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2.02 Der fluesternde Riese

2.02 Der fluesternde Riese

Titel: 2.02 Der fluesternde Riese
Autoren: Joachim Masannek
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„Huckleberry“ Fort Knox.
    „Er bringt uns zu Willi“, sagte ich spöttisch, und Nerv, dem das Herz aus dem Hals durch den Magen in seine Hose zu rutschen drohte, flüsterte heiser: „Und was machen wir jetzt?“
    „Wir gehen da rein!“, rief Leon entschlossen, sprang aus dem Sattel und lief zu dem Schatten, den ich in der Dunkelheit für einen Felsen gehalten hatte. Doch der Fleck war ein Loch.
    Ein Loch in der Erde und der Gang, der hinter diesem Loch lag, konnte nur dahin führen, wo die Ratten herkamen. Trotzdem rief Leon: „Wir gehen da rein! Ich weiß, wo wir sind. Los kommt schon! Kommt mit!“

DIE UR-WILDEN KERLE
    Wir folgten Leon durch den unterirdischen Gang, und als sich die Dunkelheit über uns legte wie eine alles Licht schluckende Decke aus Samt, erschien ein Glimmen am Ende des Tunnels. Es drang aus einem Spalt im Boden. Der zog sich zwei Meter breit quer durch den Gang, und durch ihn hindurch sahen wir in einen unterirdischen Hangar, in dem ein von Fackeln beleuchtetes Flugzeug stand.
    „Das ist eine P-51 Twin Mustang. Das schnellste Motorflugzeug der Welt. Der gedoppelte Cadillac der Lüfte!“, kam Leon ins Schwärmen und verschlang die aus zwei einmotorigen Jagdflugzeugen an den Flügeln zusammengeschweißte Maschine mit seinen Augen. „Hier haben Fabi und ich uns immer getroffen. Und hier haben wir uns geschworen, dass wir für immer zusammenbleiben. Für immer und ewig. Bis wir als wilde Mumien bei der Altersheim-Stadtmeisterschaft mitspielen werden.“ 13

    Das Lächeln sprang aus Leons Augen und tanzte um seinen Mund, als er sich daran erinnerte. Doch dann wurde er ernst. Denn Fabi, sein bester Freund, hatte genauso wie mein bester Freund, Rocce, der Zauberer, die Wilden Kerle schon lange verlassen.
    „Das war unser Geheimversteck!“, sagte mein Bruder und wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht. „Ich war hier nicht mehr seit anderthalb Jahren.“
    Da hörten wir Willis Stimme unter uns aus dem Hangar.
    „Aber jetzt seid ihr hier. Also kommt auch herunter. Wir warten schon seit zwei Stunden auf euch.“
    Leon schaute mich an. „Seit über zwei Stunden? Da haben wir noch gegen die Wölfe gekämpft.“
    „Genau“, blaffte Willi, „wobei die Betonung auf ‚noch’ liegt und bestimmt nicht auf ‚kämpfen’. Sonst wären wir nicht hier. Habt ihr das kapiert?“
    „Wie bitte, was?!“ Markus schnappte nach Luft. „Da platzt ja dem Teufel der Topf in der Hölle!“
    „In dem er euch brutzelt.“ 14 , fügte Hadschi hinzu. „Also schlawenzt eure Ex-Wilde-Kerle-Hintern gefälligst und Teilchen-beschleunigt ins Souterrain, damit wir sie Karamba-geölt und Stahlbürsten-geschliffen von ihrer verrosteten Arroganz befreien.“ 15
    „Es läuft noch wie immer. Hi-hi-und-ho. Gedingst und geblasen. Die Dinger liegen Bäng-Buhm bereit“, meldete sich eine dritte Stimme, die Jojo, der mit der Sonne tanzt, sofort erkannt hätte. Doch auch Jojo gehörte nicht mehr zu unserer Mannschaft.
    „Was meint er mit ‚Dinger’ und mit ‚geblasen’?“, fragte ich Leon und spähte neben ihm in die Tiefe hinab.
    Wir lagen auf dem Dach des Hangars, und der war mindestens zehn Meter hoch.
    „Er meint, dass wir springen“, schluckte mein Bruder und deutete mit dem Kopf auf den Boden, der im Schatten der Fackeln lag. „Da unten liegen Müllsack-Airbags. Auch wenn ihr sie nicht sehen könnt. Sie sind nämlich schwarz. Doch sie funktionieren wie weiße. Ich mein, wie die, die in den Autos sind. Und es macht richtig Spaß“, sagte er so, dass keiner ihm glaubte. „Auf jeden Fall war das bis vor fünfzehn Monaten so.“
    Er stand langsam auf und holte tief Luft. „Worauf wartet ihr?“, zischte er. „Hi-hi-und-ho. Gedingst und geblasen. Ihr habt es gehört!“
    Er sprang durch den Spalt.
    „Nein, Leon, was machst du?“, schrien Nerv und ich auf, und dann folgte die längste Sekunde meines 13-jährigen Lebens. Doch nach dieser längsten Sekunde hörte ich endlich den erlösenden Knall. Wie wenn man Papiertüten aufbläst und sie dann zerschlägt. Drei oder vier Mal hörte ich das, und dann hörte ich Leon lachen.
    „Kacke verdammte! Sie sind wirklich noch da!“, rief er begeistert, und als er zu uns und dem Spalt in der Decke hochsah, sprangen wir bereits zu ihm herab.
    „Leon, du lebst!“, begrüßte ich ihn, während ich mich aus den Airbags kämpfte. „Leon, du lebst!“ Ich umarmte ihn fest. Ich ignorierte, dass er das nicht ausstehen konnte. Ich überhörte die Drohung:
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