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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
Autoren: Brian D'Amato
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Irgendwo zwischen den sich zurückziehenden Klonheeren glaubte ich Maximón zu sehen, der seine alte Manta und den Sombrero trug und rauchte und grinste, als wollte er sagen: »Ich hab’s dir ja gleich gesagt«, aber ich bildete ihn mir wahrscheinlich nur ein. Der Raum war wie eine Hightech-Version der Heiratskapelle in den Mormonentempeln, in denen in alle vier Wände riesige Spiegel eingelassen sind, um »die Ewigkeit einzufangen«, wie sie es ausdrücken. Offenbar waren die Designer der Meinung gewesen, es sei nicht cool genug für die New-Age-Idioten-Hochzeiten, die Lindsay und seine Kumpels hier abhalten lassen wollten, denn soeben führten die Anzeigeprogramme eine voreingestellte Routine aus, bei der sie Bilder aus den laufenden Aufnahmen zogen und sie als Palimpseste über die aktuellen »Spiegelbilder« legten, und wir sahen uns vergrößert, geschrumpft, von oben, von der anderen Seite des Raumes, ungespiegelt, in Zeitlupe, in Zeitraffer, vor vierhundert mal zwanzig Schlägen, vor einem Schlag – nur nicht im nächsten Schlag von nun an. Ich sah uns wieder hereinkommen, und ich sah Marena das Video abspielen, auf dem sie Lindsay anruft und bei der Warren Group kündigt, gleich nach dem Chrononaut -Trailer. Es war, als wäre ich im Kopf einer obsessiv-kompulsiven Persönlichkeit, die nur über uns drei nachdenken konnte, die wir in unserem kleinen Rettungsboot von hier bis in die Ewigkeit festsaßen …
    Der Raum ratterte wie eine kleine Kiste in einer großen Kiste und schien dann ruhig zu werden. Die Bildschirme flackerten und wurden blau, und es war, als wären wir in einem gläsernen Bathyskaphentief im Ozean. Über die Wände liefen große rote Buchstaben: AUSGANGSLUFTSCHLEUSEN
AUSGERICHTET
.
Wir hörten ein Klicken und ein lautes Zischen. Der Luftdruck änderte sich, und kühle sauerstoffreiche Luft strömte lautstark aus dem Boden. Ausgezeichnet, dachte ich.
    -00:00:13:05
, verkündete die Anzeige.
-00:00:13:00 …
    Wir saßen da und sahen um uns, beobachteten zweiundfünfzig Fenster, die hausinternen und öffentlichen Nachrichten an der Südwand, die Sterne an der Decke, die Karten an der Nordwand und die Nachrichtenvideos, Tabellen und Grafiken und flackernden Gleichungen, den scrollenden Code und tausend andere Varianten von Daten. Ich überlegte mir, dass wir für einen äußeren Beobachter – Gott, wenn es nur einen äußeren Beobachter gab – mehr oder weniger wie drei zufällige Klumpen videonarkotisierter Unterschichtler irgendwo auf der Welt wirken mussten. Marena berührte mich am Handgelenk, als wollte sie sagen: »Danke, dass du Max gerettet hast – oder für den Versuch.«
    Wir warteten.
    -00:00:09:50
, lasen wir.
    -00:00:09:00,
    -00:00:08:40,
    -00:00:08:00 …

FÜNFTER TEIL

    AN DIE JAGUARE VON IX



(115)
    Die meisten Drohnenkameras wurden von der ersten Druckwelle vernichtet, doch ein paar Dutzend hatten sich auf fünf mal zwanzig Seillängen und mehr Abstand gehalten. Die Bildschirme im Abgesicherten Raum schalteten automatisch auf diese Kameras um. Als auch sie vergingen, wurde auf ein Oktett von Drohnen an der Viertel-Jornada-Grenze zurückgegriffen, und so weiter; deshalb erhielten wir den Blick eines Gottes auf die Explosion.
    Ich hatte noch nie eine Explosion gesehen. Als Schakal, meine ich, obwohl es auch zu meiner Zeit zu natürlichen Detonationen gekommen war, Staubexplosionen in Höhlen, dem Eindringen vulkanischen Magmas in erdölgefüllte Taschen unter der Erde und so weiter. Für mich war der Anblick daher etwas Neues. Was von Jed-in-mir übrig war, verglich ihn mit den zahlreichen Explosionen, die er gesehen hatte, viele auf Video und einige in Wirklichkeit. Ich konnte ihn nach langer Zeit zum ersten Mal wieder denken hören; er fand, dass die Explosion bizarr langsam wirke. Im Film ereignete sich so etwas immer mit hoher Geschwindigkeit und wird dann langsam abgespielt, aber diese Explosion hier – vielleicht lag es an ihrer Größe oder der Konvektion oder dem Luftdruck – hätte beinahe im Zeitraffer gezeigt werden müssen, um überzeugend zu wirken. Und ich hörte – oder fühlte – den Nachhall der vielen Metaphern, die Jed benutzte, um Explosionen zu beschreiben, Wörter wie »Blume« und »Pilz«.
    Für mich hingegen schien das Ereignis sehr schnell abzulaufen. Ich war ganz allgemein nicht an die Geschwindigkeit dieser Welt gewöhnt. Mir erschien es eher wie ein Baum, der Baum der Vierhundert mal Vierhundert Äste. Die Krone aus Erde und
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