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1980 Die Ibiza-Spur (SM)

1980 Die Ibiza-Spur (SM)

Titel: 1980 Die Ibiza-Spur (SM)
Autoren: Hinrich Matthiesen
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wieder zur Hand. »Ich glaube, es ist die AURORA. Sie steuert jedenfalls unseren Punkt an, und – da, die Flaggen gehen hoch! Geh mal etwas runter mit dem Tempo!«
    Maschke drosselte den Motor. Die NINA wurde leiser und langsamer. Wenige Minuten später waren auf dem sich nähernden Fahrzeug die Flaggen JOHANNA und IDA mit bloßem Auge zu erkennen. Einige weitere Minuten vergingen, und dann lagen sich die beiden Yachten im Abstand von etwa zweihundert Metern gegenüber. Hemmerich dippte, wie es vereinbart war, den ›Blauen Pete‹, brachte das Dingi zu Wasser, ließ sich währenddessen von Maschke berichten, was drüben geschah. Auch dort wasserte man das Beiboot, lud auch schon den Gefangenen ein. Hemmerich holte Javier aus der Kabine, durchschnitt ihm die Fußfesseln, ließ ihn einsteigen, befahl ihm, sich vorn hinzuknien. Dann zog er Jeans und Hemd aus, kletterte, nur mit der Badehose bekleidet, ins Boot, legte die Waffe auf den Boden, stieß ab. Auch drüben, so meldete Maschke, war das Boot gestartet.
    »Wieviele Insassen?« fragte Hemmerich. Und Maschke, der mit der einen Hand das Ruderrad hielt und mit der anderen das Fernglas, antwortete: »Zwei.«
    Hemmerich hatte sich entschlossen, mit Schub statt mit Zug zu rudern, drückte also bei jedem Schlag die Riemen von sich weg. Das erforderte viel Kraft. Er kam nur langsam vorwärts, aber auf dem Hinweg war das eher von Vorteil, denn je schneller er ruderte, desto größer war die Gefahr, daß er die vereinbarte Mitte überschritt und zu dicht an die AURORA herangeriet. Außerdem hatte er bei dieser Art zu rudern die gegnerische Yacht und ihr Beiboot im Blick. Er sah auch seinen Bruder, sah ihn in der Vorpflicht des Dingis sitzen und hatte plötzlich Angst vor dem Moment des Wiedersehens, befürchtete bei sich selbst wie bei Victor Emotionen, die zu Unaufmerksamkeit und damit zu Gefährdung führen konnten, entschloß sich, jede Willkommensäußerung, ob Wort oder Geste, zurückzustellen, solange das heikle Manöver lief, und hoffte, daß Victor sich genauso verhalten würde.
    Als der Abstand nur noch etwa vierzig Meter betrug, merkte er, daß das andere Boot langsamer wurde. Sofort glich er sich an. Nicht nur, daß er vermeiden wollte, der AURORA zu nahe zu kommen, auch noch aus einem anderen Grund war es wichtig, die Mitte nicht zu überschreiten, ja, wenn möglich, die Begegnung der Beiboote in die eigene Streckenhälfte zu verlagern, denn wer nachher, auf dem Rückweg, weniger Zeit brauchte, war im Vorteil. Und es konnte ein entscheidender Vorteil sein. Maschke, Victor und er würden ihn gewiß nicht nutzen, allenfalls, um schnell wegzukommen. Aber was würde Hentschel tun, wenn sein eigenes Dingi schon in Sicherheit, das der NINA jedoch noch einige Meter vom Ziel entfernt wäre? Er würde eine solche Chance rigoros nutzen und also auf die noch mit den letzten Metern ringenden Brüder schießen. Darum war es von größter Bedeutung, jetzt, auf dem Hinweg, nicht über die Mitte hinauszugehen.
    Die Boote waren sich nun bis auf fünfzehn Meter nähergekommen. Hemmerich sah deutlich das blasse Gesicht seines Bruders, sah die Augen, den Mund, das Lächeln. Der dunkle Bart und die langen, ungepflegten Haare erschreckten ihn, sie machten Victors Aussehen noch elender.
    Er lächelte zurück, war sich aber sogleich der damit verbundenen Gefahr bewußt, zwang sich, den Ruderer im Auge zu behalten, auf jede seiner Bewegungen zu achten.
    In beiden Dingis war das Rudern nur noch eine Farce, ein zögerndes Handhaben der Riemen mit dem Ziel, so langsam wie möglich vorwärtszukommen. Dennoch wurde der Abstand kleiner, betrug schließlich nur noch etwa zehn Meter. Da kam vom anderen Dingi her der Ruf: »So, jeder noch einen kräftigen Schlag, und dann ist’s okay!« Der andere machte sogar den Anfang, also ließ Klaus Hemmerich sich darauf ein, schob noch einmal kräftig die Riemen nach vorn. Die Blätter faßten, und das Dingi ruckte, so daß Javier, der schon aufgestanden war, fast die Balance verlor, sich wieder hinkniete.
    Das Feilschen um die Meter war überstanden. Die Dingis lagen Bug an Bug, und Hemmerich, die Waffe griffbereit neben sich, korrigierte geringfügig die Richtung, so daß er längsseits gehen konnte. Javier und Victor sprangen gleichzeitig. Das ganze Manöver dauerte, vom vorangegangenen Geplänkel abgesehen, nur Sekunden. Aber dann, die Boote hatten sich schon wieder voneinander gelöst, machte Klaus Hemmerich eine Entdeckung, die ihm den Atem
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