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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
Autoren: Brian D'Amato
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Kordit.
    »Na also, wir fahren«, sagte Marena.
    Ich machte eine heroische Anstrengung, stand auf und glitt wieder zu Boden. Ich versuchte es noch einmal und bemerkte, dass ich tatsächlich nicht aufstehen konnte; das hatte aber nichts mit Faulheit zu tun. Ich hätte an der Wand stehen können, wie ich früher die geneigten Seiten der Hüftballfelder hochgerannt war , aber nicht auf dem Boden. Ich war nicht vom Tisch gerutscht, weil ich so müde war, sondern weil der Druck der nahen Explosion durch meine Bogengänge gerauscht war und meinen Gleichgewichtssinn außer Gefecht gesetzt hatte. Aus irgendeinem Grund hatte Marena dieses Problem nicht. Vielleicht hatte sie Gummi gekaut oder so etwas.
    Ich gab die Vorstellung auf, mich hinzustellen, und kroch über eine unregelmäßige Schwelle – oder wurde gezerrt – in einen rot beleuchteten Tunnel, in dem es nach Schimmel, frischem Beton und Reinigungsmittel roch. An der Wand hing eine von hinten beleuchtete Karte, die das Tunnelnetz zeigte und Ozelot-smaragdgrün glühte. SIE
SIND
HIER , stand dort. Wie immer, dachte ich.
    »Setz dich da rein«, sagte Marena. Sie warf mich förmlich in einen der Aeron-Sessel und rollte mich an mehreren Türtrümmern vorbei. Ich vermutete, dass der Knall, den ich gehört hatte, von Sprengbolzen stammte, die die Tür in den Tunnel geblasen hatten. Sehr klug für genau einen solchen Fall konstruiert. Ich rechnete damit, im Tunnel vor einer Traube aus Flüchtlingen zu stehen, sah aber niemanden. Offenbar war die Anlage nur für VVIP s gedacht, und außer uns gab es keine mehr.
    Marena schob mich, als säße ich in einem Rollstuhl. »Hör auf, dich zur Seite zu lehnen«, sagte sie.
    »Tue ich doch gar nicht.«
    »Lehn dich in die andere Richtung.«
    »Warum gehst du nicht vor und holst mich, wenn alles erledigt ist?«
    »Weißt du«, sagte sie, »dein Märtyrersyndrom steht mir echt bis hier.«
    »Tut mir leid.«
    Noch immer spielte irgendwo die Dvorakmusak, und die jaulenden Holzbläser hallten hinter uns her. Lindsay stürzte ein paar Mal – trotz allem war er ein ziemlich alter Knabe –, und ich musste die meiste Zeit seinen Arm festhalten. Wir legten einen weiten Weg zurück. Ich wusste, dass ich mich später nur noch an sehr lange Tunnel erinnern würde, an bedrohliche Röhren aus Beton und das Gefühl, wenigstens zwanzig mal vierhundert Seillängen weit gelaufen zu sein. Irgendwann pochte Marena über mir an die Tür; dann ermunterte sie mich, eine Treppe hinaufzusteigen, was ich schließlich auf allen vieren tat. Marena dirigierte mich durch eine Tür und weitere Treppen hinauf. Ich brauchte mehr als eine Minute, bis ich begriff, dass wir draußen waren, denn die frische Luft war alles andere als frisch, sondern roch nach Benzinqualm, obwohl auch angenehmere Gerüche eingemischt waren, der Rauch von Holz und grünen Blättern, der mich an die Brandzeit denken ließ. Und es war heiß, obwohl schon Nacht war. Aber es war nicht dunkel; der Himmel war von einem verkohlten Mandarinenorange. Ich lauschte auf Explosionen oder Artilleriebeschuss, hörte aber nichts außer Sirenen in der Ferne und dieses Im-Fass-über-den-Niagara-Rauschen von Luft, die auf dem Weg in gewaltige Aufwinde war. Säulen von Millionen unterschiedlicher Kohlenstoffverbindungen stiegen in die Stratosphäre. Dann vermeinte ich Gewitterdonner zu hören, aber ich glaube, es waren nur versagende Abwehrlaser, die feuerten. Sie geben so ein Krachen von sich, wenn die Luft im Strahl verbrennt, und dann einen Miniaturdonnerschlag, wenn die Umgebungsluft in das Vakuum strömt.
    »Leg dich hier hin«, sagte Marena. Ich bedankte mich und legte mich nahe der obersten Stufe auf den Asphalt. Marena fesselte Lindsay mit Klebeband an eine siamesische Rohrleitung. Ich konnte mich wieder umsehen. Die Tür war in einer Art Stützmauer, und die Treppeendete zwischen zwei riesigen Betonklötzen, die wie Verkehrsabsperrungen aussahen. Ein Lagerhaus oder etwas Ähnliches erhob sich dahinter. Es schien intakt zu sein, aber ich konnte nicht sehr weit sehen. Mir kam es jedenfalls sinnlos vor, zurückzugehen und es mit einer anderen Tunnelabzweigung zu versuchen. Ein paar Plastikfetzen trudelten um uns zu Boden wie Seiten aus einem verbrannten Buch. Ein großes, rot eloxiertes Metallblech rasselte vor uns aufs Pflaster und drohte, uns in Stücke zu schneiden, sollte der Druck sich ändern. Lateinamerikanische Bauweise, dachte ich. Zusammengepfuschte Kartenhäuser der postmodernen
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