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2.02 Der fluesternde Riese

2.02 Der fluesternde Riese

Titel: 2.02 Der fluesternde Riese
Autoren: Joachim Masannek
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Käfern und Ameisen bewohnten Maschinen durchaus an Hadschis Erfindungen erinnerten, stammten sie aus einer anderen Hand. Aus einer anderen Werkstatt. Und sie waren zerstört. Genau wie die anderen Dinge, die wir nicht kannten. Kart- und Motorradwracks zum Beispiel. Oder Kanonen, deren Läufe geschmolzen waren, als hätte jemand versucht, damit Sonnenplasma zu verschießen. Ja, auf diesem Ort lag ein dunkles Geheimnis, und deshalb waren wir erleichtert, als Juli uns zum Lichtstrahl führte.
    Inmitten des „Schrotts“ stand ein altes Motorrad auf einem Podest und streckte das Vorderrad in Richtung Wipfel der Bäume. Sein Scheinwerfer brannte. Er schickte einen Lichtstrahl in den Himmel empor und warf mit ihm die altmodische Version unseres Wilde-Kerle-Logos wie einen künstlichen Mond auf die Wolken.
    „Viertakt-gebeamter Großalarm!“, raunte Raban, der Held, und schaute zu Juli. „Ist es das, was ich meine? Ist das Willis Horn? Ich meine, das, was für uns das Horn von Camelot ist?“
    „Genau“, nickte Juli. „Das, was da vor uns steht, stammt nicht aus einem Batmanfilm. Das ist die Ur-Wilde-Kerle-Notrufsäule.“
    „Die was?“, krächzte Leon. „Und was meinst du mit Ur?“
    Doch Juli sprang schon zum Motorrad, öffnete einen der Seitendeckel und zog ein kleines Gerät heraus, aus dessen Vorderseite zwei Fernrohre ragten.
    „Der Strahl und das Logo alarmieren die Gang“, erklärte er sachlich, während er die Schutzkappen von den Linsen zog. „Aber wenn man mit diesem Sextanten-Viewmaster den Strahl des Wilden Monsters bricht, dann fällt er von den Wolken auf die Erde zurück und zeigt dir den Ort, wo die Versammlung stattfindet.“
    Er gab mir den Viewmaster, und ich drehte das kleine Gerät aus schwarzem Metall, bis ich den kleinen Springverschluss fand. Der doppelte Sucher klappte auf, und als ich die Schärfe auf das Logo einstellte, blitzte ein Strahl aus dem Auge des Monsters und fiel von den Wolken auf die Erde zurück. Das Gerät ratterte los. Zahlen liefen über den Sucher, und als sie ächzend stehen blieben, als hätte ein Kolbenfresser einen Motor zerstört, erklang eine Stimme:
    „Ihr Ziel ist geheim. Es liegt drei Kilometer von ihnen entfernt. Verlassen Sie den Schrottplatz in östlicher Richtung.“
    „Hogwarts gepotterter Dumbledore!“, flüsterte Nerv. „Das ist ja ein waschechtes Steinzeitnavi.“
    „Das und viel mehr!“, grummelte „Huckleberry“ Fort Knox und steckte das Zauberkästchen auf meinen Lenker. „Es bringt uns zu Willi. Das könnt ihr mir glauben. Nur sollten wir wissen, ob wir das wollen. Das ist ein Notfall und dazu noch geheim. Das wird bestimmt mehr als gefährlich.“
    Er schaute uns an.
    „Das ist so gefährlich, dass Hadschi ben Hadschi in aller Eile vergessen hat, seine Geheimerfinderwerkstatt zu schließen.“
    Danach war es still, und in dieser Stille konnte ich hören, wie Markus seine torwarthandschuhbewehrten Fäuste noch fester um den Lenker schloss. Ich hörte das Knirschen von Nervs armen Zähnen. Ich fühlte, wie Rabans Brille vor Angstschweiß beschlug und mein Herz heftig pochte.
    Ja, ich hatte Angst. Aber nur, weil ich nicht wusste, wovor ich Angst hatte. Ich fürchtete mich vor etwas, das ich nicht kannte, und das hatten wir uns erst gestern geschworen: So eine Angst wollten wir nie wieder haben. Nein, wir wollten uns niemals wieder verstecken, und deshalb sagte ich leise:
    „Wenn Hadschi es so eilig hatte, dann ist es sicherlich nicht nur gefährlich. Dann ist es auch wichtig. Verdammt wichtig sogar!“
    Ich trat in die Pedale, und dann folgten wir alle der Kompassnadel auf dem schwarzen Kasten. Wir verließen den Finsterwald und fuhren auf die Milchige Steppe . Die Steppe, auf der zwischen Müll und Unrat Ratten Jagd auf Katzen machten. Ratten, die größer waren als kleine Hunde. 10 Doch in den Augen unserer Angst erschienen sie uns als putzige Tierchen. Den Graffitiburgen 11 des Dicken Michi, die nördlich von uns am Horizont standen, schenkten wir keinen einzigen Blick. Den Sternschnuppenwall überquerten wir wie einen unbedeutenden Hügel. Wir fuhren dahinter ins Niemandsland, und dort, mitten im Reich des Vetten Fetters 12 , dem keiner von uns begegnen wollte, befahl die Stimme des Kastens:
    „Halt! Sie haben ihr Ziel erreicht.“
    Ich stieg in die Bremsen. Ich schaute mich um. Hier gab es nichts außer Wind, Müll und den roten Augen der R.v.a.G.’s, der Ratten von außergewöhnlicher Größe. Ich sah vom Kasten zu Juli
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