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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer
Autoren: Barbara Wood
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Kopfschmerzen fragten. Meine Mutter litt unter unsäglichen Kopfschmerzen. Keine Migräne, sondern schubartige Schwächeanfälle, in denen sie Dinge sah und hörte. Visionen. Offenbar eine Veranlagung. Wie sie mir sagte, litt eine Großtante ebenfalls darunter. Niemand erfuhr etwas davon. Das war sozusagen unser Familiengeheimnis. Andere Mädchen, die sich als meine Enkelin ausgaben und sich schon Hoffnungen auf eine Belohnung oder die Erbschaft machten, wussten nichts von den Kopfschmerzen.«
    »Mrs. Dockstader …«
    »Nenn mich bitte Kathleen.«
    »Warum ist meine Mutter weggelaufen?«
    »Weil wir sie in ein Heim für ledige Mütter bringen und die Schwangerschaft geheim halten wollten. Später hätten wir das Kind bei einer von Hermans Schwestern untergebracht – Herman war mein Mann, Monicas Vater. Das Kind wäre als Nichte großgezogen worden. Wir glaubten, dass ein Kind Monicas Leben ruinieren würde.«
    Kathleen seufzte leise, dann sah sie Erica direkt in die Augen.
    »Dass sie davongelaufen ist, hat uns fast umgebracht. Sie war Hermans Prinzessin, sein Augapfel. Als sie fortging, ist etwas in ihm gestorben. Wir haben Anzeigen in allen großen Zeitungen des Landes aufgegeben und sie gebeten, mit ihrem Baby zurückzukommen. Aber … sie hat sich nie gemeldet.«
    »Weißt du, wer mein Vater war?« Erica brachte nur ein Flüstern zustande.
    »Monica wollte es nie sagen.« Kathleen nahm ein mit einem Monogramm besticktes Taschentuch aus ihrem Schultertäschchen. »Ich habe keine Ahnung, wer es sein könnte. Sie war kein schlechtes Mädchen. Nur sehr lebhaft. Du ahnst ja nicht, wie oft ihr Vater und ich uns, nachdem sie fort war, gewünscht haben, wir wären anders mit ihr umgegangen. Sie wollte das Baby zu Hause bekommen. Sie wäre bei uns geblieben.« Kathleen blickte Erica mit tränenfeuchten Augen an. »Du wärst in unserem Haus groß geworden.«
    »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    Kathleen tupfte sich die Augen mit dem Taschentuch. »Ich auch nicht. Wir werden noch einige Zeit brauchen, bis wir uns daran gewöhnt haben.«
    Sie schauten einander lange an. Die jüngere Frau forschte im Gesicht der Älteren nach Zeichen der Familienähnlichkeit – sie hatten beide den gleichen spitzen Haaransatz –, die ältere Frau blickte in ein Gesicht, das eines Tages das ihrer Tochter gewesen wäre.
    »Ob es mir wohl gestattet ist«, sagte Kathleen, »die Höhle zu sehen?«
    »Die Höhle?«
    »Wenn ich darf.«
    Jared begleitete die beiden über das Gerüst nach unten und half der alten Dame bei den Stufen. Erica zog einen Schlüssel für das Vorhängeschloss am Sicherheitstor aus der Tasche und schloss auf. Dann schaltete sie die Leuchtstofflampe ein, die die Höhle in ein surreales Licht tauchte. Es erhellte die Holzbalken und Streben, die in den Boden gezogenen Gräben, die Wand mit ihren scharlachroten und gelben Sonnen und rätselhaften Symbolen und schließlich die Lady, die unter einer durchsichtigen Abdeckung wie in einem gläsernen Sarkophag ruhte.
    Kathleen blickte mit großen Augen auf diese Erscheinung, ihre Stimme war nur noch ein Hauch. »Ich weiß alles über diese Höhle«, wisperte sie, wie um die schlafende Lady nicht zu stören. »Die Malereien an der Wand, die Worte
La Primera Madre.
Es ist alles genauso, wie ich es mir vorgestellt habe.«
    Erica warf ihr einen überraschten Blick zu. »Du bist schon einmal hier gewesen?«
    »Nein, nein. Dieser Canyon war bereits zugeschüttet, als ich noch ein Kind war. Aber ich weiß alles von einer Person, die hier
gewesen
ist.«
    »Wer?«
    Sie lächelte. »Die Frau, die das Ölbild mit den beiden Sonnen über meinem Kamin gemalt hat. Die Frau, die hier ein Refugium mit dem Namen ›Kirche der Geister‹ errichtet hat. Sister Sarah, meine Mutter. Deine Urgroßmutter. Ich war ihr Kind der Liebe. Ich war der Grund für ihr Verschwinden.«
     
    »Meine Mutter hat immer gewusst, dass jemand in der Höhle begraben war«, erzählte Kathleen. Sie saß mit Erica in dem sonnendurchfluteten Wohnzimmer der Dockstaders in Palm Springs und blätterte mit ihr durch Erinnerungsalben voller Fotos, Zeitungsausschnitte und Andenken. »Sie spürte es, obwohl sie keinerlei Beweise hatte. Sie behauptete sogar, der Geist, der in der Höhle schwebte, hätte ihr aufgetragen, ihre Kirche an genau dieser Stelle zu errichten.«
    »Was ist mit ihr geschehen? Warum ist sie verschwunden?«
    »Sie liebte einen verheirateten Mann, dessen Frau ihm die Scheidung verweigerte. Als
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