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197 - Der Geist im Kristall

197 - Der Geist im Kristall

Titel: 197 - Der Geist im Kristall
Autoren: Mia Zorn
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dieses Wesen ihn und Matt verwickelt hatte.
    Sie hätten sich beinahe gegenseitig umgebracht. [1]
    Rulfan wischte sich eine Strähne seiner langen weißen Haare aus dem Gesicht. Nein, auch sie konnten sich nicht gänzlich dem Einfluss des Finders entziehen! Schlussendlich waren sie in seinem Auftrag unterwegs zum Kratersee. Dort sollten sie den Führer der Daa’muren außer Gefecht setzen, den Wandler.
    Ob sie wollten oder nicht, sie mussten tun, was der Finder verlangte: Sonst würde Aruula sterben. Der Finder hatte sie in seiner Gewalt.
    Aber sie standen nicht so völlig willenlos unter seiner Fuchtel wie Victorius. Oder die anderen Telepathen, die das Wesen seit langer Zeit am brennenden Felsen versammelte und die ihn wie einen Gott verehrten.
    Dabei war sich Rulfan sicher, dass dieses Wesen die Telepathen nur benutzte. Sie sollten seine Soldaten sein im Kampf gegen die Daa’muren und deren Führer, den Wandler.
    Ein ferngesteuertes Kriegsheer. Wie will er diese Menschenmassen überhaupt zum Kratersee bringen? Verfolgt der Finder vielleicht doch ganz andere Ziele?
    Zumindest war er ein Feind der Daa’muren. Doch war der Feind des Feindes somit ein Freund der Menschheit? Wenn Rulfan seine Methoden betrachtete, kamen ihm gelinde Zweifel.
    Der Albino spürte, wie sich sein Magen zusammen krampfte. Er mochte gar nicht darüber nachdenken. Vor seinem inneren Auge tauchte wieder das schöne Gesicht der Barbarin auf, die sie am Uluru hatten zurück lassen müssen. Aruula! Die Frau, der er bis nach Australien gefolgt war. Die Frau, die er liebte. Die Frau, deren Herz aber nicht ihm, sondern seinem Freund Matthew Drax gehörte.
    Die roten Augen des Albinos wanderten zu dem schlafenden Mann neben sich. Weißt du überhaupt, was für ein Glückspilz du bist, Maddrax?
    Aber Matt machte alles andere als einen glücklichen Eindruck: Selbst im Schlaf wälzte er sich unruhig hin und her.
    Seine Gesichtszüge wirkten angespannt. Eine steile Falte zog sich von seiner Nasenwurzel bis zum blonden Haaransatz über die Stirn. Die Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammen gepresst.
    Nun gut, zumindest was Aruula angeht kannst du dich glücklich schätzen, räumte Rulfan in Gedanken ein. Ansonsten wollte er um nichts in der Welt mit seinem Freund tauschen. Er beugte sich vor und betrachtete nachdenklich dessen Hand: Die Haut bis zum Handgelenk schimmerte, wenn man ganz genau hinsah, leicht golden. Sie war mit einer Flüssigkeit getränkt, die den Wandler am Kratersee kampfunfähig machen sollte.
    Wer weiß, was sie wirklich bewirkt? Rulfan hätte die Substanz gerne genauer untersucht. Jedoch fehlten ihm die nötigen Instrumente und Mittel dafür. Außerdem spielte es keine Rolle mehr. Sie mussten tun, was der Finder ihnen auf getragen hatte. Sonst würde er Aruula töten.
    Dieser Mistkerl! Wieder tauchte ihr Bild vor Rulfan auf. Ich wäre jetzt so gerne bei dir, Aruula…
    »Willst du sie haben?«
    Rulfan zuckte zusammen. »Was?«
    Matt war aufgewacht und schaute ihn amüsiert an. »Meine Hand. Du starrst sie an, als wäre sie aus purem Gold.«
    »Äh, nein danke!« Rulfan war sichtlich verlegen. »Schmerzt sie immer noch?«
    Matt hob seine Rechte und bewegte vorsichtig einen Finger nach dem anderen. »Nein, nicht mehr. Fühlt sich irgendwie… pelzig an.« Er drehte und wendete sie. »Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, wie eine Handvoll von dem Zeug den gigantischen Kometen lähmen soll.«
    Matthew Drax, der Mann aus der Vergangenheit, setzte sich auf und zog zwischen den Decken einen von Victorius’
    Arbeitshandschuhen hervor: ein trichterförmiges Ungetüm aus dickem hellbraunen Leinen. Fast andächtig ließ er seine präparierte Rechte im groben Material verschwinden. »Glaubst du, es wird funktionieren?«
    Während Rulfan noch nach Worten suchte, flatterte plötzlich Titana knapp an seiner Nase vorbei, umkreiste Matts Kopf und schwirrte zur Mitte der Gondel zurück. Die kleine Fledermaus von Victorius hatte sich doch noch entschlossen, ihr Nest zu verlassen. Und das nicht ohne Grund: Aufgeregt taumelte Victorius auf die verdutzten Freunde zu.
    »Mon dieu! Er ist nicht mehr da!« Der Zopf seiner rosa Perücke wippte bei jedem Schritt, den er näher kam, auf und ab. »Ich habe den Kontakt zum Finder verloren! Ganz plötzlich! Wie soll ich jetzt meinen Auftrag erfüllen?«
    ***
    Am Kratersee
    Der Wandler hatte seinen Geist in sein Innerstes zurückgezogen. Seine uralten Kristalle wärmten ihn. Er vermisste die anderen
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