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198 - Sohn und Dämon

198 - Sohn und Dämon

Titel: 198 - Sohn und Dämon
Autoren: Jo Zybell
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Hals.
    »Sollst es gut bei mir haben, roter Hüpfer, wenn du mich zum Uluru bringst. Zu meiner Mutter…«
    ***
    Sie kniete auf ihrem Strohsack. Den Oberkörper hatte sie über die Schenkel gebeugt, die Stirn vor den Knien auf die Fäuste gelegt.
    Aruula lauschte.
    Die Nacht schien noch nicht zu Ende zu sein, denn einer der Wächter vor der Kerkergrottentür schnarchte noch immer. Der zweite schlurfte hin und her.
    Lauschend drang sie in die Träume des Schnarchenden ein.
    Der Mann träumte von Liebe und Bratenfleisch. Sonst erfuhr sie nichts aus seinen Traumgedanken. Nichts, außer dass eine diffuse Angst ihn beunruhigte. Lauschend drang sie in die Gedanken des Wächters ein, der auf dem Gang vor der Tür auf und ab schlurfte.
    All die Fragen – Aruula war entschlossen, sich nicht länger mit ihnen zu quälen. Antworten wollte sie finden. Warum hatte man sie in Ketten gelegt? Warum hatte man ihr dieses schmerzhafte Bad in jener Goldflüssigkeit zugemutet? Warum sperrte man sie ein? Und wo war Maddrax? Im Geist des zweiten Wächters fand sie die gleiche Angst wie in den Gedanken des Träumenden. Nur war sie intensiver. Es war die Angst vor dem Tod. Und diese Angst hatte mit ihr zu tun.
    Sie richtete sich auf und runzelte die Stirn. Was hatte das zu bedeuten? Ging von ihr etwa eine tödliche Bedrohung aus?
    Erneut beugte sie sich über ihre Schenkel und lauschte. Sie tastete die Umgebung der Kerkergrotte und des Ganges davor ab. Vier weitere Menschen entdeckte sie so in ihrer Nähe, zwei von ihnen schliefen, zwei saßen wachend am Eingang der Höhle, die ins Freie führte. Männer waren es, Anangu.
    Ein halbes Dutzend schwarze Krieger bewachten sie also.
    Aruula konzentrierte sich auf die beiden, die etwa fünfzig Schritte entfernt am Höhleneingang wachten, und versuchte ihre Gedanken zu belauschen. Auch in ihren Hirnen nistete eine unterschwellige Todesangst.
    Die Männer unterhielten sich. Aruula erfasste die Bilder, die ihr Geist während des Sprechens bildete. Sie sah eine Gondel an einem Ballon, sie sah einen blonden Mann mit weißer Hautfarbe.
    Maddrax! Die Anangu sprachen über Maddrax! Aruulas Herz klopfte ihr plötzlich in der Kehle. Sie bot alle Kraft auf, um noch tiefer in die Gedanken der beiden Wächter einzudringen.
    Maddrax war in der Gondel – einem Luftschiff – zum Kraterseebecken geflogen. Rulfan begleitete ihn, und ein schwarzer Mann mit rosa Haaren und in blauem Frack. Einen mächtigen Feind sollte er dort vernichten… nein, betäuben.
    Aruula sah eine golden schimmernde Hand, ein riesiges schwarzes Felsmassiv und wellenartige Strahlen, die von ihm ausgingen.
    Sie erschrak und richtete sich erneut auf.
    Sie hatten Maddrax’ Hand mit der gleichen brennenden Flüssigkeit getränkt wie ihren Körper! Wer war der Feind, den er lähmen sollte? Hatten sie seinetwegen solche Angst?
    Sie griff nach dem Wasserkrug, setzte ihn an und leerte ihn.
    Danach legte sie sich auf ihre Schenkel, stemmte die Stirn auf die Fäuste und lauschte weiter. Noch immer sprachen sie von Maddrax. Er war auf dem Rückweg vom Kraterseebecken.
    Offenbar hatte er seine Mission nicht erfüllt, jedenfalls hegten die Anangu Wut und Misstrauen gegen ihn. Über den Feind und ihre Angst verloren die Wächter kein Wort.
    Aruula löste sich von ihren Gedanken und konzentrierte ihre mentale Kraft wieder auf den Krieger, der vor ihrer Kerkertür auf und ab ging. Jetzt blieb er vor der Tür stehen und spähte durch ein Guckloch in die Grotte hinein. Auf einmal nahm seine unterschwellige Angst die Form eines konkreten Gedanken an.
    Komische Haltung, in der sie da schläft, dachte er. Sie wird doch nicht krank sein? Ihr darf nichts zustoßen, sonst geht es mir an den Kragen…
    Aruula lauschte und begriff nach und nach, warum diese heimliche Todesangst die schwarzen Krieger umtrieb: Die Männer garantierten mit ihrem Kopf für ihre Gesundheit und ihr Leben. Stieß der Gefangenen etwas zu, würden ihre Köpfe rollen. Doch warum? Was machte sie so wertvoll für das unheimliche Wesen unter dem Fels?
    Wenn wir diese Waffe verlieren, verlieren wir alles, dachte der Wächter hinter der Tür. Dann wird ER uns töten. Er stieß sich von der Tür ab und setzte seinen Weg über den Gang fort.
    So wichtig war sie für den Finder? Aruula traute ihren eigenen telepathischen Sinnen nicht. Ihr Geist konzentrierte sich noch einmal auf die beiden Wächter vor dem Höhleneingang. Auch sie sprachen über die gefangene Gedankenmeisterin von der anderen
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