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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)
Autoren: Hinrich Matthiesen
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gelber Windjacke und schwarzer Hose, im Eingang, in der Hand eine Aktentasche. Er blickte verstohlen nach allen Seiten, löste sich dann aus dem Torbogen und wandte sich nach rechts.
    Sofort rief er, Schmidtbauer, ins Sprechgerät: »Es geht los, Richtung Ortsmitte. Ich folge ihm schon mal.«
»Gut, ich zieh’ den Wagen nach«, antwortete Kopjella.
Er kam hinter der Baubude hervor, überquerte die Straße und heftete sich an die Fersen des Mannes, hörte bald darauf hinter sich das Auto.
Nach etwa achthundert Metern betrat der Mann ein Lokal, und sie folgten ihm, nachdem Kopjella den Wagen abgestellt hatte. Schon beim Eintritt entdeckten sie ihn am Tresen, wo er auf einem der Barhocker saß, und in diesem Augenblick war die böse Überraschung da.
»Guck mal genau hin!« sagte Kopjella. »Der Kerl hat braune Lederschuhe an.«
Und so war’s.
»Aber sonst stimmen die Klamotten.«
»Die schon, nur ist es leider auch nicht sein Gesicht. Komm!«
Sie näherten sich dem Mann, einer von links, der andere von rechts, zeigten ihm ihre Ausweise und verlangten seine Papiere. Er holte sie hervor, und sie mußten feststellen, daß es sich bei ihm um den Nachtportier des Hotels handelte, in dem Malowski wohnte. Ihm schlotterten die Knie, als er begrifffen hatte, daß zwei von der Stasi sich für ihn interessierten und nicht, wie er gedacht hatte, ein Privatschnüffler.
»Wieso Privatschnüffler?« fragte Kopjella.
»Na ja, der Gast hat gesagt, seine Frau ließe ihn durch einen Privatdetektiv beobachten, weil sie glaubte, er ginge fremd. Und das tut er ja auch. Er sitzt nämlich in seinem Zimmer und wartet auf was Knackiges. Er hat mir dreihundert Mark gegeben, und dafür sollte ich sein Zeug anziehen und in die nächste Kneipe gehen. ›Der Schnüffler meiner Frau‹, hat er gesagt, ›wird dir folgen, und dann sieht er, daß du nur ein Bier trinken willst. Also macht er für heute Schluß, und ich bin ihn los.‹ Ja, so ungefähr hat er mir die Sache erklärt. Ich zog mich also um, und nun sitz’ ich hier.«
»Und die Schuhe? Das sind doch nicht seine!«
»Die waren das einzige, was mir nicht paßte. Drei Nummern zu klein.«
Kopjella warf noch einen Blick in die Aktentasche. Sie war leer.
Sie fuhren dann sofort zum Hotel, aber der Vogel war ausgeflogen. Malowski hatte, wie die Frau des Portiers ihnen erklärte, sein Zimmer gleich nach dem Weggang ihres Mannes aufgegeben.
Er, Schmidtbauer, war also auf einen uralten simplen Trick hereingefallen, und Malowski hatte unbemerkt das Feld räumen können. Später erfuhren sie, daß er mit seinem Material durch die Aller nach drüben geschwommen war.
    Er reckte sich, so daß die Ketten leise klirrten, rieb sich die Augen, ließ die Arme wieder sinken. Und dann, Frank, machtest du eine Rechnung auf, die mich umwarf. Ich weiß es noch genau, du sagtest, die kürzlich erhaltene Medaille mitgezählt, hättest du insgesamt schon elf Orden eingesammelt, elf Pluspunkte also und unter ihnen ein paar ganz dicke, ich aber stände mit meinen zweiundzwanzig Jahren erst am Anfang, hätte noch nichts zum Gegenrechnen und darum nähmest du die Panne mit Malowski auf deine Kappe. So wurde es gemacht, und du mußtest einen Rüffel einstecken, der sich gewaschen hatte, aber das war’s dann auch. Bei mir hätte es das Ende der Laufbahn bedeutet. Ja, Frank, mit dem Doppelgänger, der mich austrickste, fing alles an. Und nun? Nun haben die Schweine dich erschossen …
    Er stand auf, schlug mit den Ketten gegen den Blechmantel der Heizung. Gleich darauf kamen sie, hatten Schreibblöcke und Stifte und Zeichenpapier mitgebracht. Doch Luise Engert meinte dann, der Kellerraum sei nicht gut geeignet und sie sollten doch lieber zu dritt ins Wohnzimmer gehen. »Da säßen wir am Tisch«, sagte sie, »und könnten viel besser schreiben und zeichnen.«
    Kämmerer war anderer Ansicht. Sein Mißtrauen hatte sich noch nicht gelegt. Er wollte kein Risiko eingehen, sagte daher, aber es klang ganz beiläufig: »Es wird auch hier möglich sein. Wir können ja ein paar Stühle und einen Tisch herschaffen.«
    Das taten sie. Schmidtbauer bekam einen Fußschemel zum Sitzen und einen Hocker als Tisch. Frau Engert saß auf einem Küchenstuhl und hatte ihren Block auf dem Schoß. Kämmerer blieb stehen, die Pistole im Gürtel, den Block in der Linken, den Stift in der Rechten, jederzeit bereit, nach der Waffe zu greifen, denn da Schmidtbauer aufzeichnen würde, wo Tilmann begraben lag, hatten sie seine Hände erneut von den
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