Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2.02 Der fluesternde Riese

2.02 Der fluesternde Riese

Titel: 2.02 Der fluesternde Riese
Autoren: Joachim Masannek
Vom Netzwerk:
erst recht nicht zu meinem Vater. Den schaute ich an. Ja, und weil er mein Vater war, versank ich nicht weiter. Ich wurde nicht kleiner. Nein, ich wurde stolz.
    „Okay“, sagte ich, „das kann man nicht ändern. Nerv ist erst acht, und ich bin erst dreizehn. Doch auch wenn wir den Führerschein noch nicht machen dürfen, wollen wir wachsen. Nein, wir tun es ständig. Und das beweisen wir euch jetzt hier und sofort.“
    „Nein, morgen im Teufelstopf! “, fiel mir Maxis Vater ins Wort. „Morgen um drei spielen wir mit euch das,Ich-lass-die-Hosen-runter-Spiel’!“
    Er blitzte mich an, und ich spürte das moosig-, pelzig-schleimige Kribbeln, das aus meinem Magen kroch. Ich drehte mich weg und schaute zu Willi. Ich war wütend und zornig:
    „Ist er es, der das entscheiden darf?“
    „Warum?“, fragte Willi. „Hast du etwa Angst?“
    Er meinte damit dieses eklige Kribbeln. Das Kribbeln, das ich nicht wahrhaben wollte.
    „Ich hab was gefragt?“, überspielte ich es. „Ist Maxis Vater jetzt vielleicht unser Trainer?“
    „Nun“, seufzte Willi und stand langsam auf. „So könnte man das vielleicht sogar nennen.“
    „Aber er ist unser Feind. Er will uns vernichten!“, rief Leon entgeistert.
    „Und selbst wenn er das will“, brauste Willi jetzt auf, „tut er das Richtige, wenn er es schafft.“ Er bebte vor Wut. „Ja, dann tut er das Richtige. Denn wenn er es schafft, habt ihr nichts anderes verdient.“
    Er nahm seinen Hut und zerknautschte die Krempe. „Versteht ihr das nicht? Reden wir für euch alle chinesisch? Ihr habt nur noch zwei Wochen Zeit. Und ihr habt davor zwei Jahre geschlafen. Da waren der Lancelot-Test hoch zwei und das Spiel gegen die Wölfe nur ein Augenaufschlag. Ihr habt kurz gegähnt, euch ein bisschen gereckt und dann wieder auf die andere Seite gewälzt. Ihr schlaft ja schon wieder.“
    Er kratzte sich über das stopplige Kinn. Ich sah, wie dabei die Funken sprühten. Dann ließ er uns stehen. Er verschwand mit seinen Freunden im Dunkel des Hangars. Doch kurz bevor sie verschwanden, drehte sich Maxis Vater noch zu uns um:
    „Aber wir wecken euch auf. Morgen um drei geht die Zeit der Träume zu Ende.“

DAS „ICH-LASS-DIE-HOSEN-
RUNTER-SPIEL“
    Obwohl wir es nicht verabredet hatten … Obwohl jeder von uns ohne den anderen losfuhr … Obwohl ich das Haus meines Vaters schon zehn Minuten vor Leon verlassen hatte … Obwohl und obwohl hielten wir alle um Punkt eine Minute vor drei auf dem Hügel zum Teufelstopf und starrten zu siebt auf den inzwischen wie durch ein Wunder wieder staubtrockenen Bolzplatz hinab.
    Dort standen Willi, Billi, Hadschi und Edgar in langen schwarzen Mänteln neben Nervs Mutter und meinem Vater, und vor allen saß, als hätte dort über Nacht ein Putsch stattgefunden, Maxis Vater in Willis Schaukelstuhl.
    „Warum machen wir das?“, zischte Markus zu Maxi, der vor ihm im Bäckerrad-Seifenkisten-Flaggschiff die Handpedale umklammerte. „Wir müssen das nicht. Wir spielen seit gestern in Donnerschlag .“
    „Genau!“, fauchte Juli. „Was interessiert es uns da noch, was die von uns denken?“
    „Kommt, lasst uns verschwinden!“, rief Nerv, der neben ihm auf dem Beiwagen stand.
    „Ja, hauen wir ab!“, riefen Raban und Leon und schoben schon ihre Räder zurück. „Das sind doch nur blöde Erwachsene!“
    Da sagte ich trocken: „Dann sind wir das auch: blöd und erwachsen.“
    Die anderen blitzten mich zornig an, als hätte ich etwas ausgesprochen, das man auf keinen Fall aussprechen darf. Doch ich war noch nicht fertig.
    „Ich meine, deshalb seid ihr doch alle gekommen. Ihr wollt ihnen beweisen, dass wir genau das sind: endlich erwachsen. Und das schon mit acht.“
    Ich nahm Nerv ins Visier. „Das hast du ihnen doch gestern gesagt. Und du, Maxi, auch!“ Ich sah zum Mann mit dem härtesten Bums, und der spielte verlegen mit seinen Pedalen. „Wir sind wild, hast du gesagt, und wir wollen es wissen. Wissen und fühlen. Mit unseren Herzen. Und jetzt geht ihr stiften. Ihr zieht den Schwanz ein.“
    „Wie bitte? Hä?“ Nerv zog eine Grimasse. „Der redet wie Hadschi und Billi zusammen. Der orakelt wie Delphi. 18 Ich verstehe kein Wort.“
    „Aber ich“, sagte Maxi. „Und Marlon hat recht: Wie können wir stolz und erwachsen sein? Wie können wir so nach Donnerschlag gehen, wenn wir vor diesen alten Knackern kneifen?“
    Er grinste mich an.
    „Also lassen wir doch mal die Hosen runter.“
    Er stemmte die Arme gegen die Pedale. Er brachte den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher