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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer
Autoren: Barbara Wood
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Die zweite Familie – Großeltern, Tanten, Onkel und Cousinen – nannte sich nach ihrer Abstammung: Volk vom kalten Fluss, Volk in der Salzwüste. Die erste Familie, zu der Mutter, Vater und deren Nachkommenschaft zählte, leitete ihren Namen von ihrer angestammten Nahrungsquelle ab, von ihrer Tätigkeit oder von Besonderheiten des Landstrichs – »Büffelbeerenesser«, »Flussbewohner« oder, wenn sie Schneidewerkzeug aus einem weißen Gestein herstellten, »Weiße Messer«. Marimi gehörte dem Clan des Rotschwänzigen Falken an, ihre zweite Familie war die der Eselhasenjäger. Der junge Mann, der sie sich zur Frau erkoren hatte, kam aus dem Schildkröten-Clan, dem Volk aus dem Staubigen Tal, den Pfeifenmachern. Er hatte Marimi bei der letzten Ernte mit seinen Possen entzückt, war fesch herausgeputzt und auf seiner Flöte spielend an ihrer Hütte vorbeistolziert, hatte mit Gesten seine Geschicklichkeit beim Speerwerfen angedeutet, aber nicht mit ihr gesprochen. Das war strengstens untersagt. Als sie dann ein Körbchen Lakritze hinausgestellt hatte, um ihm zu bedeuten, dass er ihr gefiel, hatte er dafür gesorgt, dass sein Vater Kontakt mit ihrem aufnahm. Die beiden Männer hatten sich mit den Häuptlingen ihrer Clans besprochen und die zahlreichen Punkte festgelegt, die es zu verhandeln galt, die Geschenke bestimmt und ob die Braut fortan in der Familie des Bräutigams leben sollte oder umgekehrt. Wenn der zukünftige Ehemann aus einer Familie mit wenigen Frauen kam, zog seine junge Frau mit ihm, und wenn die Frau aus einer Familie mit Witwen und unverheirateten Schwestern stammte, ging der Mann mit ihr. In Marimis Fall war ihr Vater der einzige Mann unter acht Frauen. Deshalb nahm er Marimis Bräutigam freudig als Sohn bei sich auf.
    Zur Erntezeit wurde auch an die Grenzen des angestammten Landes der Topaa erinnert, und man lehrte die Kinder, sich die Flüsse einzuprägen, die Wälder, die Bergzüge, die das eigene Gebiet von dem benachbarter Stämme trennten – dem der Shoshone im Norden, dem der Paiute im Süden –, und mit wem die Topaa weder Handel trieben noch sich vermischten noch Kriege anzettelten, schärfte ihnen auch ein, dass es streng verboten war, im Gebiet eines anderen Stammes zu jagen, Samenkörner zu sammeln oder Wasser zu holen.
    Zu jeder Pinienernte errichteten die Familien auf dem Gebiet ihrer Vorfahren Unterkünfte, ebendort, wo die jeweilige Familie sich seit jeher zur Erntezeit zusammengefunden hatte. Das Fleckchen, auf dem Marimi ihre Matte ausgebreitet hatte und jetzt den Korb für das Baby flocht, war dieselbe Stelle, auf der ihre Mutter und die Großmutter und ihre Großmütter bis zurück zu den Anfängen ebenfalls ihre Matten ausgebreitet und Babykörbchen geflochten hatten. Eines Tages würde auch ihre erstgeborene Tochter genau an dieser Stelle sitzen und Körbe flechten und dabei den gleichen Tänzen zuschauen, den gleichen Spielen. Die jährliche Piniennussernte bedeutete also mehr als nur das Sammeln von Nahrung für den Winter. Hier war es, wo das Volk die Geschichten seiner Vorfahren erzählt bekam, denn die Topaa hielten engen Kontakt zu ihrer Vergangenheit, stellten dadurch sicher, dass das, was früher gewesen war, auch heute noch Gültigkeit hatte und morgen auch, bis zum Ende der Zeit. Die jährliche Zusammenkunft zeigte auf, welchen Platz jeder Einzelne in der Schöpfung einnahm und dass er oder sie Teil eines Ganzen war, dass die Topaa und das Land, die Tiere und Pflanzen, der Wind und das Wasser zusammengehörten, miteinander verbunden waren wie die kunstvollen Körbe, die die Frauen flochten.
    Die Clans blieben über die Piniennussernte hinaus und überwinterten in den Bergen; erst wenn das junge Grün zu sprießen begann, rüstete man sich zum Aufbruch, zogen die Familien wieder in ihr angestammtes Zuhause, bis zur nächsten Ernte. Marimi und ihr Mann, ihre Mutter und ihr Vater sowie sechs Schwestern kehrten dann dorthin zurück, wo die Familie seit Anbeginn der Zeit gelebt hatte und wo sie fortan wieder der Jagd nach Eselhasen nachgehen würden. Dort würde sie auch ihr erstes Kind gebären und Mutter werden und somit an Ansehen gewinnen, so dass man ihr, wenn sie im nächsten Jahr wieder in den Pinienwald kamen, mit mehr Achtung und Ehrerbietung begegnen würde.
    Diese strahlende Zukunft war es, auf die sich Marimi zu konzentrieren versuchte, während Opakas unheimlicher Blick sie durchdrang und erschauern ließ. Warum starrte die Schamanin sie so an?
    Das
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