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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Grindelberg. Zunächst hieß es, er habe Selbstmord verübt. Nähere Untersuchungen jedoch ergaben, daß Fremdeinwirkung nicht auszuschließen ist. Sachdienliche Hinweise zum einen wie zum anderen Fall nimmt jede Polizeidienststelle, auf Wunsch vertraulich, entgegen. In diesem Zusammenhang ergeht an Herrn Paul Kämmerer aus Hamburg der dringende Aufruf, sich zu melden.«
    Sie schob das Blatt über den Tisch, und er besah sich das Foto.
»Ob unsere Nachbarn«, fragte sie nach einer Weile, »Sie nicht doch mal auf meinem Grundstück gesehen haben? Wenn ja, klopft hier in Kürze die Kripo an die Tür.«
Er rieb sich das Kinn. »Ich glaube«, sagte er dann, »die hätten mich nicht erkannt, so wie ich jetzt aussehe. Trotzdem, ich werde mich, wie wir’s letzte Nacht besprochen haben, noch heute bei Granzow melden. Aber vorher will ich Vogt mit dem Bild des toten Kopjella konfrontieren. Vielleicht öffnet es ihm den Mund.«
»Und wann wollen Sie das tun?«
»So schnell wie möglich, denn sollte die Polizei doch hier erscheinen, haben wir dazu keine Gelegenheit mehr. Gehen wir also in den Keller!«
Er steckte die Waffe ein, nahm auch die Seite der Zeitung mit, auf der der Bericht stand.
Sie fanden den Gefangenen aufrecht sitzend, aber völlig apathisch. Er hob, als sie eintraten, nicht einmal den Blick.
»Die Lage«, begann Kämmerer, »hat sich verändert. Vielleicht übergeben wir Sie in wenigen Stunden der Polizei.«
Vogt reagierte nicht.
»Wir haben eine Neuigkeit für Sie. Frank Kopjella ist tot.«
Nun kam eine Antwort, eine kurze, böse:
»Sie lügen!«
»Es ist die Wahrheit. Vielleicht glauben Sie mir eher, wenn ich sage. Theo Bärwald ist tot.«
Und wieder kam eine Antwort, und sogar der Blick hob sich, aber es waren haßerfüllte Augen, die Kämmerer ansahen:
»Es bleibt dabei. Sie lügen! Wollen mich zum Reden bringen. Das schaffen Sie nicht. Außerdem sind Sie dumm, weil Sie meinen, der Name Bärwald könnte mich erschrecken. Da Sie von der ARBOLEDA wissen, dürfte es für Sie nicht allzu schwer gewesen sein, auch den Namen Bärwald auszugraben. Also, Sie haben mich nicht erschreckt, und mit Sicherheit ist Frank Kopjella am Leben.«
Kämmerer war zufrieden. Es war das erste Mal, daß Vogt sich auf ein Gespräch einließ und dann auch noch indirekt zugab, mit der ARBOLEDA und mit Kopjella etwas zu tun zu haben. Er zog das Zeitungsblatt hervor, entfaltete es und hielt es ihm hin.
Vogt sah sich das Foto des Toten lange an, und Kämmerer verharrte geduldig, erfüllt von der Hoffnung, die stoische Haltung des anderen werde endlich ins Wanken geraten. Er ließ ihn sogar den ganzen Text lesen.
Und wurde nicht enttäuscht, auch wenn es zunächst keine Worte waren, mit denen Vogt reagierte. Er schloß die Augen, und die beiden sahen, wie sein Kinn in Bewegung geriet, zunächst nur zuckte, drei-, viermal, und zu beben begann. Und dann kamen Tränen aus den noch immer geschlossenen Augen.
Kämmerer trat einen Schritt zurück, steckte das Blatt wieder ein und bedeutete Frau Engert mit Handzeichen, daß es besser sei, den sonst so beherrschten Mann in seiner Erschütterung nicht zu stören. So standen beide zwei, drei Minuten wortlos da. Schließlich öffnete Vogt die Augen, und als er dann sprach, waren seine Worte überraschend fest und klar:
»Er war unser bester Mann. Wie haben Sie das geschafft?«
»Das waren nicht wir«, antwortete Kämmerer. »Wir sind gar nicht imstande, einen Menschen zu töten. Ich wollte mit Kopjella reden, wollte Rechenschaft von ihm, hätte alles darangesetzt, ihn vor den Richter zu bringen. Er hat meinen Sohn auf dem Gewissen, und ich durfte nicht zulassen, daß er so weiterlebte, als wäre nichts geschehen. Ja, ich wollte Sühne, aber …«, noch einmal holte er das Zeitungsblatt hervor, hob es kurz in die Höhe, »nicht auf diese Weise.« Er steckte es wieder ein. »Ich fuhr gestern abend zum PLAZA, wollte ihn stellen. Wir hatten herausgefunden, daß er von Spanien nach Hamburg gekommen und dort abgestiegen war. Also wartete ich vor dem Portal. Und er kam heraus, war gut zu sehen im Licht der vielen Lampen. Plötzlich fiel ein Schuß, und er ging zu Boden. Der Schütze, mußte irgendwo hinter mir gestanden und ebenfalls auf ihn gewartet haben.« Er hielt für einen Moment inne, fragte dann:
»Sie wissen, wer Horst Fehrkamp war, von dem in dem Bericht die Rede ist?«
Vogt nickte.
»Es hieß zunächst«, fuhr Kämmerer fort, »er habe Selbstmord begangen, aber mittlerweile vermutet die Polizei,
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