Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2.02 Der fluesternde Riese

2.02 Der fluesternde Riese

Titel: 2.02 Der fluesternde Riese
Autoren: Joachim Masannek
Vom Netzwerk:
und bevor er mit seinem Team in Donnerschlag gescheitert war. Er war jetzt der Mittelstürmer der Ur-Wilden-Kerle. Der sagenhaften Mannschaft, von der wir, obwohl er sie immer erwähnt hatte, nicht glauben wollten, dass es sie wirklich gegeben hatte. Doch jetzt waren sie da, und Willi hatte sie nur deshalb zusammengetrommelt, damit sie uns sagten, dass uns dasselbe Schicksal ereilen würde.
    Aber warum? Ich verstand das nicht, hört ihr? Das war doch verrückt. Das war wie ein Alptraum. Willi war unser Trainer, und Hadschi war unser Freund. Edgar, der Pinguin, bewunderte uns. Er war unser Fan, und mein Vater, verfuchst noch mal, war doch mein Vater.
    Da sagte Willi staubtrocken: „Billi hat recht. Ihr hängt jetzt am Haken. Jetzt haben sie euch. Ihr wurdet mit fetten Würmern gelockt, und wenn ihr in zwei Wochen, am Sonntag nach Ostern, nach Donnerschlag geht, werfen sie euch auf den Grill.“
    Wir schwiegen schockiert, und das unbeschreiblich schöne Gefühl, das Gefühl von Stolz und Triumph, das wir bis gerade eben empfunden hatten, floss aus uns raus wie Wasser aus einem rostigen Eimer. Ich begann nervös mit den Füßen zu scharren. Ich wollte das nicht. Ich wollte mich nicht wie ein Eimer fühlen und suchte den Blick meines Vaters, der sich mit Maxis Vater und der Mutter von Nerv hinter das Fahrwerk und Willi stellte.
    „Habt ihr wirklich geglaubt, ihr könntet das schaffen?“, fragte er mich, und ich begann ihn zu hassen.
    „Wir haben zwei Stunden darüber beraten“, nickte Nervs Mutter.
    „Und wir sind die Bängs.“ Billi rümpfte die Nase.
    „Die Bängs vom Olymp. Die sieben Klugscheißer-Gripse. 17 Die, die es schnallen!“, brummte Hadschi ben Hadschi.
    „Et voilà!“, seufzte Edgar und schniefte in den Zipfel der Schneewittchenschürze hinein.
    „Wir haben entschieden, dass ihr es nicht schafft!“
    Der Satz aus dem Mund von Maxis Vater klang wie ein Todesurteil. Ich ballte die Fäuste. Ich spürte, wie Leon dasselbe tat. Wie alle meine Freunde dasselbe taten, und dann hörte ich Maxis rostige Stimme, wie er sein wütendes Schweigen brach.
    „Ach ja. Das habt ihr? Dann bist du ja froh.“ Er schenkte seinem Vater einen wütenden Blick. „Dann hast du erreicht, was du die ganze Zeit wolltest. Es gibt uns nicht mehr. Genauso wie euch. Ihr habt doch verloren, als ihr es versucht habt! Und jetzt wollt ihr alle, dass uns dasselbe passiert. Ihr wollt, dass wir genauso scheitern. Ihr wollt nicht, dass wir besser sind.“
    Maxi holte tief Luft. Er ging zwischen mir und Leon hindurch und stellte sich mutig vor uns auf.
    „Doch jetzt sag ich dir was: Papa, wir sind keine Loser. Wir verstecken uns nicht. Wir verstecken auch nichts auf einem Schrottplatz im Wald. Wir sind stolz. Wir sind wild, und wir wollen es wissen. Mit unserem Herzen wollen wir es wissen.“
    Er legte die Hand auf die Brust und das Logo und schaute seinem Vater stolz in die Augen. Doch der blieb eiskalt.
    „Was meinst du mit Herz? Das ist dir doch längst in die Socken gerutscht. Oder meinst du das Kindermonster auf deinem T-Shirt?“
    Maxi zuckte zusammen: Das, was sein Vater gerade als „T-Shirt“ bezeichnet hatte, war unser heiliges Fußballtrikot, und das Logo darauf war das, was wir waren. Es stand für alles, was uns etwas bedeutete, und Maxis Vater warf es vor uns in den Dreck. Er warf es in den Dreck und trat es mit Füßen, als wären es nur ein paar Kakerlaken.
    „Ist es das, was du fühlen wolltest?“, verhöhnte er Maxi und hob seinen Kopf, als wollte er seinen Sohn mit seinem mächtigen Kinn wie mit einem Vorschlaghammer in den Boden rammen. „Weißt du jetzt, was ihr seid?“
    „Ja“, Nerv ballte die Fäuste, „das wissen wir alle. Wir sind keine Kinder! Wir sind jetzt erwachsen. Seit heute sind wir’s.“
    „Erwachsen mit acht?“ Maxis Vater lachte Nerv aus. „Komm, sag das noch mal. Dann machst du ja morgen den Führerschein.“
    Nerv wurde rot. Er schnaufte. Er zischte und wollte sich wehren. Doch ihm versagte die Stimme, und mir schien es, als würde der Kleine plötzlich noch kleiner. Als würde er schrumpfen. Als schrumpften wir alle. Als liefen wir wie T-Shirts im Trockner ein.
    „Sie sind jetzt erwachsen!“, lachte unser Todfeind uns aus, und ich wollte nicht glauben, dass er zu Willis Mannschaft gehörte. Zu Willi, dem besten Trainer der Welt. Zu Hadschi ben Hadschi, dem Geheimerfinderphantom. Zu Edgar, der treuesten Seele auf diesem Planeten, und zu Billi, dem Klapperschlangen-Mann. Nein, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher