In den Gräbern ihrer Vorfahren mit den dicken Wänden und Decken konnten sie überleben.«
    »In einer Steinkiste? Na, danke!«, sagte Daa’tan. »Die müssen doch verrückt geworden sein, wenn sie nur auf kahle Wände starren konnten.«
    »Sie waren nicht kahl.« Victorius schüttelte den Kopf.
    »Diese Gräber sind von innen bemalt, mit Götterbildern und einer merkwürdigen Schrift. Allein das Entziffern, oder wenigstens der Versuch, hat die Leute lange beschäftigt gehalten und –«
    »Was ist das«, fragte Grao’sil’aana plötzlich dazwischen. Er klang sehr erstaunt, was selten vorkam, deshalb flogen alle Blicke herum und folgten dem seinen. Im nächsten Moment war das Gräberfeld vergessen.
    Auf der anderen Seite des Nils, etwa fünfzehn Kilometer entfernt, ragten drei nie gesehene Gebilde auf. Pyramiden nannte Victorius die Bauwerke. Sie mussten riesig sein, wenn sie selbst aus dieser Entfernung so hoch aufragten. Aruula war überzeugt, dass es sich um Göttertempel handelte.
    Grao’sil’aana hingegen erklärte sie zum Werk von Außerirdischen, weil Primärrassenvertreter seiner Meinung nach unfähig waren, solche Bauten zu errichten. Daa’tan sagte gar nichts.
    »Hoinx«, hauchte er nur. Das war kein richtiges Wort, mehr die Vertonung seines Staunens. In einer anderen Zeit hätte Daa’tan vielleicht Wow! gesagt, oder Boah, ey!
    »Flieg da hin, Victorius!«, befahl er erregt. »Ich muss mir diese Häuser aus der Nähe ansehen!«
    »Das sind Gräber.«
    »Ist mir egal. Los, flieg schon! Grao! Leg mal was Brennholz nach!«
    Der Daa’mure verzog das Gesicht. »Wir wollen zu den Wolkenstädten, Daa’tan! Ich finde nicht, dass du dich mit der Betrachtung alter Gräber aufhalten solltest.«
    »Und warum nicht?«, fragte Aruula empört dazwischen.
    »Wenn mein Sohn sich was ansehen will, dann darf er das! Oder hast du es irgendwie eilig, Grao!«
    »Nein, aber diese Bauten sind hoch und sehr alt. Wenn er da herumklettert, kann er abstürzen und sich verletzen!«
    »Also wirklich! Daa’tan ist doch kein Kind mehr! Er weiß, was er tut. Stimmt doch, Junge, oder?«
    »Ja, Mutter!«
    »Na bitte, da hörst du’s!« Aruula wandte sich ab; langsam genug, dass Grao’sil’aana noch ihr triumphierendes Lächeln mitbekam auf seinem Weg zum Ofen. Keiner der beiden bemerkte Daa’tans Feixen, und der wiederum ahnte nicht, dass Victorius schon fieberhaft überlegte, wie er den Besuch bei den Pyramiden zur Flucht nutzen konnte. So waren alle außer dem Daa’muren, zufrieden in ihrer kleinen Scheinwelt, von der jeder dachte, sie wäre die Realität an Bord.
    ***
    Der Flug zu den Pyramiden führte auf die
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