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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier
Autoren: Robert Ludlum
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Wagens standen die Kisten mit dem Zeichen des Kruzifixes und der Dornen auf den Brettern. Die Mönche begannen sie herauszuholen, wobei sie sich wie Tänzer bewegten - ihre Kutten schienen in dem gespenstischen Licht zu fließen. Sie trugen die Kisten zur Ladetür des dritten Güterwagens. Zwei Männer sprangen in den Güterwagen und begannen, am hinteren Ende die Kisten aufzustapeln.
    Einige Minuten später war der Lastwagen zur Hälfte entladen. In der Mitte der Ladebrücke, etwas von den Kartons entfernt, die sie umgaben, stand eine einzelne Kiste, die mit schwarzem Tuch verhängt war. Sie war etwas größer als die Lebensmittelkisten und nicht von rechteckiger Form. Es handelte sich vielmehr um einen Würfel: neunzig Zentimeter hoch, neunzig Zentimeter breit und neunzig Zentimeter tief.
    Die Priester sammelten sich im Halbkreis vor der offenen Ladetür des Lastwagens. Das Mondlicht mischte sich in den gelben Schein der Laterne. Der Effekt der seltsamen Beleuchtung, der an eine Höhle erinnernde Lastwagen und die mit Kutten bekleideten Gestalten ließen Pater Petride an eine Katakombe tief unter der Erde denken, eine Katakombe, die die echten Kreuzreliquien enthielt.
    Die Wirklichkeit unterschied sich davon nicht sehr. Nur daß das, was in der stählernen Box eingeschlossen war - denn um eine solche handelte es sich -, unendlich bedeutungsvoller als das versteinerte Holz des Kruzifixes war.
    Einige der Mönche hatten die Augen im Gebet geschlossen, andere starrten die mit dem schwarzen Tuch verhängte Kassette an, von der Anwesenheit des heiligen Gegenstandes gleichsam versteinert. Sie hatten aufgehört zu denken, und ihr Glaube bezog seine Nahrung von dem, was sie in der sargähnlichen Kiste glaubten, die selbst eine Art Katafalk war.
    Petride beobachtete sie. Er hatte das Gefühl, nicht zu ihnen zu gehören, und das war, wie es sein sollte. Seine Gedanken galten einem Ereignis, das nur Stunden in seiner Vergangenheit zu liegen schien, obgleich es doch in Wirklichkeit sechs Wochen waren. Man hatte ihn von den Feldern hereinbeordert und in die weißen Steingemächer des Kirchenältesten von Xenope geführt. Man hatte ihn zu ihrem Heiligen Vater gebracht. Mit dem alten Prälaten befand sich noch ein weiterer Priester im Raum, sonst niemand.
    »Petride Dakakos«, hatte der heilige Mann hinter seinem dicken, hölzernen Tisch begonnen, »man hat dich unter all den anderen in Xenope für die schwierigste Aufgabe deiner Existenz ausgewählt. Zum größeren Ruhme Gottes und zur Bewahrung der christlichen Vernunft.«
    Der zweite Priester war vorgestellt worden, ein asketisch aussehender Mann mit großen, durchdringenden Augen. Er sprach langsam und präzise: »Wir sind die Hüter einer Grabkammer, eines Sarkophags, wenn du so willst, der über fünfzehnhundert Jahre tief in der Erde verschlossen ruhte. In jener Kammer befinden sich Dokumente, die die christliche Welt zum Einsturz bringen könnten, so verheerend sind diese Schriften. Sie sind der allerletzte Beweis unseres geheiligten Glaubens, und doch, würden sie bekannt werden, so würde das eine Religion gegen die andere treiben, eine Sekte gegen die andere, ganze Völker würden gegeneinander aufstehen. In einem heiligen Krieg... Der deutsche Konflikt beginnt sich auszubreiten. Die Schatzkammer muß aus Griechenland herausgebracht werden, denn Gerüchte um ihre Existenz sind seit Jahrzehnten im Umlauf. Die Suche danach würde ebenso gründlich sein wie die Jagd nach Mikroben. Es sind Vorkehrungen getroffen, um diesen Schatz an einen Ort zu bringen, wo niemand ihn finden wird. Ich sollte vielleicht sagen, der größte Teil der Vorkehrungen ist getroffen. Du bist der letzte Baustein.«
    Man hatte ihm die Reise erklärt. Die Vorkehrungen. In all ihrem Glanz. Und ihrem Schrecken.
    »Du wirst nur mit einem Mann in Verbindung sein: Savarone Fontini-Cristi, ein großer Padrone von Norditalien, der auf den weiten Ländereien von Campo di Fiori lebt. Ich selbst bin dorthin gereist und habe mit ihm gesprochen. Er ist ein außergewöhnlicher Mann, von einer Integrität ohnegleichen und der Sache der Freiheit in höchstem Maße ergeben.«
    »Gehört er der römischen Kirche an?« hatte Petride ungläubig gefragt.
    »Er gehört keiner Kirche an und doch allen Kirchen. Er ist eine starke Kraft für Männer, die für sich selbst denken wollen. Er ist der Freund des Xenope-Ordens. Er wird den Schatz verbergen - du und er ganz allein. Und dann wirst du... Aber dazu kommen wir
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